30. August 2021, 18:27 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Diese Meldung ist vom 30. August 2021, 18:27 Uhr. Gegebenenfalls sind einzelne Inhalte oder der gesamte Artikel nicht mehr aktuell. Für aktuelle Meldungen der Stadt Gelsenkirchen klicken Sie bitte auf https://www.gelsenkirchen.de/aktuelles
Mit einem Jahr Corona-bedingter Verspätung hat die Jüdische Gemeinde Gelsenkirchen am Sonntag, 29. August, die Anfänge des organisierten jüdischen Lebens in Gelsenkirchen gefeiert. Im Beisein von Abraham Lehrer, der das Projekt „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ angestoßen hat und Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland ist, sowie Charlotte Knobloch, der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und Oberbürgermeisterin Karin Welge wurde dabei auch eine Ausstellung zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Gelsenkirchen eröffnet.
Im Mittelpunkt standen an diesem Tag die Statuten, die Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener mit jüdischem Glauben ihrer Gemeinschaft vor 151 Jahren gegeben hatten. „Am 28. August 1870 haben elf jüdische Männer in Gelsenkirchen erstmals schriftlich festgehalten, dass sie die Gründung einer eigenständigen Synagoge in Gelsenkirchen anstreben. Man wollte hier vor Ort nicht länger zur Wattenscheider Synagoge und zur Hauptsynagogengemeinde Hattingen gehören, sondern eigenständig werden. Die Synagoge ist für jüdische Menschen eine Heimat, daher war dieser ‚kleine Moment‘, in dem die Statuten für die Gründung festgehalten wurden, von großer Wichtigkeit für den weiteren Verlauf des jüdischen Lebens in Gelsenkirchen. Daran wollen wir an diesem Tag erinnern“, erklärte Judith Neuwald-Tasbach, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen und präsentierte stolz die Original-Urkunde vom 28. August 1870.
„Diese vor 151 Jahren vereinbarten Statuten hatten in der Tat weitreichende Folgen: Sie waren der Anfang der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen, der erste Schritt auf einem langen Weg“, betonte Oberbürgermeisterin Karin Welge. Zugleich hob sie hervor: „Diese Gemeinde hat eine mehr als bewegende Geschichte, mit extremen Höhen und Tiefen. Von Prosperität bis zu grausamer Verfolgung, Deportation und Vernichtung. Seien wir uns nicht zu sicher, dass die Geschichte sich nicht wiederholt. Sondern treten wir jeden Tag dafür ein, dass dies nicht geschieht.“
Die Oberbürgermeisterin verurteilte erneut scharf die antisemitischen Parolen, die bei einem antiisraelischen Marsch zur Gelsenkirchener Synagoge am 12. Mai dieses Jahres skandiert worden waren. Sie stellte zudem deutlich heraus: „Wir in Gelsenkirchen sind froh, eine Jüdische Gemeinde in unserer Stadt zu haben. Wir sind dankbar für ihre Rückkehr. Wir werden auch in Zukunft an der Seite der Jüdischen Gemeinde stehen, wir werden uns auch in Zukunft für ein gutes Zusammenleben einsetzen, für ein Miteinander ohne Hass, Gewalt und Diskriminierung.“ Im Anschluss nutzte die Oberbürgermeisterin die Gelegenheit zum Austausch mit den Gästen der Eröffnungsveranstaltung.
Die von dem Historiker Stefan Nies konzipierte Ausstellung „Gelsenkirchen, jüdisch! 1870 bis heute“ entstand im Festjahr „2021 – 1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“ in Kooperation der Jüdischen Gemeinde mit dem Institut für Stadtgeschichte und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Gelsenkirchen e. V., die sie wie die LWL-Kulturstiftung und die Bürgerstiftung Gelsenkirchen auch finanziell förderten. Sie wird zunächst in der Synagoge an der Georgstraße 2 zu sehen sein. Besichtigungstermine können unter +49 (209) 1552 310 oder per E-Mail an info@jg-ge.de vereinbart werden. Geplant ist, dass die Exponate später als Wanderausstellung in Schulen sowie an öffentlichen Orten gezeigt werden.