09. Februar 2017, 11:19 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Kolumne von Oberbürgermeister Frank Baranowski
Liebe Gelsenkirchenerinnen, liebe Gelsenkirchener!
Seit Wochen hängt das Banner am Dach unseres Musiktheaters, Sie haben es bestimmt schon gesehen, auf dem Weg zur oder aus der Gelsenkirchener City, und die Aufschrift gelesen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Keine Frage: Der Satz passt an diese prominente Stelle, denn er hat Kraft, ist aktuell, immer und überall – besonders aber jetzt. Darum wollen wir 2017 in unserer Stadt zu einem Jahr der Menschenwürde machen.
Die Würde des Menschen ist unantastbar: Selbst wer sich nur selten mit Politik befasst, kennt diesen Satz. Auch wer kaum einmal einen Gesetzestext aufschlägt, kann ihn sofort zuordnen – so lautet der erste Satz unserer Verfassung. Mit diesen sechs Worten beginnt der erste Artikel unseres Grundgesetzes.
Nach wie vor beeindruckt, ja begeistert mich, wie knapp und klar dieser Satz ist, der so viel Bedeutung hat. Denn im Grunde baut ja unsere gesamte Rechtsordnung auf dieser Aussage auf. Alle weiteren 145 Grundgesetz-Artikel dienen mehr oder weniger nur dazu, diesem einen elementaren Anliegen in möglichst vielen Situationen Geltung zu verleihen. Die Menschenwürde zu achten und schützen, so heißt es im Grundgesetz, „ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
In unserer Stadt – und das gerät niemals aus dem Blick – wollen wir dieser Pflicht nachkommen, zu jeder Zeit und ohne jeden Abstrich. Was auch immer wir tun, stets steht dieser Anspruch hinter dem Handeln der Stadtverwaltung. Er steht auch hinter dem Handeln unserer Partner, ob es nun ein Wohlfahrtsverband ist oder die Polizei. Und egal, wofür wir arbeiten, ob für eine gute wirtschaftliche oder städtebauliche Entwicklung, ob in der Bildung oder in einer sozialen Aufgabe – immer geht es darum, Menschen zu stärken, ihre Würde zu sichern und von niemandem antasten zu lassen.
Die Würde des Menschen ist unantastbar: In diesen Tagen muss man sich leider häufiger fragen, wie viele Menschen sich an diesen Anspruch gebunden fühlen. Vor allem, weil machtvolle Politiker wie der neue US-Präsident offensichtlich wenig mit diesem Gedanken anfangen können – und weil diese offen ausgelebte Geringschätzung nicht ohne Folgen bleiben wird. Aber wir brauchen nicht mit den Fingern nur auf die Mächtigen der Welt im Ausland zeigen. Die Aufforderung, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen, sie richtet sich auch an uns, an jeden Einzelnen.
Manche Entwicklung kann einem da Sorgen bereiten, wahrscheinlich nehmen Sie das nicht viel anders wahr als ich. Wenn man beispielsweise sieht, welcher Ton in den Kommentarspalten vieler Internet-Seiten herrscht, was teilweise auf Facebook gepostet wird oder auch, wie manche Menschen im Fernsehen, ob freiwillig oder nicht, bloßgestellt werden – dann fragt man sich schon: Wie viel Respekt bringen wir eigentlich anderen Menschen entgegen? Achten wir wirklich ihre Würde?
Eigentlich ist es eine ganz einfache Forderung: Wir alle sollten das tun, was die Würde aller Beteiligten erhält, und im Gegenzug das unterlassen, was sie gefährdet. Das ist im Grunde nichts Besonderes, denn es ist genau das, was wir alle von Anfang an gelernt haben. Das ist es, was das Zusammenleben von Menschen ausmacht.
Auf der anderen Seite ist es doch etwas Besonderes, weil es so wichtig, so kostbar und so ganz und gar unverzichtbar ist. Darum wollen wir in Gelsenkirchen, in unseren Kindertagesstätten, in den Schulen, aber auch an anderen Orten das Jahr 2017 auf das hinweisen, was entscheidend ist, auch wenn man es häufig nicht ausspricht.
Wir wollen bei vielen Gelegenheiten auf diesen tragenden Gedanken und seine Bedeutung hinweisen, gerade in den Bildungseinrichtungen. Denn vieles darf, soll und kann sich ändern, 2017 und danach – doch eines eben niemals: Die Würde des Menschen ist und bleibt unantastbar.