29. Juli 2021, 10:46 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
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Für die einen ist sie ein Kunstwerk im öffentlichen Raum, für die anderen die lang ersehnte Wegverbindung zwischen den Stadtteilen Horst und Heßler: Die markante rote Doppelbogenbrücke im Nordsternpark zieht seit einem Vierteljahrhundert die Blicke auf sich und ist inzwischen zu einem Wahrzeichen von Gelsenkirchen geworden. Erbaut wurde sie 1996 nach Plänen des Bauingenieurs Stefan Polónyi: „Baubeginn war im April 1996, im November 1996 wurde die Brücke fertiggestellt“, erklärt Thorsten Dahlmann, Teamleiter für Ingenieurbau und Stadtbahn beim Referat Verkehr der Stadt Gelsenkirchen. Feierlich eröffnet wurde sie indes erst im Rahmen der Bundesgartenschau auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Nordstern im April 1997.
Über hundert Jahre lang hatte das Betriebsgelände der Zeche Nordstern zuvor die Stadtteile Horst und Heßler voneinander getrennt – und als klar war, dass das Gelände nach der Stilllegung der Zeche zur Bundesgartenschau umgestaltet werden sollte, waren neue Verbindungsbrücken ein tragendes Element der Planungen. Mit ihrer Gestaltung wurde der Bauingenieur Stefan Polónyi betraut, der lange Jahre als Professor an der Universität Dortmund Bauingenieure und Architekten ausgebildet hatte und just im Jahr zuvor, 1995, emeritiert worden war. Mit seiner innovativen Tragwerkplanung, unter anderem für die Neue Messe Leipzig und das Bundespräsidialamt in Berlin hatte sich der gebürtige Ungar zudem einen Namen geschaffen. Neben der Doppelbogenbrücke schuf der Bauingenieur gemeinsam mit der Planungsgruppe für Architektur, Städtebau und Denkmalschutz der Architekten Feldmeier + Wrede im Zuge des BUGA-Umbaus weitere neue Verbindungen auf dem ehemaligen Zechengelände, wie etwa die Gitternetzbrücke oder die Stege West: So entstand ein
Ensemble von fünf außergewöhnlichen Bauwerken aus Stahl, die mit ihren unterschiedlichen Formen auf die Geschichte des Nordstern-Geländes und auf die Emscherregion Bezug nehmen und dabei auch Elemente von historischen Bogenbrücken entlang des Rhein-Herne-Kanals aufgreifen.
Als zentrales Werk gestaltete das Team die Doppelbogenbrücke, die mit ihren markanten Bögen in BUGA-Rot am Kanalkilometer 21,605 seither die Wasserlandschaft prägt. Mit einer Gesamtlänge von 110 Metern und einer Bogenspannweite von 79 Metern ragt sie 36 Meter in die Höhe. „Allein die tragenden Stahlrohre der Hängebrücke haben einen Durchmesser von 1,15 Metern und wiegen 230 Tonnen“, erklärt Andreas Knolle, der beim Referat Verkehr der Stadt Gelsenkirchen für die Unterhaltung der Brücken und Ingenieurbauwerke verantwortlich ist. Es ist allerdings nicht allein ihre Größe, sondern auch ihre Form, die diese Brücke so besonders macht: Die lange Diagonale des Fuß- und Radsteges fügt sich mit dem leuchtend roten Doppelbogen des Haupttragwerkes zu einem asymmetrischen Ensemble, von dem Fachleute der Architekturszene bei der Eröffnung schwärmten: „Die Brücke stellt eine begehbare Raumplastik mit großer Signifikanz dar“. 2001 wurde das Bauwerk mit dem Renault Award for Traffic Design ausgezeichnet.
Die für Fahrradfahrer und Fußgänger ausgelegte Fahrbahn der Brücke scheint indes über dem Wasser zu schweben, da sie mit Abspannseilen an den Doppelbögen angehängt ist. Aus der Fußgängerperspektive wird zudem kaum ersichtlich, dass die markanten roten Bögen der Brücke parallel zueinander und rechtwinklig zum Ufer angebracht sind. „Das ganze Tragwerk ist schon sehr besonders und die Art der Brückenkonstruktion ist einzigartig“, betont Brücken-Fachmann Andreas Knolle. Allerdings machte genau diese atemberaubende Konstruktion die Sanierung der Brücke zu einem „Riesenaufwand“, wie Andreas Knolle erklärt: „Es musste eigens dafür eine Gerüstkonstruktion geschaffen werden, die es Schiffen erlaubte, den Kanal weiter zu nutzen, denn so einen wichtigen Wasserweg kann man nicht einfach für Monate sperren.“
Fast ein Jahr lang dauerte von 2013 bis 2014 die Sanierung der Brücke, die nötig geworden war, weil tragende Teile Korrosionsschäden aufwiesen. Für rund zwei Millionen Euro wurde die markante rote Lackierung der Doppelbogenbrücke zunächst abgetragen und dann in wetterfester Form erneut aufgetragen. Rund eine Million Euro der Kosten übernahm dabei der Regionalverband Ruhr (RVR). Seither erstrahlen die beiden Bögen des Bauwerks in leuchtend rotem Farbton RAL 3000 und sind sowohl bei Tageslicht als auch in der Nacht ein echter Hingucker – und das schon 25 Jahre lang. Ihr Erbauer Stefan Polónyi verstarb im April 2021 im Alter von 90 Jahren in Köln – genau ein Vierteljahrhundert, nachdem der Startschuss für sein Gelsenkirchener Brücken-Meisterwerk fiel.