07. September 2015, 21:00 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Die Stadt Gelsenkirchen sieht sich bei der Flüchtlingsunterbringung und den damit verbundenen Aufgaben vor einer großen Herausforderung. Um auf diese Situation angemessen reagieren zu können, hat Oberbürgermeister Frank Baranowski eine Stabsstelle eingerichtet, die referatsübergreifend ein Handlungskonzept und Maßnahmen für die Unterbringung und Betreuung erarbeitet. Damit soll sichergestellt werden, dass auf der Grundlage umfassender Informationen alle Entscheidungen schnell gefasst und sofort umgesetzt werden können. Die Leitung der Stabsstelle Flüchtlinge hat Hans-Joachim Olbering übernommen, der in ähnlicher Position bei der Zuwanderung aus Süd-Ost-Europa bereits erfolgreiche Arbeit geleistet hat.
Nach den noch gültigen Prognosen des Bundesinnenministers von August 2015 ist bundesweit mit mindestens 800.000 Flüchtlingen und Asylbewerbern bis zum Jahresende zu rechnen. Für Gelsenkirchen steht damit eine Zahl von mindestens 2.300 Menschen im Raum, die bei uns bis Jahresende Schutz und Zuflucht suchen. In diesem Jahr hat die Stadt Gelsenkirchen bereits 1014 Flüchtlinge aufgenommen (Stand: 7. September 2015). Die Verwaltung hat daher in den vergangenen Tagen zahlreiche Möglichkeiten der Unterbringung geprüft und sich dabei von folgenden Grundsätzen leiten lassen:
- Dezentrale Unterbringung in Wohnhäusern und Wohnungen vor großen Sammelunterkünften,
- Stabile Unterkünfte vor Zeltunterbringung,
- Regionale Verteilung über das Stadtgebiet vor Konzentration auf wenige Orte.
Oberbürgermeister Frank Baranowski: „Es ist vordringliche Aufgabe der gesamten Stadtgesellschaft, diese Menschen menschenwürdig unterzubringen und ihnen ein Integrationsangebot zu machen. Um es klipp und klar zu sagen: In Gelsenkirchen gibt es eine Menge leerstehender Wohnungen. Je mehr Wohnungen uns angeboten werden, desto weniger Flüchtlinge müssen wir in größeren zentralen Einrichtungen unterbringen.“
Die bisher bewährte Strategie zur Unterbringung der Flüchtlinge (Erstunterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft mit 50-100 Plätzen, soziale Betreuung und zeitnahe Vermittlung - nach ca. 3 Monaten - in privat angemieteten Wohnraum) wird durch die Verwaltung konsequent fortgeführt, ist jedoch in der aktuellen Situation nicht ausreichend.
In den vergangenen Tagen wurden alle denkbaren öffentlichen und auch privaten Gebäude sowie privater Wohnraum auf ihre Eignung hin untersucht. Derzeit sind Standorte in den Blick genommen worden, die für die Unterbringung einer größeren Zahl von Flüchtlingen in Betracht kommen. Wie diese Standorte letztlich belegt werden, hängt von der Zahl der tatsächlich eintreffenden Menschen ab:
Gemeinschaftsunterkünfte in Wohnhäusern
- Beckhausen (Sutum) (bis zu 130 Personen)
- Rotthausen (bis zu 50 Personen)
- Buer (bis zu 120 Personen)
- Erle (bis zu 80 Personen)
- Feldmark (bis zu 40 Personen)
- Altstadt (bis zu 50 Personen)
- Feldmark (je nach Ausbaustufe bis zu 400 Personen)
Mobile Wohneinheiten/Fertighäuser
Berger Feld, Möglichkeiten bestehen nach entsprechender Vorbereitung auf der Fläche des ehemaligen Mobilcamps. Hier sollen mobile Wohneinheiten und Schnellbauhäuser zum Einsatz kommen (bis zu 400 Plätze).
Gemeinschaftsunterkünfte der Stadt mit bis zu 300 Plätzen
Für eine kurzzeitige Unterbringung müssen nun vorübergehend auch größere Einheiten vorgehalten werden. Diese werden bis zur Fertigstellung weiterer Wohnungen und Gemeinschaftsunterkünfte in Wohnhäusern belegt.
- Schaffrath: Durch die Anmietung und Aufstellung einer Traglufthalle auf der Fläche können weitere 300 Personen versorgt werden.
- Buer: vorübergehend bis zu 150 Personen in einer Turnhalle
Ob weitere Turnhallen als vorübergehende Unterbringungsmöglichkeiten benötigt werden, kann zurzeit nicht abschließend prognostiziert werden.
Bürgerversammlungen
Sobald Flüchtlinge in die Unterkünfte einziehen, wird die Bevölkerung zeitnah unter Einbezug der vor Ort handelnden Kirchen, Vereine, Initiativen und Präventionsräte in Bürgerversammlungen informiert.
