16. Januar 2015, 20:30 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
- Es gilt das gesprochene Wort -
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener,
liebe Gäste,
schon schön! Gerade, wenn ich das ehrlicherweise sagen darf, von hier vorne aus. Da sehe ich: Unser Musiktheater im Revier, dieses so staunenswert schöne Gebäude, einmal mehr richtig gut besucht, vielleicht nicht ganz bis auf den letzten Platz, aber das muss kein Nachteil sein, denn so bleibt später im Foyer noch Raum zum Schlendern. Zuvor haben uns die Musiker des MiR eine Kostprobe aus einer der beliebtesten Opern überhaupt gegeben, bevor die Zauberflöte am Sonntag wieder auf den Spielplan zurückkehrt. Außerdem übernehmen gleich zwei sehr profilierte Gäste auf der Bühne das Wort – und, das Wichtigste: Sie sind mit dabei. Sie haben unsere Einladung angenommen, und das freut mich. Seien Sie ganz herzlich willkommen zum Neujahrsempfang der Stadt Gelsenkirchen 2015!
Es ist schön, dass Sie mit dabei sind, wenn wir den Beginn des neuen Jahres noch einmal stadtöffentlich begehen – auch wenn die guten Vorsätze bereits zwei Wochen dem Alltag ausgesetzt sind. Aber noch ist 2015 ein junges Jahr. Und es ist eines, das für unsere Stadt erneut ein wichtiges und spannendes sein wird. Eines, das Spuren hinterlassen wird. Warum? Weil unsere Stadt noch nicht ganz da ist, wo wir sie hinbewegen wollen. Weil sie noch immer ihre Potenziale vergrößern und besser entfalten kann.
Und daran werden wir in den nächsten elfeinhalb Monate mitwirken – ob Sie nun als unsere Vertreterin oder unser Vertreter im Europaparlament, im Bundes- oder Landtag Einfluss auf den rechtlichen und finanziellen Rahmen nehmen. Oder ob Sie in Unternehmen oder Gewerkschaften für Arbeitsplätze und gute Arbeitsbedingungen tätig sind; ob Sie sich in den Religionsgemeinschaften, sozialen Initiativen oder Wohlfahrtsverbänden für ein vernünftiges Miteinander einsetzen; ob Sie in Kultur, Bildung oder Sport Menschen bereichern – oder sich wie unsere jüngsten Gäste, die besten Absolventinnen und Absolventen der Gelsenkirchener Schulen im Jahr 2014, darauf vorbereiten, künftig diese Stadt mitzuprägen. Ja, ich freue mich sehr, dass auch Sie heute Abend hier sind!
Ganz besonders begrüßen möchte ich zwei Personen, die diesen Abend so erst möglich machen und mitgestalten. Ein großes Dankeschön gilt zunächst Ihnen, sehr geehrter Herr Mosbacher, sowie allen Vertreterinnen und Vertreter der Stölting Service Group, unserem heutigen Sponsor – ohne Sie könnten wir diesen Abend nicht in dieser Form durchführen!
Und ich möchte unseren heutigen Gastredner begrüßen, den wir kennen, seit er vor 25 Jahren als Landesminister für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr die IBA Emscher Park angestoßen hat – und damit hat er sich, das muss man einfach so sagen, um die Städte entlang der Emscher sehr verdient gemacht. Professor Christoph Zöpel war mit dabei, als die Internationale Bauausstellung vor einem Vierteljahrhundert eröffnet wurde – und zwar genau hier, in diesem Haus, im Musiktheater im Revier. Weil er in Bochum wohnt, hat er Gelsenkirchen nicht mehr aus den Augen verloren, nach der IBA war er Bundestagsabgeordneter und Staatsminister im Auswärtigen Amt, heute ist er Honorar-Professor der Technischen Universität Dortmund und ein international gefragter Experte zum Thema Stadtentwicklung. Es gibt nicht viele, die zu diesem Thema so kundig referieren können – und darum bin ich sehr froh, dass Du, lieber Christoph Zöpel, heute unser Gast bist!
