16. September 2016, 14:00 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Eröffnung 1. Gelsenkirchener Wohnungsmarktkonferenz, Hans-Sachs-Haus; 16. September 2016
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
herzlich willkommen im Hans-Sachs-Haus, herzlich willkommen zu unserer ersten Gelsenkirchener Wohnungsmarktkonferenz. Schön, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind, um mit uns über ein Thema zu sprechen, das auf den ersten Blick in unserer Stadt vielleicht noch kein besonders kritisches und damit besprechungswürdiges zu sein scheint. Oder vielleicht doch? Oder vielleicht noch nicht? Auch das versuchen wir heute näher zu beleuchten.
Fest steht: Der Wohnungsmarkt in Gelsenkirchen wie im Ruhrgebiet insgesamt ist im Verhältnis zu vielen anderen deutschen Städten sicher als noch relativ entspannt zu charakterisieren. Wir haben hier noch keine explodierenden Mieten, die eine Mietpreisbremse nötig machen. Wir haben keine soziale Verdrängung an die Ränder. Wir haben keine Wohnungsnot. Aber warum erst handeln, wenn es zu spät ist? Gerade jetzt ist für uns der richtige Zeitpunkt, uns über Entwicklungen Gedanken zu machen, die wir in anderen Städten schon längst beobachten können, die womöglich auch auf uns zukommen. Weil wir jetzt noch in der Lage sind, sie zu gestalten. Im Vorfeld gewisse Problemlagen womöglich gar nicht erst entstehen zu lassen. Deswegen wollen wir uns gerade jetzt mit allen relevanten Akteuren auf dem Wohnungsmarkt austauschen, uns vernetzen und gemeinsame Gestaltungsstrategien entwickeln. Denn wer weiß: Vielleicht liegt gerade in dieser leicht verzögerten Entwicklung auch eine Riesenchance? Gelsenkirchen wird jedenfalls jetzt schon als attraktiver Wohnstandort mitten im Ruhrgebiet gerade von jungen Familien verstärkt nachgefragt. Das hat auch etwas mit der hervorragenden Betreuungsinfrastruktur zu tun. Aber das hat auch damit zu tun, dass hier die Mieten noch relativ erschwinglich sind, dass man sich hier ein Eigenheim noch leisten kann. In Gelsenkirchen lässt es sich herrlich wohnen. Von luftigen Gartenstadtsiedlungen, modernen Neubaugebieten am Wasser bis hin zu urbanen Gründerzeitquartieren mit Altbaucharme. Das ist mittlerweile sogar für Unternehmen ein ganz handfester Standortfaktor geworden. Wie können wir dieses Potenzial des Wohnstandorts Gelsenkirchen weiter erschließen? Wir können wir Gelsenkirchen als Wohnstandort im Herzen des Ruhrgebiets weiter profilieren? Auch darum wird es heute gehen
Und was heißt eigentlich: „entspannter Wohnungsmarkt“ in Gelsenkirchen? In ganz vielen Teilbereichen unseres Wohnungsmarkts gibt es auch jetzt schon eine ganze Reihe von Einflussfaktoren und Kräften, mit denen wir umgehen müssen. Da haben wir auf der einen Seite immer noch eine hohe Leerstandsquote, die dafür spricht, dass zumindest ein Teil unseres Wohnungsmarktes nicht so richtig marktfähig ist und um den sich in Teilen eine ganz eigener Markt entwickelt mit gewissen sozialen Folgen, die uns Probleme machen. Da ist auf der anderen Seite die Tatsache, dass wir in bestimmten Segmenten auch zu wenige Wohnungen haben: Die Nachfrage nach barrierefreien Wohnungen in der Stadt ist jedenfalls immer noch deutlich höher als das Angebot. Also müssen wir uns hier die Frage stellen: Haben wir zu wenig vom Richtigen und zu viel vom Falschen? Und wie kriegen wir mehr vom Richtigen?
