Jahresrückblick Vernetzte Stadt: Das war 2021
Der CDO der Stadt Gelsenkirchen im Interview
16. Dezember 2021, 09:12 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
CDO Manfred vom Sondern blickt im Interview auf das Jahr 2021 zurück.. Bildrechte: Caroline Seidel
In einem Jahr kann viel passieren. Insbesondere bei digitalen Themen. Was 2021 in Gelsenkirchen in Sachen Digitalisierung los war, welche Fortschritte und Herausforderungen es gab, erzählt unser CDO Manfred vom Sondern im Interview.
Wie lief der Start ins Jahr 2021 für die Digitalisierung in Gelsenkirchen?
Manfred vom Sondern: Durch den bundesweiten Lockdown sind wir wortwörtlich digital und im Home Office ins Jahr 2021 gestartet. Hierfür mussten die IT-Systeme bereits Ende des letzten Jahres hochgefahren, die technische Ausstattung bereitgestellt und digitale Tools für Kommunikation und Konferenzen eingeführt werden. Unser städtischer IT-Dienstleister, die gkd-el, hat hier große Arbeit geleistet, sodass der Großteil aller Kolleginnen und Kollegen der Stadtverwaltung zumindest technisch vernünftig von Zuhause arbeiten konnte. Hierfür mussten die Dienststellen natürlich ihre Arbeit umorganisieren, was mit einigen Veränderungen verbunden ist. Wir in der Stabsstelle haben uns Anfang des Jahres Gedanken gemacht, wie wir unsere Kolleginnen und Kollegen bei dieser Umstellung unterstützen können. Entstanden ist ein Konzept für Lern- und Erklärvideos fürs Home Office und für den Umgang mit digitalen Tools. Im Laufe des ersten Halbjahres konnten diese dann im Intranet veröffentlicht werden.
Außerdem wurde Anfang des Jahres ein sog. digitaler Zwilling des Stadtgebiets als neues Tool in die Verwaltung eingeführt. Er soll dabei helfen, viele Verwaltungsprozesse direkt vom Schreibtisch aus und ohne vor Ort sein zu müssen, zu erledigen. Auch in Zeiten von Corona eine wichtige Unterstützung. Dank solcher Tools ist der konkrete Nutzen der Digitalisierung auch für die Einwohnerschaft spürbar, da wir als Stadt Anträge schneller und effizienter bearbeiten und somit einen besseren Bürgerservice anbieten können.
Welche digitalen Themen standen 2021 besonders im Fokus?
Manfred vom Sondern: Dieses Jahr haben wir den Schwerpunkt auf die zwei Leitthemen „Open Innovation Lab“ und „Bürgerorientierte und Digitale Verwaltung“ gelegt. Gerade im OIL gab es zahlreiche Fortschritte. Im Frühjahr konnten wir mit dem Verbau erster Umweltsensorik beginnen und im Sommer mit dem Ausbau der WiFi-6-Trasse. Danach folgte der weitere Verbau von Klima- und Umweltsensorik – erste gemeinsame Use Cases, bspw. mit dem Umweltreferat oder Gelsendienste, konnten starten. Der Technikausbau steht kurz vor dem Abschluss. Parallel sind wir dabei ein Dashboard vorzubereiten, um die Sensorik-Daten webbasiert visuell aufzubereiten.
Auch bei der Verwaltungsdigitalisierung ging es voran. Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) und die damit verbundene Prozessoptimierung und Anbindung von Online-Diensten an unser Serviceportal läuft auf Hochtouren. Hier arbeiten wir als Stabsstelle eng mit unseren Kolleginnen und Kollegen der gkd-el und aus den Fachbereichen zusammen, aber stehen auch im regelmäßigen Kontakt mit dem KDN, der die Kommunen hierbei unterstützt. Erste Online-Dienste stehen bereits im Serviceportal Gelsenkirchen seit Ende des letzten Jahres zur Verfügung. Hinzu kam im Juni der Bibliotheksausweis, der jetzt ganz einfach online beantragt werden kann. Außerdem konnten wir die Gelsenkirchener Authentifizierungslösung BürgerID als Piloten an einen ersten Anwendungsfall anbinden: Bei der Beantragung des Bewohnerparkausweises kann man sich jetzt digital mit dem Smartphone authentifizieren. Im November wurde die BürgerID durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert. Einer Integration in das Servicekonto.NRW steht somit nichts mehr im Weg. Wir rechnen fest mit dem Go Live zu Beginn des kommenden Jahres. Dann steht die Gelsenkirchener Lösung allen NRW-Kommunen zur Verfügung.
Aber auch in anderen Leitthemen und Handlungsfeldern waren wir als Stadt aktiv – beispielsweise nimmt das Leitthema „Smarte Wirtschaft“ Fahrt auf. In den letzten Jahren kam es zu vermehrten IT-Ansiedlungen in Gelsenkirchen-Ückendorf. Neben den Lokalmatadoren XignSys, Aware7 und TrustCerts kam Anfang 2021 mit der evocenta GmbH ein weiteres innovatives Start-up hinzu, das sich mit KI beschäftigt. Auch das Places _ VR Festival fand dieses Jahr zum dritten Mal statt und hat zur Förderung des Innovationsstandorts Gelsenkirchen sowie zur Vernetzung der lokalen und nationalen Start-up-Szene beigetragen.