Ich bin sehr gespannt auf Deinen Blick auf unsere Region und ihre Städte, 25 Jahre nach der IBA. Aber zuvor will ich ebenfalls einige Worte zur Lage unserer Städte sagen, namentlich zur Lage der Stadt Gelsenkirchen am Beginn des neuen Jahres. Zu einem Zeitpunkt also, an dem wir uns alle noch fragen, was uns dieses Jahr bringen wird. Und zu einem Moment, da all unsere Zukunftsprognosen und Gedanken noch unter dem Eindruck der vergangenen Woche stehen – vor allem unter dem Eindruck der brutalen Anschläge von Paris. Wobei für mich zu diesen unguten Eindrücken auch die fremdenfeindlichen Demonstrationen in Dresden gehören sowie ihre versuchten Ableger.
Darum sage ich es sehr klar:
Wir in Gelsenkirchen leben in einer bunten Stadt, in einer Stadt mit Menschen aus mehr als 100 Nationen und vielen unterschiedlichen Religionen – und wir leben sehr gut mit dieser Vielfalt. Wir Gelsenkirchener wollen und werden weiter in einer freien und toleranten Stadt und Gesellschaft leben, denn uns alle, egal wo wir herkommen, verbindet eine Überzeugung, die im ersten Artikel unseres Grundgesetzes sehr schön formuliert ist: Die Würde des Menschen – jedes Menschen! – ist unantastbar. Oder, um es mit den Transparenten hier am MiR zu sagen: Heimat ist da, wo man sich nicht erklären muss. Und wir in der Heimat Gelsenkirchen sind ganz entschieden gegen Ausgrenzung, Intoleranz und Gewalt!
Wobei man es auch so sehen kann: Beides, die Anschläge wie die Dresdener Demos, sind Symptome von missglücktem städtischen Leben und missglückter Integration. Sie machen deutlich, dass das Miteinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft, unterschiedlicher Lebensstile und Lebenslagen auch scheitern kann. Dass irrationale Ängste und Feindseligkeiten dieses Miteinander torpedieren können. Und das wirft Fragen auf, auch an Sie und mich: Was können wir tun, um unser Gemeinwesen vor Angst und Feindseligkeiten zu bewahren? Wie können wir es erreichen, bei uns in Gelsenkirchen, bei all diesen Schwierigkeiten, mit denen unsere Stadt ja ohnehin zu kämpfen hat – dass es uns gelingt, diese doch so lebendige und tolerante, auch kreative und solidarische Stadtgesellschaft, die wir alle so schätzen – wie können wir sie 2015 erhalten und möglichst noch weiter voranbringen?
Ja, das wird eine große Aufgabe:
Auch in diesem Jahr in Gelsenkirchen die Bilder dominieren zu lassen, die uns Freude machen. Zum Beispiel das Bild des älteren Mannes, der Kindern in der nahe gelegenen Grundschule vorliest und ihnen beim Lesen- und Schreiben-Lernen hilft, obwohl es nicht seine eigenen Enkel sind. Oder das Bild der Frau mit dem berühmten Migrationshintergrund, die ältere Menschen im Seniorenheim in ihrem Viertel besucht. Oder die immer wieder schönen Momente einer kleinen Aufmerksamkeit, wenn jemand älteren Damen die Einkaufstasche trägt oder Menschen mit Kinderwagen oder Rollstuhl die Tür aufhält. Dass sich eine junge Frau ehrenamtlich um Flüchtlinge kümmert, dass ein junger Mann für eine kleine Entschädigung Ferienfreizeiten von Gelsenkirchener Kinder begleitet, die vielleicht sonst keinen schönen Urlaub hätten.
Solche Beobachtungen sind vielfach gelebter Alltag in Gelsenkirchen, sie gehören einfach zu unserer Stadt. Möglich werden diese Momente durch die Haltung einzelner Personen, durch das, was man früher mal „Herzensbildung“ genannt hätte. Jeder Einzelne von uns kann da auch 2015 etwas zu beisteuern, und um die Wahrheit zu sagen: Um die Herzensbildung der Gelsenkirchener ist mir nicht bange. Als Oberbürgermeister bin ich mir jedoch auch sehr bewusst: Zum guten Miteinander gehört noch mehr. Es hat Voraussetzungen, die nicht allein beim Einzelnen liegen. Jeder von uns reicht Anderen schneller die Hand, wenn er oder sie sich selbst wohl, sicher und respektiert fühlt. Und genau an dieser Basis müssen wir in unserer Stadt immer wieder arbeiten, denn Stadt und städtisches Zusammenleben ist auch Arbeit. Wobei wir, die Gelsenkirchener Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Stadtverwaltung, unsere Aufgabe längst schon aufgenommen haben.
