23. Mai 2018, 15:35 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
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Die vom ZDF in Auftrag gegebene Studie der Schweizer Prognos AG zeigt aus Sicht der Stadt Gelsenkirchen eines ganz klar: „In Deutschland gibt es kein Erkenntnisproblem. Was es aber gibt, ist ein Umsetzungsproblem“, so Oberbürgermeister Frank Baranowski.
Deshalb komme es aus seiner Sicht nun darauf an, dass jede staatliche Ebene und ihre jeweiligen Vertreter Handlungsaufträge aus dieser Studie ableitet.
Zudem müsse man der Versuchung widerstehen, in der Studie etwas zu sehen, was sie möglicherweise suggeriert, aber gar nicht sein kann: Nämlich ein objektiver Maßstab für Lebensqualität. „Richtig ist – und auch das kennen wir seit vielen Jahren, dass Gelsenkirchen objektiv nicht ganz einfache Rahmenbedingungen hat. Die kennen wir und an deren Verbesserung arbeiten wir mit unseren Mitteln sehr intensiv. Was diese Studie aber nicht abbildet, ist das, was die Menschen aus diesen Rahmenbedingungen machen und wie sie ihr Lebensumfeld und dessen Qualitäten mit gestalten“, erklärt Frank Baranowski.
Die Studie zeigt erneut, dass die hohe Langzeitarbeitslosigkeit, die einhergeht mit hoher Kinderarmut, hauptverantwortlich ist für das schlechte Abschneiden Gelsenkirchens. Für die Stadt heißt das, Unternehmenswachstum und Ansiedlungen zu fördern. So konnten in den letzten Jahren jeweils über 1.000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze (im Saldo) in der Stadt geschaffen werden. In den vergangenen zehn Jahren sind unter dem Strich über 10.000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze dazugekommen. Trotzdem ist im gleichen Zeitraum die Arbeitslosigkeit nicht in der gleichen Größenordnung gesunken. Angesichts einer verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit geht der wirtschaftliche Aufschwung im Ruhrgebiet an einem großen Teil der arbeitslosen Menschen komplett vorbei – auch das ist keine wirklich neue Erkenntnis. Frank Baranowski: „In Lebensphasen gerechnet stünde der Gelsenkirchener Appell kurz vor der Pubertät. Hier kann man deutlich erkennen, wie lange es dauert, bis die richtigen Erkenntnisse in konkrete Taten umgesetzt werden. Seit über 10 Jahren wird darauf hingewiesen. Erst jetzt machen sich Bundes- und Landesregierung langsam auf den Weg – letztere leider widerwillig.“
Die Stadt arbeitet an konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität. Erste Erfolge konnten beim Feinstaub erreicht werden. Weitere Vorschläge werden im Rahmen des Green City Plans, der in Kürze vorliegen wird, erwartet. Der Bund ist allerdings gefordert, die Automobilindustrie zur Nachrüstung der Hardware bei Dieselfahrzeugen zu verpflichten. Nur so können die Stickstoffwerte reduziert werden. Bisher gibt es hierzu keine Bereitschaft. „Bestraft wird der Tatort, nicht der Täter“, so der Oberbürgermeister.
Schon lange weisen Städte wie Gelsenkirchen darauf hin, dass die Finanzierung von Städten und Gemeinden nicht ausreichend ist. Aufgaben sind übertragen worden, für die es keine Gegenfinanzierung gibt. Förderungen fanden seit den 1990er Jahren nach Himmelsrichtung (Aufbau Ost) statt, finanziert auch aus dem Haushalt der Stadt Gelsenkirchen. Mittel, die bei der Bewältigung des Strukturwandels gut angelegt gewesen wären.
„Wenn die Landesregierung nun plant, finanzielle Mittel von den größeren Städten weg in die ländlichen Bereiche umzuschichten, verschärft das die Situation in unserer Region. Lebensqualität gibt es aber nicht zum Nulltarif“, so Oberbürgermeister Frank Baranowski.
Für ihn zeigen die Beispiele vor allem, dass die Erkenntnisse alle seit langem auf dem Tisch liegen. Daneben existieren aber auch blinde Flecke: Wenn die Studie von Lebensqualität im Jahr 2018 spricht und den Bereich Digitalisierung und Glasfaserinfrastruktur völlig außer Betracht lässt, zeige das auch die Grenzen der Studie deutlich auf. Bedauerlich sei zudem, dass die Gewichtung von verschiedenen Kriterien nicht nachvollziehbar dargestellt wird. Frank Baranowski: „Gelsenkirchen ist nicht der Bayerische Wald. Dementsprechend niedrig ist unser Waldanteil. Dagegen liegen wir beim Anteil von Erholungsflächen im Verhältnis zur Gesamtfläche auf Platz 11. Und dass wir jemals die Zahl der Sonnentage pro Jahr kommunal verändern können, sei dahingestellt.“