Elisabeth Käsemann (1947-1977) wurde als Tochter des Theologen Prof. Dr. Ernst Käsemann in Gelsenkirchen geboren. 1966 begann sie ein Studium der Soziologie und Politikwissenschaft an der Freien Universität (FU) in Berlin. Die FU war in dieser Zeit eines der Zentren der Studentenbewegung, die am Ende des „Wirtschaftswunders“ die Defizite der herrschenden wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verhältnisse problematisierte. Dabei rückte vor dem Hintergrund des Vietnamkrieges und der vielfach von den USA unterstützten Diktaturen die internationale Perspektive ins Blickfeld. Elisabeth Käsemann absolvierte zunächst ein Auslandspraktikum in Bolivien und ging von dort nach Argentinien. Dort leistete sie Sozialarbeit in den Slums von Buenos Aires.
Während der argentinischen Militärdiktatur ab 1976 (bis 1983), die etwa 30.000 Opfer unter den politisch Verfolgten forderte, schloss Elisabeth Käsemann sich schließlich der sozialistischen Arbeiterbewegung und verschiedenen Widerstandsgruppen an, unterstützte Gegner des Militärregimes und half Verfolgten bei Flucht und Emigration. Wegen ihrer Oppositionsarbeit wurde Elisabeth Käsemann im März 1977 verhaftet. In einem der Folterzentren der argentinischen Militärdiktatur wurde sie gefoltert und im Mai 1977 durch Erschießen hingerichtet. Für die Öffentlichkeit nicht erkennbar setzte sich die damalige Bundesregierung im Umfeld der Fußballweltmeisterschaft in Argentinien nicht besonders für die Befreiung von Elisabeth Käsemann ein. Erst Ende der 1990er Jahre kamen neue Ermittlungen in Gang. Im Juli 2011 wurden die Folterer und Mörder Elisabeth Käsemanns und anderer Verfolgter wegen Verbrechen legen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft bzw. langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt, der Hauptangeklagte war allerdings schon verstorben. Zur Erinnerung an die Ereignisse benannte die Evangelische Familienbildungsstätte 1993 ihr Haus an der Franzisstraße nach Elisabeth Käsemann. Nach der Schließung des Hauses Ende 2005 heißt die gesamte dezentrale Bildungseinrichtung „Elisabeth-Käsemann-Familienbildungsstätte“.
Projektpartner: Evangelischer Kirchenkreis Gelsenkirchen und Wattenscheid, 2011