Für die Stadt bleibt es bei dem Grundsatz, soweit möglich Flüchtlinge dezentral in privaten Wohnungen unterzubringen. OB Baranowski: „Unser Ziel bleibt es weiterhin, Zeltstädte und Größtunterkünfte für mehr als 2.000 Menschen an einer Stelle zu vermeiden. Wir haben sehr positive Erfahrungen mit der dezentralen Unterbringung gemacht, weil die Menschen dort weitgehend selbständig und individuell leben können. Daher möchte ich noch einmal dringend alle Wohnungseigentümer aufrufen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten Wohnraum an Flüchtlinge zu vermieten.“
Bisher ist es gelungen, die nach Gelsenkirchen kommenden Menschen in Wohnungen und Unterkünften menschenwürdig unterzubringen. Damit dies so bleibt ist die Stadt Gelsenkirchen darauf angewiesen, die hilfesuchenden Menschen in geeigneten Wohnungen unterzubringen. Dabei werden weder Bewohner noch Vermieter allein gelassen, sondern durch die Betreuer der Stadt bzw. der Sozialverbände unterstützt.
Oberbürgermeister Frank Baranowski und Sozialdezernentin Karin Welge wollen notfalls aber auch alle rechtlichen Mittel ausschöpfen: „Dort, wo wir den Eindruck haben, dass Wohnraum im großem Maße bewusst und absichtlich dem Markt entzogen wird, sei es aus Abschreibungsgründen, aus spekulativen Erwägungen oder einfach nur aus Ignoranz, können wir das Mittel der Beschlagnahmung nicht ausschließen.“
HOTLINE
Die Stadt schaltet ab Dienstagmorgen eine Hotline. Unter 169-2700 können sich alle Bürgerinnen und Bürger darüber informieren, wie sie konkret den Flüchtlingen in Gelsenkirchen helfen können. Entsprechende Informationen werden zudem auf der Homepage der Stadt ständig aktualisiert und zur Verfügung gestellt.
Hocherfreut zeigt sich Sozialdezernentin Karin Welge über die Welle der Hilfsbereitschaft in der Stadt: „Das ist gelebte Ruhrgebietsmentalität. Dafür will ich allen Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchenern herzlich danken. Neben den hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erleben wir täglich, dass sich sehr viele ehrenamtliche Helfer engagieren, um die Menschen, die zu uns kommen, zu unterstützen. Hier gibt es viele Möglichkeiten zu helfen. Das geht von Nachbarschaftshilfe über die Vermittlung von ersten Deutschkenntnissen bis hin zu Kleiderspenden. “ Auf der Internetseite der Stadt Gelsenkirchen sind verschiedene Möglichkeiten aufgelistet, wo man Hilfe, ob persönlich oder als Spende, anbieten kann (https://www.gelsenkirchen.de/de/Soziales/Integration/Asyl/Fluechtlingen_helfen/index.aspx). Auch die Ehrenamtsagentur hilft hier gerne weiter. Sie ist unter der Rufnummer 169-3333 zu erreichen.
Im Handlungskonzept, dass am 1. Oktober dem Rat der Stadt vorgelegt werden soll, geht es allerdings um weit mehr als um die reine Unterbringung, Betreuung und Versorgung der Flüchtlinge. Die Konzepte befassen sich auch mit der Zeit nach der Erstaufnahme. Hier spielen Themen wie Bildung, Integration, Alphabetisierung, Kindertagesbetreuung, Integration in das Schulsystem, Jugendarbeit und Jugendhilfe, Arbeit und Ausbildung oder Gesundheit eine wichtige Rolle. Gerade in diesem Bereich kommen auf die Kommunen weitere organisatorische aber auch finanzielle Belastungen zu. Hier erwartet Oberbürgermeister Frank Baranowski weiterhin von Bund und Land zügig zusätzliche Unterstützung, um dieser Aufgabe auch angemessen nachkommen zu können.
INFORMATIONEN FÜR VERMIETER
Wer Wohnraum anbieten möchte, kann sich an das Referat Soziales wenden. Dort stehen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mindestens während der Kernöffnungszeiten (8.30 bis 15.30 Uhr) für Fragen unter den Rufnummern 169-2336 und 169-2051 zur Verfügung. Hier können Wohnungseigentümer ihren Wohnraum anbieten und sich beraten lassen. Es werden Räumlichkeiten jeder Größe gesucht. Bei Wohnungsangeboten sind die nachstehenden allgemeinen Miethöchstgrenzen zu beachten: Bei einer Größe von 50 Quadratmetern darf die Netto-Kaltmiete maximal 230 Euro betragen, bei 65 Quadratmetern 290 Euro und bei 80 Quadratmetern maximal 350 Euro, 110 Quadratmeter 520 Euro, 125 Quadratmeter 590 Euro, und 140 Quadratmeter 660 Euro.