06. November 2017, 11:13 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
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Schweigezug im Gedenken an den 9. November (Archivbild). Bildrechte: Gerd Kaemper
Seit 1964 gedenken Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener am 9. November der Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung im Jahr 1938. Nach zahlreichen antisemitischen Maßnahmen waren die Novemberpogrome in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, die zynisch „Reichskristallnacht” genannt wurden, ein Schlüsselereignis der Gewalt und Verbrechensgeschichte des Nationalsozialismus.
In diesem Jahr startet der Schweigezug um 18.30 Uhr am Elisabeth-Krankenhaus in Erle, Cranger Straße 226, und zieht zur Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“, Cranger Straße 323. Um 19 Uhr beginnt die Kundgebung mit von Alexander Welp (Consol Theater) vorgetragenen Zitaten aus den Ermittlungen zum Gelsenkirchener Synagogenbrand von 1938. Im Anschluss hält Oberbürgermeister Frank Baranowski eine Erinnerungsrede. Er ist auch der Schirmherr der Demokratischen Initiative. Im Anschluss an den Schweigezug und die Kundgebung bestehen in der Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“ Möglichkeiten, sich über die Geschichte des „Dritten Reiches“ „vor Ort“ zu informieren.
Die Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung und auch anderen Menschengruppen sowie schließlich der als Vernichtungskrieg geführte Zweite Weltkrieg wurden in einer Gesellschaft möglich, die durch extremen Nationalismus, Rassismus, antidemokratisches Denken und Kriegsverherrlichung geprägt war.
Geschichte wiederholt sich nicht einfach, die Bedingungen, die Entwicklungen und die handelnden Personen sind immer andere. Aber in der Bundesrepublik Deutschland erleben wir in der Gegenwart erneut nationalistische Parolen, antidemokratisches Denken und Handeln, Fremdfeindlichkeit, Diskriminierung und Intoleranz.
Gerade auch bei der Beschäftigung mit historischen Entwicklungen und Ereignissen wie dem Nationalsozialismus, mit dem sich die Demokratische Initiative (DI) auseinandersetzt, um aus Geschichte für eine demokratische Gegenwart und Zukunft Lehren zu ziehen, zeigen sich Geschichtsrevisionismus und die Relativierung verbrecherischer Politik. Manche Aussagen erinnern sehr an die Vergangenheit und an die Zerstörung von Demokratie, die in das „Dritte Reich“ führte. Populisten bieten vermeintliche Lösungen für natürlich nicht zu leugnende Probleme des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels an und propagieren eine homogene Nation, die es nie gegeben hat.
Die Ergebnisse der jüngsten Wahlen verdeutlichen, dass auch in unserer Bevölkerung die vermeintlich einfachen Lösungen, Ausgrenzungen und Ressentiments verbreitet sind. Angesichts eines nicht einfachen Alltags und vielfältiger Veränderungen, die für viele Menschen Herausforderungen bedeuten, wird demokratischen Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen eine Bewältigung der anstehenden Probleme von Teilen der Bevölkerung nicht mehr zugetraut.
Vor diesem Hintergrund gilt es den unsäglichen Vereinfachern mit ihren teilweise rechtsextremen Vorstellungen entgegenzutreten. Dazu wird sich in diesem Jahr die Veranstaltung zur Erinnerung an die Verbrechen der so genannten Reichskristallnacht mit den Pogromen im November 1938 in Deutschland und konkret in Gelsenkirchen beschäftigen. Mit Bildern und Texten werden die Ereignisse als Folgen der Zerstörung demokratischen und friedlichen Zusammenlebens und von Antisemitismus und Rassismus dargestellt.
Die Demokratische Initiative ruft einmal mehr alle Bürgerinnen, Bürger und Gäste Gelsenkirchens auf, jeder Form von Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt entschieden entgegenzutreten. Wachsamkeit, Nachbarschaftshilfe, Mut, Zivilcourage und Engagement im Alltag finden unsere Unterstützung. Demokratie muss täglich gelebt werden, Erinnerung ist ein wichtiger Teil davon.