30. Juni 2017, 17:00 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Rede von OB Frank Baranowski zu 25 Jahre Westfälische Hochschule
- Es gilt das gesprochene Wort! -
Sehr geehrter Herr Prof. Kriegesmann,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
das Semester neigt sich dem Ende zu, die Jagd nach den Credit Points ist bald abgeschlossen. Nicht mehr lange, dann wird dieser Campus zu einem ruhigen Ort, weil keine Seminare mehr auf dem Programm stehen, sondern Praktika. Wobei ich hoffe, dass den Studierenden auch noch ausreichend Zeit für etwas Urlaub bleibt…
Fern ist das alles nicht mehr, und doch heute nur schwer vorzustellen. Denn heute ist dieser Campus ein lebendiger Ort, heute gilt es zu feiern, nicht nur den Ausklang des Studienjahres, das erfolgreiche Absolvieren eines Studienjahres, was ja auch schon ein schöner Anlass wäre. Nein, es ist mehr und wuchtiger: Die Westfälische Hochschule, die mit ihren Gebäuden ja immer noch so jung und frisch aussieht, als wäre sie gerade erst bezogen worden, ganz im Unterschied zu so mancher Universität – diese Hochschule hat inzwischen schon ein ganzes Vierteljahrhundert auf dem Buckel – und natürlich ist das ein Anlass zum Feiern!
Ja, die Westfälische Hochschule hat mittlerweile ein Alter und die Reife erreicht, in der zumindest der Bachelor-Abschluss in der Tasche sein dürfte. Sie hat sich etabliert und ein eigenes Profil gewonnen – was nicht nur für die Hochschule eine schöne, eine beruhigende Tatsache ist, sondern auch für unsere Stadt, für die Stadt, in der die Hochschule ihren Hauptsitz hat. Fachhochschule Gelsenkirchen, so hieß diese Einrichtung ja einmal, über viele Jahre, mit großer Berechtigung übrigens, weil sie genau das war und auch heute noch ist – eine Fachhochschule für Gelsenkirchen, für das nördliche Ruhrgebiet, für die Wirtschaft dieser Stadt und der Region wie auch für die jungen Leute, die hier mitanpacken wollen und dafür auch das nötigen Wissen und die erforderlichen Methoden hier erlernen können!
Die Fachhochschule Gelsenkirchen – pardon: die Westfälische Hochschule – ist zwar mit 25 Jahren eine noch recht junge Hochschule. Da gibt es viel ältere in unserem Land. Doch diese Idee zu dieser Einrichtung ist ein gutes Stück älter. Über viele Jahre und Jahrzehnte wurde ja daran gearbeitet, eine Hochschule ins nördliche Ruhrgebiet zu bekommen; immer wieder wurde auf städtischen Plänen ein Terrain für eine Hochschule ausgewiesen. Und, das will ich nicht verschweigen, es gab auch immer wieder Stimmen, die nicht dafür waren, weil sie wertvolle Flächen nicht für so etwas Brotloses wie eine Hochschule hergeben wollten. Da sollten doch lieber die neuen zukunftsweisenden Arbeitsplätze hin, ein Werk von Opel etwa oder Nokia... Tja, das war, als der Strukturwandel längst schon in Gang, aber noch nicht in allen Köpfen angekommen war. Oder zumindest nicht richtig verstanden wurde.
Inzwischen ist das anders, ganz anders. Und die Westfälische Hochschule zählt heute zu den Treibern des Strukturwandels im nördlichen Ruhrgebiet. Sie zeigt immer wieder beispielhaft, wie von anwendungsbezogener Forschung und Wissenschaft Impulse ausgehen können für die Unternehmen einer Region. Sie ermöglicht die Gründung neuer Unternehmen im Bereich der Spitzentechnologie, sie befeuert den Wandel und die Erneuerung bereits bestehender Unternehmen, sie stellt den Wirtschaftsbetrieben der Region Fachkräfte zur Verfügung. Man könnte auch sagen: Sie erfüllt fast idealtypisch den Auftrag einer Fachhochschule.
Zugleich hat sie über die Beschäftigung mit der Spitzentechnologie nicht vergessen, wo sie herkommt, warum sie gegründet wurde. Diese Hochschule, sie war ein Arbeiterkind – und sie ist noch heute für Arbeiterkinder da. Während es vielerorts für Arbeiterkinder schwer ist, studieren zu können, unterstützt die Westfälische Hochschule diese Jugendlichen ganz gezielt, und das nicht erst mit der Immatrikulation, sondern schon vorher. Sie fahndet bereits in den Schulen nach Talenten und begleitet diese Talente auf dem Weg zum Studienabschluss. Diese Form der Talentförderung ist hier an der FH entwickelt worden, und sie hat von hier aus Kreise gezogen, sie wurde andernorts kopiert, was auch eine Form von Anerkennung ist. Und sie hat mit dazu geführt, dass das Land NRW schließlich ein Talentzentrum begründet hat, und das völlig zu Recht genau dort, wo die Idee herkommt, in Gelsenkirchen!
Ich will auch gerne hinzufügen: Die Anstrengungen der Westfälischen Hochschule treffen sehr genau den Bedarf in Gelsenkirchen und in den Nachbarstädten. Und mehr noch: Diese Anstrengungen passen exakt zu den ebenfalls recht umfangreichen Anstrengungen unserer Stadt für die bestmögliche Bildung junger Gelsenkirchener. Sie passen exakt zu unserer Überzeugung, dass es nicht vom Geldbeutel, der Herkunft oder dem Bildungsgrad der Eltern abhängen darf, welche Chancen ein Kind im Leben hat!
Zum Glück ist es so: Die Fachhochschule hat zwar irgendwann den Namen geändert – Sie hat aber, was letztlich viel wichtiger ist, nie den Kontakt und das Verständnis für die soziale Realität verloren, für die Stärken und auch besonderen Bedarfe dieser Stadt und dieser Region. Sie verbindet anwendungsorientierte Wissenschaft mit einem gesellschaftlichen Auftrag, ohne Abstriche auf dieser oder jener Seite. Der damalige Ministerpräsident Johannes Rau, der am 15.01.1992 die Gründung einer eigenständigen „Fachhochschule Emscher-Lippe“ ankündigte, hätte bestimmt seine Freude an dieser Entwicklung.
Das ist keine Selbstverständlichkeit, das ist alles andere als das, es ist eine echte Errungenschaft, die es auch in Zukunft zu bewahren gilt, immer wieder neu. Darum gratuliere ich dieser Einrichtung heute auch ganz herzlich – für ihr 25-jähriges Bestehen, aber auch eben dafür, dass Sie in diesen 25 Jahren sich dieses Profil erarbeitet und bewahrt haben! Meinen herzlichen Glückwunsch – und alles Gute für die nächsten 25 Jahre!
Glück auf!