06. August 2021, 09:28 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
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Es rattert, es summt, es blinkt und klappert in der kinetischen Sammlung des Kunstmuseums Gelsenkirchen, die zu den größten Sammlungen kinetischer Kunst in Europa zählt. Hier ist viel in Bewegung, Besucherinnen und Besucher dürfen viele der Werke anfassen, in Schwingung bringen oder mit Schaltern in Gang setzen. Aber wie funktionieren die kinetischen Werke eigentlich? Was verbirgt sich in ihrem Inneren? Bislang blieben die klug ausgetüftelten und teils waghalsigen Konstruktionen, mit denen die Künstlerinnen und Künstler ihre Werke in Bewegung versetzten, dem Auge der Betrachtenden größtenteils verborgen. Das ändert sich nun: Augmented Reality, also die computergestützte Erweiterung der menschlichen Wahrnehmung, wird im Museum zum Schlüssel, um in die Werke zu schauen und sie virtuell auseinander zu nehmen.
Dafür wurden die aufwändig zusammengefügten Kunstwerke zunächst mit einem 3-D-Scanner erfasst. Die so entstandenen Bilder verwandelte Florian Günther mit seinem Team der Dortmunder Firma Viality in virtuelle Modelle, die nun – am Tablet – in alle Richtungen gedreht, herangezoomt, wie mit einem Röntgengerät durchleuchtet und von allen Seiten betrachtet werden können. Eine VR-Brille ist dafür nicht erforderlich. Die Stadttochter Gelsenkirchener Kommunale Datenzentrale Emscher-Lippe (gkd-el) half bei der Umsetzung und der Einrichtung der Museums-Tablets. „Diese Digitalisierung ermöglicht unseren Besucherinnen und Besuchern einen detaillierten Einblick in die Werke, wie ihn sonst nur die Restauratorinnen und Restauratoren haben“, erklärt Museumsdirektorin Leane Schäfer, die von der neuen Technik sichtlich begeistert ist. „Diese neue App soll den Museumsbesuch nicht ersetzen, sondern sinnvoll erweitern – sie bietet Informationen, die unseren Besucherinnen und Besuchern bislang verborgen geblieben sind, aber deutlich zum Verständnis der Werke beitragen“, so Schäfer. „Wir sind sehr stolz in Gelsenkirchen, dass diese App einzigartig ist, es gibt sie in Deutschland bislang in dieser Form nicht. Und sie wurde eigens für unser Haus entwickelt“, betont die Museumsdirektorin. Möglich gemacht hat die App samt zweijähriger Entwicklungsphase auch ein Förderprogramm des Landes NRW, das 70 Prozent der Kosten von insgesamt rund 20.000 Euro abdeckte, wie die stellvertretende Museumsleiterin Christiane Wanken herausstellt.
Stadträtin Anne Heselhaus, die als Dezernentin für Kultur und Bildung in der Stadt verantwortlich zeichnet, hebt noch einen weiteren Nutzen der neuen Software hervor: „Die App wird insbesondere auch in der Kunstvermittlung für Schülerinnen und Schüler eingesetzt werden und ihnen ganz neue Sichtweisen auf die Kunst ermöglichen. Zudem ist die App ganz bewusst barrierearm gestaltet worden. So gibt es eine Erklärung der Werke von einer Gebärdendolmetscherin, die man bei Bedarf einfach anklicken kann.“ Für diese besondere App-Funktion schlüpfte die freiberufliche Kunstvermittlerin und Gebärdendolmetscherin Lisa-Marie Hejny in die Rolle der virtuellen Museumsführerin. Für Hörende spricht der Schauspieler Peter Lohmeyer die Erklärung der Werke – und man kann auch ihn dabei als 3-D-Figur auf dem Tablet sehen.
Die Bedienung ist denkbar einfach, das Programm startet, sobald man mit dem Tablet einen Marker neben den Werken einscannt. So kann sich jeder Nutzer die Werke in eigenem Tempo erschließen. Bislang wurden 15 der 80 Werke der kinetischen Sammlung eingescannt, fünf davon sind bereits per App abrufbar: „Rote Punkte auf Grün“ von Gerhard von Graevenitz aus dem Jahr 1963, Gianni Colombos „Rhythmische Struktur“ von 1959, Günther Ueckers „Lichtkinetisches Nagelobjekt“ von 1960, ein unbetiteltes Werk von Roger Vilder von 1972 und Leo Breuers „Relief Cinetique Virtuel“ aus dem Jahr 1968 warten nun auf neugierige Besucherinnen und Besucher. Zu finden ist ihr Innenleben auf den fünf Tablets, die das Kunstmuseum Gelsenkirchen an der Informationstheke auf Nachfrage bereitstellt. Wer mag, kann jetzt zu den Museumsöffnungszeiten dienstags bis sonntags zwischen 11 und 18 Uhr an der Horster Straße 5-7 auf Erkundungstour gehen. Der Eintritt zum Kunstmuseum Gelsenkirchen ist immer kostenfrei, die Nutzung der Tablets im Museum ebenfalls.