Und auch wenn die Leerstandsquote noch hoch ist – der Druck auf den Markt nimmt natürlich zu. Denn Gelsenkirchen ist eine wachsende Stadt. In den letzten drei Jahren haben wir knapp 10.000 Einwohner dazugewonnen. Darunter natürlich auch viele Zuwanderer und in jüngster Zeit auch Flüchtlinge, die alle auf ein bestimmtes Marktsegment drängen und bezahlbaren Wohnraum suchen. Und auch am anderen Ende der Skala verzeichnen wir eben wie erwähnt eine gestiegene Nachfrage. Hochwertiges und auch höherpreisiges Wohnen, vor allem hochwertige Eigenheime werden in Gelsenkirchen stark nachgefragt. Das zeigt ja die sehr erfolgreiche Vermarktung der vielen neuen Baugebiete in den letzten Jahren, auch der städtebaulich anspruchsvolleren Projekte wie das Stadtquartier Graf Bismarck oder nun der Buersche Waldbogen. Und auch der Immobilienmarkt in Gelsenkirchen ist in guten Lagen mittlerweile „leegefegt“. Auch hier müssen wir uns die Frage stellen: Mit welchen Strategien, mit welchen Projekten können wir diese ganz unterschiedliche Nachfrage und ganz unterschiedlichen Ansprüche an den Wohnstandort Gelsenkirchen auch weiterhin bedienen? Und mit welchen können wir vielleicht auch weitere Nachfrage erzeugen?
Sie merken: Ich stelle heute lauter Fragen. Die Antworten werden wir sicher nicht alle heute schon finden. Aber ich würde mich freuen, wenn es uns gelingt, heute einen Gesprächsfaden zu finden, den wir in Zukunft weiter knüpfen, ihn stärker werden lassen und der uns zu Antworten, neuen Ideen, Konzepten, Strategien und am Ende auch zu konkreten Projekten führen kann.
Vielleicht gelingt es uns, gemeinsam einen Wohnungsmarkt zu gestalten, in dem sehr viel Potenzial liegt. Vielleicht gelingt es uns, gemeinsam ganz neue Möglichkeiten und Ansätze zu finden. Klar, in der Wohnungswirtschaft muss man am Ende immer auch in Geschäftsmodellen und Renditen denken. Aber man kann ja manchmal auch mit dazu beitragen, ein Geschäftsmodell erst hervorzubringen. Ein Umfeld, ein Klima zu schaffen, in dem eine nachhaltige, dauerhafte, eine für alle gesunde Rendite möglich ist. Und zwar hier vor der Haustür, dafür muss man gar nicht weit weg, nach Wien etwa oder noch weiter…
Vor allem aber kann man eines: Man kann mehr schaffen, wenn man es gemeinsam angeht. Wenn ganz viele Akteure sich gemeinsam und koordiniert mit ihren Aktivitäten auf einen Ort konzentrieren, dann ergibt sich recht schnell eine spürbare Eigendynamik, dann kann sich eine Lage, ein Quartier, ein Geschäftsumfeld ganz schnell auch komplett verändern. Das ist ja das Prinzip unserer integrierten Stadtentwicklung, unserer Stadterneuerung, die wir hier in einem Umfang und einer Qualität umsetzen, die deutschlandweit so gut wie einmalig ist. Immerhin rund 100.000 Menschen leben bei uns in den Stadterneuerungsgebieten und profitieren davon, dass wir als Stadt bauliche wie soziale Impulse setzen und dabei dann eben auch ganz viele verschiedene Akteure mitmachen. Diese vernetzte Herangehensweise praktizieren wir an ganz vielen Stellen in der Stad sehr erfolgreich. Sie kann vielleicht auch ein Modell für den Wohnungsmarkt sein.
Ich freue mich jedenfalls auf den Beginn eines fruchtbaren und langfristigen Austausches mit Ihnen!
Glück auf!