Zu diesen Gelingens-Bedingungen gehört natürlich an erster Stelle, und das wird Sie aus meinem Mund nicht überraschen, eine gute Bildung – und zwar für jedes Kind, für jeden Menschen. Keiner soll das Gefühl haben, abgehängt zu sein – und umgekehrt soll auch keiner glauben müssen, er könne auf andere herabschauen. Nein, jeder soll in der Lage sein, sein Leben selbst in die Hand nehmen zu können! Unser städtisches Engagement dafür ist bekannt, und dabei wollen wir nicht nachlassen. Wir haben gerade wieder innerhalb von nicht einmal zwei Jahren sechs Kitas neu errichtet oder deutlich ausgebaut; die Gesamtzahl der städtischen Kitas hat sich seit 2007 von 48 auf 67 erhöht. In der Summe ist das eine starke Investition in Quantität wie Qualität der Kinderbetreuung – und ein klares Bekenntnis zur Zukunft unserer Stadt. Dazu passt sehr gut, dass die Zahl der in Gelsenkirchen geborenen Kinder wieder steigt – dass unsere Stadt wieder eine wachsende Stadt ist!
An zweiter Stelle gehört zu diesen Gelingens-Faktoren eine gute gesamtstädtische Entwicklung, eine Entwicklung, die Menschen Chancen und Perspektiven eröffnet. Und da müssen wir uns im Ruhrgebiet immer noch ganz besonders ins Zeug legen. Unternehmensansiedlungen wie jene auf dem Gelände der früheren Chemischen Schalke, die unseren Beschäftigungszuwachs weiter vorantreiben wird, sind wichtig. Aber auch die Ansiedlungserfolge haben Vorbedingungen, und das sind unsere jahre- bis jahrzehntelangen Anstrengungen der Stadterneuerung.
Da wir Christoph Zöpel unter uns haben, will ich es gerne ausdrücklich sagen: Dabei bewegen wir in Gelsenkirchen uns seit Jahren in der Nachfolge der IBA Emscher Park. Denn die IBA hat uns ja nicht allein den Wissenschaftspark und einige andere Gebäude und Landmarken geschenkt, sie war mehr als die Summe schöner Einzelprojekte. Obwohl auch das schon viel wäre. Denn ohne die IBA hätte es zum Beispiel die Bundesgartenschau nicht gegeben und dann hätten wir nicht die Konzernzentrale eines der größten deutschen Wohnungsunternehmen im Nordsternpark sitzen… Aber die IBA war auch eine echte Zäsur in den Köpfen, sie markiert nicht weniger als den Beginn einer ganz neuen Stadtplanung an der Emscher: Erst seit der IBA Emscher Park orientiert sich die Stadtplanung nicht mehr primär an der Großindustrie, sondern ebenso an den Bedarfen kleiner und mittlerer Unternehmen – und vor allem an den Wünschen und Anliegen der Menschen!
Mit diesen Orientierungspunkten arbeiten wir permanent an der Erneuerung unserer gebauten Stadt – in den Zentren wie in den Wohnquartieren; südlich wie nördlich des Kanals, von Ückendorf bis Hassel; als einzelne Stadt und auch gemeinsam mit Nachbarn wie im stadtübergreifenden Erneuerungsgebiet Hassel/Bertlich/Westerholt. Der Wandel wird derzeit vor allem in der Gelsenkirchener City sichtbar, wo der Heinrich-König-Platz langsam seine neue Gestalt annimmt. Für die Re-Vitalisierung der Bochumer Straße haben wir einen Masterplan formuliert, der uns in den kommenden Jahren helfen wird, die Potenziale rund um Heilig-Kreuz zu heben und leuchten zu lassen – denn selbstverständlich wollen und werden wir auch diesem Teil der Stadt Hoffnung und Mut für eine gute Zukunft machen!
