09. November 2016, 14:56 Uhr | ISG - Institut für Stadtgeschichte
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„Der gescheiterte Putsch vom 15. Juli 2016 in der Türkei und die Folgen“ mit Ismail Saymaz am 5. November 2016
Am Samstag, den 5. November 2016 fand im großen Konferenzsaal des Wissenschaftsparks Gelsenkirchen eine Informations-veranstaltung zum Thema „Der gescheiterte Putsch vom 15. Juli 2016 in der Türkei und die Folgen" statt.
Das Institut für Stadtgeschichte hatte in Kooperation mit dem Kommunalen Integrationszentrum den bekannten türkischen Journalisten Ismail Saymaz als Referenten eingeladen. Etwa 300 Gäste hörten sich den Vortrag von Ismail Saymaz an.
Auf Fragen und Diskussionsbeiträge ging der Referent ausführlich ein. Unter den Gästen waren, neben dem Oberbürgermeister der Stadt Gelsenkirchen Frank Baranowski, auch Stadträtin Annette Berg, Landtagsabgeordnete Heike Gebhard, einige Stadtverordneten sowie Vertreterinnen und Vertreter von Vereinen und Verbänden.
In seiner Einführung hob der Leiter des Instituts für Stadtgeschichte (ISG), Prof. Dr. Stefan Goch, die Bedeutung solcher Veranstaltungen hervor. Er sagte u.a. „ …diese Ereignisse haben viele Menschen, die aus der Türkei stammen und heute oft schon lange in Gelsenkirchen leben, ihre Kinder und ihre Enkelkinder sehr stark beschäftigt und auch zu den bekannten Auseinandersetzungen in Gelsenkirchen geführt. Stadtspitze und Integrationsrat Gelsenkirchen haben den Putsch und die gewalttätigen Auseinandersetzungen klar verurteilt."
Und weiter führte er aus: „Dabei wollen das Institut für Stadtgeschichte und das Kommunale Integrationszentrum in einer demokratischen Stadtgesellschaft einen Ort und die Möglichkeit anbieten, offen und friedlich zu diskutieren. Dabei ist uns bewusst, dass solche Diskussionen und insbesondere auch die, um die es heute geht, sehr konfliktgeladen sein können. Das haben wir, wie uns Reaktionen zeigen, auch schon bei der Einladung zur heutigen Diskussion zu spüren bekommen, wenn wir dafür kritisiert worden sind, dass wir einen Artikel der Wochenzeitung "Die Zeit" und auch Wikipedia aufgegriffen haben bei unserer Charakterisierung der Bewegung um Fethullah Gülen. Diese Bewegung, die lange mit der regierenden AKP verbündet war, wird für den Putsch verantwortlich gemacht.“
Ismail Saymaz ging zunächst auf die Anfangsphase der AKP-Regierung ein. Dabei schilderte er, wie die AKP-Regierung mit der Gülen-Bewegung kooperierte. Die Gülen-Bewegung, die langfristig ihre Kader in verschiedenen Staatsorganen, u.a. in den Bereichen Justiz, Bildung, Polizei und Militär unterbringen wollte, soll die Gelegenheit genutzt haben, mit Zustimmung der Regierung fast alle Führungspositionen mit ihren Leuten zu besetzen. Dabei ging es der AKP-Regierung darum, den Einfluss der kemalistisch geprägten Militärs zu brechen. Durch zahlreiche Verhaftungen von hunderten Offizieren sei dies der Regierung auch gelungen. Nach der Ausschaltung des militärischen Machtzentrums soll dann der Kampf zwischen der Regierung und der Gülen-Bewegung ausgebrochen sein. Infolge dieser offen aus getragenen Auseinandersetzungen kam es somit zu dem Putschversuch vom 15. Juli 2016.
Saymaz bezeichnete den Putschversuch als einen bis dahin in der Türkei nicht erlebten schlimmen Terrorakt. Mit Panzern und Maschinenpistolen seien die Putschisten gegen das demonstrierende Volk vorgegangen und es seien über 240 Menschen umgekommen und über 2.000 Menschen schwer verletzt worden. Er behauptete, dass dieser Putsch nicht von Militärs, sondern zivilen Personen vorbereitet worden war, die die Militärs eingebunden hätten. Er sei fest davon überzeugt, dass der Putsch im Ausland geplant worden sei. Am Ende sei der Putschversuch gescheitert, weil bekannt wurde, dass die Gülen-Bewegung hinter dem Putsch stand. Daraufhin sei die Bevölkerung auf die Straße gegangen und habe sich gegen die Putschisten gestellt. Auf die Fragen nach den zahlreichen Verhaftungen und Verboten von Medien ging Saymaz ausführlich ein. Er unterscheide zwischen den am Putsch direkt beteiligten Personen - Offiziere oder Zivilpersonen - und den einfachen Sympathisanten der Gülen-Bewegung. Darüber hinaus seien die Schließung und sogar das Verbot von Medien nicht akzeptabel. Die Inhaftierung der HDP-Abgeordneten sowie zahlreicher Journalisten kritisierte er scharf. Solche Vorgänge würden denjenigen helfen, die immer noch hinter dem Putsch stehen.
Die Veranstaltung verlief in friedlicher Atmosphäre und endete nach über zwei Stunden. Nach den ersten Rückmeldungen der teilnehmenden Gäste wurde die Veranstaltung als sehr informativ angesehen.