Der Sommer stand ganz im Zeichen der digitalen Teilhabe. Zum einen wurde im Juli ein Umsetzungskonzept für die weitere Digitalisierung der Schulen vorgestellt, das insgesamt 27,5 Mio. Euro bis 2024 beinhaltet. Zum anderen war im Juni Startschuss für die Testphase der City-App Gelsenkirchen, an der sich interessierte Einwohnerinnen und Einwohner beteiligen konnten. Außerdem fand der zweite bundesweite Digitaltag statt, an dem die Stadt Gelsenkirchen natürlich auch mit mehreren Aktionen teilgenommen hat. All diese Entwicklungen zahlen auf unser Leitthema „Lebensqualität & Teilhabe“ ein.
Bestimmt gab es auch Stolpersteine – was lief nicht wie erwartet?
Manfred vom Sondern: Das gibt es natürlich immer. Digitalisierung ist ein Prozess, vieles lässt sich nicht von heute auf morgen realisieren. Daher ist an vielen Stellen immer wieder Geduld gefragt. Wir als Stabsstelle Vernetzte Stadt und Unit, die Querschnittsaufgaben wahrnimmt, würden gerne alle Leitthemen gleichzeitig angehen und vorantreiben. Das ist jedoch leider nicht immer möglich, da es viele Abhängigkeiten, Dynamiken und bürokratische Herausforderungen gibt und unsere Ressourcen letztendlich auch begrenzt sind. Es gab dieses Jahr einige Personalwechsel, so dass man sich als Team immer wieder neu sortieren muss. Generell ist Personal ein großes Thema und der Personalaufbau gestaltet sich schwierig – hier blicken wir aber zuversichtlich ins neue Jahr.
Gab es besondere Highlights oder positive Überraschungsmomente?
Manfred vom Sondern: Ja, die gab es. Zu den Highlights in diesem Jahr gehört sicherlich unsere gute Platzierung in den Smart-City-Rankings. Hier konnte Gelsenkirchen erneut Boden gutmachen. Wir sind im Smart City Index von Bitkom von bundesweit 81 untersuchten Großstädten auf Platz 11 geklettert! In der Smart-City-Studie von Haselhorst Associates schafften wir mit Platz 6 von 403 Städten sogar den Sprung in die Top 10. Auch wenn es noch viel Potenzial gibt, sehe ich das als Bestätigung unseres Weges, den wir vor ein paar Jahren als Stadt eingeschlagen haben, und als Ergebnis der guten Zusammenarbeit mit unseren Partnern und Akteuren hier vor Ort in Gelsenkirchen und der Region.
Außerdem war der Digitaltag im Juni aus mehreren Gründen ein Highlight. An diesem Tag war viel los: Neben den Aktionen gingen auch unsere überarbeitete Website zur Vernetzten Stadt und die neue OIL-Website online. Und es gab eine besondere Überraschung: ein Digitaltag-Baby. Unser Kollege, der ursprünglich für eine Digitaltag-Aktion eingeplant war, wurde Vater – ein anderer Kollege musste kurzfristig einspringen. Es war also insgesamt ein aufregender Tag für alle im Team.
Was ist dieses Jahr zu kurz gekommen?
Manfred vom Sondern: Neben einigen Themen ganz klar die persönlichen Begegnungen und die Vernetzung mit unseren Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und anderen Kommunen, die coronabedingt häufig nicht oder nur erschwert möglich waren. Normalerweise veranstalten wir als Stabsstelle, ganz nach unserem Motto „Vernetzte Stadt“, ein Sommerfest und ein weihnachtliches Jahresabschlussfest mit unseren Partnern. Dieses Jahr ging das natürlich nicht. Das ist schade, aber vernünftig. Stattdessen haben wir digital an vielen Terminen, Workshops und Veranstaltungen teilgenommen. Viele Formate beinhalten auch interaktive Networking-Elemente, trotzdem geht nichts über eine persönliche Begegnung – hier haben digitale Formate Grenzen.
Welche Themen kamen neu dazu und welche Themen werden im nächsten Jahr angegangen?
Manfred vom Sondern: Bei neuen Themen in diesem Jahr denke ich beispielsweise an das Projekt DRAGON, das im Juni starten konnte, nachdem wir den Zuwendungsbescheid erhalten haben. Dabei geht es um die Erforschung eines ganzheitlichen digitalen Sicherheitskonzepts bei Großveranstaltungen im ARENA PARK. Das Projekt ist eine Kooperation mit der Westfälischen Hochschule sowie diversen assoziierten Partnern wie der Feuerwehr und Polizei Gelsenkirchen, dem FC Schalke 04, der BOGESTRA und dem Deutschen Roten Kreuz.
Außerdem kam dieses Jahr die Ausbildung von Nachwuchskräften neu dazu. Mitte des Jahres wurden wir von drei dualen Studierenden aus der Verwaltungs- und Wirtschaftsinformatik unterstützt, die eine ihrer Praxisstationen bei uns in der Stabsstelle Vernetzte Stadt absolviert haben. Viele Digitalisierungsthemen werden uns in Zukunft noch lange beschäftigen, daher finde ich es wichtig, dass gerade junge Azubis und Studis Einblicke in die unseren Praxisalltag bekommen.
Wenn ich aufs nächste Jahr schaue, haben wir einige neue Aufgaben und Projekte vor uns. Die Weiterentwicklung der City-App wird nächstes Jahr ein Thema sein. Nachdem einige Projekte im Rahmen des Förderprogramms Digitale Modellregionen NRW Ende 2021 und im Laufe des nächsten Jahres auslaufen, werden wir unseren Fokus auf den Förderkontext „Modellprojekte Smart Cities“ verschieben. Hier haben wir dieses Jahr die strategische Programmsteuerung aufgebaut und Projektideen weiter ausgeschärft – nächstes Jahr geht es an die Umsetzung bis 2025. Man darf also gespannt sein!