Inzwischen gibt es elf aktuelle und frühere Erneuerungsgebiete in Gelsenkirchen, mehr als 100.000 Menschen leben in erneuerten Stadtteilen. Und es ist einfach so: Kaum eine andere Stadt hat im Vergleich zur Einwohnerzahl so viel angepackt wie Gelsenkirchen – und doch sind wir längst noch nicht am Ziel.
Gerade führen mit der ehemaligen Zeche Westerholt die letzte größere Gelsenkirchener Montanfläche einer neuen Nutzung zu – und schließen damit ein großes Kapitel des Strukturwandels und der Stadterneuerung. Während das neue Kapitel Stadterneuerung immer mehr so aussieht, dass wir am offenen Herzen der Stadt arbeiten, mitten in einem pulsierenden Gemeinwesen. Und das vornehmlich mit unseren eigenen Kompetenzen, ganz im Unterschied zur IBA oder zur Stadterneuerung in Bismarck, als die Expertise meist noch von außen kam. Wir arbeiten mit der wachsenden Kompetenz der Stadtverwaltung und mit der Kompetenz der Menschen vor Ort. Denn für mich ist ganz klar: Wer in einem bestimmten Wohngebiet lebt, der kann auch viel besser als jeder andere sagen, wie sich dieses Lebensumfeld entwickeln soll!
Und damit bin ich bei einer dritten Gelingens-Bedingung für gutes städtisches Leben, die wir von 2015 an noch stärker in den Blick nehmen wollen: Wir wollen gemeinsam mit den Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchenern den konkreten Raum stärken, an dem unser Leben stattfindet. Jenen Raum, der weniger eine gemessene, sondern vielmehr eine erlebte, gefühlte Größe ist. Das Dorf innerhalb der Stadt. Das Quartier. Da, wo Sie und ich unsere Nachbarn kennen, wo man sich grüßt, hilft und auch aufeinander Rücksicht nimmt. Wo wir uns nicht beschweren, wenn das Fußballspiel auf dem Garagenhof mal laut wird – weil es eben die Nachbarskinder sind. Und wo immer jemand ein Auge darauf hat, wenn Oma Krause Hilfe beim Einkaufen braucht – und es auffällt, wenn sie ein paar Tage nicht vor die Tür geht.
Ich will ich da kein zu idyllisches Bild malen, denn es gibt ja auch Gegenkräfte, die Nachbarschaften schwächen. Der Leerstand trifft einzelne Straßenzüge und reißt Löcher ins soziale Netz. Die Nahversorgung ist immer wieder ein Thema, selbst in intakten Vierteln – wobei auch klar ist, dass weder Stadt noch Staat Einkaufsmöglichkeiten stellen können. Dennoch will ich ganz klar sagen: Lebendige Viertel machen eine Stadt aus – und sind ein ganz wichtiges Ziel unserer Arbeit!
Darauf achten wir in der Stadterneuerung, aber auch in anderen Politikfeldern. Begonnen haben wir bei den Menschen, die einen besonderen Blick für ihr Umfeld haben: bei den älter werdenden Frauen und Männern. Wir haben in Gelsenkirchen viel früher als andere eine aktive Seniorenpolitik an den Start gebracht. Wir haben seit 2005 in einem großen Prozess, zu dem sehr viele Menschen mit ihren Ideen und ihrer Zeit beigetragen haben, unser Gelsenkirchener Seniorennetz aufgebaut. Heute ist es geknüpft aus den Angeboten von Wohlfahrtsverbänden, kooperierenden Pflegediensten, Ärzten und Apotheken, Wohnungsgesellschaften, aus den ZWAR-Gruppen, den städtischen Info-Stellen – und nicht zuletzt den von uns ausgebildeten Seniorenvertretern und Nachbarschaftsstiftern, die als ehrenamtliche Ansprechpartner bereitstehen und die sich um ihr unmittelbares Lebensumfeld kümmern.
Wenn wir dazu noch neue und nahe Anlaufstellen wie die zu Familienzentren ausgebauten Kitas mitdenken, die inzwischen echte wohnungsnahe Bildungs- und Veranstaltungsorte sind, und wenn wir auch die Stadtteilläden und -büros mitzählen – dann muss man sagen: Da kommt schon etwas zusammen. Da ist eine ganz neue Infrastruktur gewachsen, die es so vor einem Jahrzehnt noch nicht gab und die den Stadtvierteln künftig Halt geben kann.
