26. April 2017, 12:00 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Kolumne von Oberbürgermeister Frank Baranowski
Liebe Gelsenkirchenerinnen, liebe Gelsenkirchener!
Ihre Stimme zählt, auf Ihre Stimme kommt es an. Das hören Sie jetzt, in Wahlkampfzeiten, häufiger? Mag sein, und ist doch richtig. Haben wir doch gerade erst erlebt, beim Referendum in der Türkei, beim Brexit oder der Trump-Wahl, dass selbst hauchdünne Mehrheiten enorme Konsequenzen nach sich ziehen können. Deshalb stimmt es: Ja, es kommt auf Ihre Stimme an – allerdings nicht nur am Wahltag.
Wenn Sie zu den Leserinnen und Lesern dieser Kolumne gehören, dann werden Sie ziemlich sicher regelmäßig von Ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Vielleicht haben Sie ja schon per Briefwahl Ihre Stimme abgegeben, oder Sie haben bereits in einer unserer Wahlscheinstellen gewählt. Besucher des Hans-Sachs-Hauses – oder eben unserer Wahlscheinstelle auf der Horster Straße – können ja seit Ostern hier ihr Votum abgeben. Das gilt jetzt für die Landtagswahl, aber das wird auch bei der Bundestagswahl im Herbst so sein. Warum? Weil wir Ihnen das Wählen so einfach und unkompliziert wie nur möglich gestalten wollen.
Das Recht, wählen zu können, ist ein kostbares, ein wertvolles und hart errungenes. Dieses Recht soll jeder wahrnehmen können, niemand darf davon abgehalten werden. Darum werden wir in Gelsenkirchen wieder so viele Wahllokale einrichten, dass Sie bequem in Ihrer Nachbarschaft wählen können. Und wir bieten auch fast überall barrierefreie Wahllokale an. Sollte Ihr Wahllokal zu den wenigen nicht barrierefreien zählen, dann ist das auf der Benachrichtigung vermerkt. Dann stehen Ihnen die barrierefreien Wahlscheinstellen in Buer und in der City zur Verfügung.
Wahltage sind Festtage der Demokratie, so hat man das früher gesagt. Auch wenn durch die sinkende Wahlbeteiligung dieser Ausdruck ein bisschen in Vergessenheit geraten ist, bereiten wir die beiden Wahlen 2017 genauso vor: wie Festtage. Zumal sich die Dinge ja auch wieder ein bisschen ändern: Bei sämtlichen Landtagswahlen im vergangenen Jahr hat die Wahlbeteiligung zugenommen. Vermutlich wird das auch bei unserer Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen nicht anders sein.
Wahltage sind wichtige Tage der Demokratie. Allerdings stimmt es schon: Nach den Referenden in der Türkei und Großbritannien und der Trump-Wahl blicken viele etwas bang auf die Wahlen in diesem Jahr. Zumal wir auch in den vergangenen rund zwei Jahren immer wieder Stimmen gehört haben, die auch in Deutschland mit einem etwas merkwürdigen Demokratieverständnis auftreten.
Dabei gibt es vieles, was wir dem entgegen halten können. Zunächst einmal dies: Demokratie ist mehr als eine Abstimmung. Wenn jemand bei einer Wahl 50,1 Prozent der Stimmen erhält, dann hat er nur ein begrenztes Mandat, dann kann er nicht den Willen der anderen 49,9 Prozent übergehen. Denn zu einer Demokratie gehören auch Verfahrensrechte und die Rechte von Minderheiten. Eine Demokratie kann nie eine Diktatur der Mehrheit sein. Eine Demokratie, die ihren Namen verdient, ist ohne den Rechtsstaat nicht denkbar. Und auch nicht ohne einen Sozialstaat, der dafür sorgt, dass nicht nur einige wenige im Stande sind, gesellschaftlich wichtige Entscheidungen zu treffen.
Vor allem aber erschöpft sich eine Demokratie nicht darin, dass die Bürger alle paar Jahre ein Kreuzchen machen. Demokratie ist mehr, viel mehr. Demokratie ist eine Lebensform, die darin besteht, gemeinsam gute Lösungen zu suchen, im Gespräch, mit Respekt, Geduld und Zielstrebigkeit. Das kann auf Landes- und Bundesebene sein, das kann aber auch genauso in der eigenen Stadt sein, im Stadtteil, in der Nachbarschaft. Das kann im Elternbeirat an der Schule sein, in einer Quartiersinitiative, in der Bezirksvertretung, an vielen Orten. Überall dort, wo wir unser Miteinander regeln.
Von dieser Basis aus dürfen wir allen Populisten selbstbewusst entgegentreten. Und darum kann ich nur wiederholen: Ja, Ihre Stimme zählt. Es ist richtig und wichtig, dass Sie bei der Landtags- und Bundestagswahl Ihre Stimme abgeben. Allerdings zählt Ihre Stimme nicht nur dann. In unserer Demokratie – und gerade in unserer lokalen Demokratie – kommt es das ganze Jahr über auf Ihre Stimme an. Und da ist es gut, dass Sie sich einbringen.
Ihr
Frank Baranowski