Nun mögen Sie als weltläufige, als mobile und im Berufsleben verankerte Menschen sich vielleicht noch nicht so richtig dafür erwärmen – für ein aus der Seniorenarbeit heraus erwachsenes Generationennetz. Aber wir müssen schon ehrlich sein: Dieses Netz kann auch für Sie und mich wichtig werden – oder ist es bereits. Weil bereits unsere Eltern davon profitieren. Weil eben nicht nur älter werdende Menschen, sondern auch andere Gruppen barrierefreie Straßen und Plätze, Wohnungen und Bahnsteige schätzen – junge Väter und Mütter etwa oder Rollstuhlfahrer. Und weil belebte öffentliche Räume und ein achtsames Miteinander ganz einfach die Sicherheit und die Lebensqualität von uns allen steigern. Weil ein solches soziales Netz die beste Voraussetzung ist für all das, was wir uns vorstellen – für den menschlichen Umgang miteinander, bei dem niemand herausfällt!
Auch dafür finden wir übrigens Anerkennung von außen. Vor etwas mehr als einem Jahr haben wir uns mit unserem Generationennetz für ein großangelegtes Projekt des Bundesministeriums für Forschung und Bildung beworben. Da gab es insgesamt 80 Kommunen, die ihren Hut in den Ring geworfen haben, darunter wohlhabende Städte, die nie die Verwerfungen einer so rapiden De-Industrialisierung erlebt haben wie wir.
Und wahrscheinlich haben da im Vorfeld viele gedacht:
Na, Ihr aus Gelsenkirchen, schön dass Ihr es versucht, aber Ihr habt da doch keine Chance!
Wir haben uns trotzdem nicht klein gemacht, wir haben uns zu Recht nicht klein gemacht, sondern selbstbewusst beworben. Und am Ende haben wir den Zuschlag für die Teilnahme an einem millionenschweren Förderprojekt bekommen, bei dem technische Assistenzsysteme für Beleuchtung, Notrufe, Transport und anderes gefunden werden sollen – ein Projekt, das bestimmt auch unserer Wirtschaft Impulse geben wird. Und wir haben den Zuschlag ausdrücklich deshalb bekommen, weil wir in Gelsenkirchen ein so bemerkenswertes Netz geknüpft, weil wir ein so starkes bürgerschaftlichen Engagements im Quartier haben!
Im Zusammenhang mit dieser Arbeit ist mir wieder einmal aufgefallen, über was für ein enormes Potenzial wir in Gelsenkirchen verfügen, was für ein großes, wenn auch oft stilles Kapital wir haben. Gerade in den kommenden Jahren, wenn die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegszeit auf das Rentenalter zugehen, wird sich das bemerkbar machen – und auch das stimmt mich optimistisch. Denn viele dieser Frauen und Männer wollen sich nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben nicht einfach zur Ruhe setzen, sondern möchten gerne noch etwas tun, was sie mit anderen Menschen verbindet und was sie als sinnvoll empfinden. Manchmal fehlt es in dieser Übergangsphase noch an der konkreten Idee, hin und wieder auch am Zutrauen; darum ist es wichtig, dass wir von der Stadt nicht nur Gestaltungsspielräume zugestehen, sondern dass wir über das Generationennetz oder die Ehrenamtsagentur Vorschläge machen und auch Qualifizierungen anbieten. Dass wir den Menschen Mut machen, genau das zu tun, was sie tun können und was sie eigentlich auch tun wollen.
Inzwischen wird das, was in den Stadtvierteln geschieht, überwiegend von den Bürgerinnen und Bürgern getragen. Und das ist inzwischen nicht nur bei der Quartiersarbeit so, sondern auch bei der Stadterneuerung. Wie vorhin erwähnt: Zu Beginn, beim Erneuerungsprogramm Bismarck/Schalke-Nord waren das noch Prozesse, die von außen angestoßen und begleitet wurden. Inzwischen kommt der Impuls fast immer aus den Quartieren, aus den Stadtteilen – von den Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchenern. Das war in Hassel so, wo sich gerade die Angehörigen der beiden Kirchen und viele Unternehmerinnen und Unternehmen hervorgetan haben, und das wird auch in Rotthausen so sein. Da warten die Bürgerinnen und Bürger nicht darauf, bis das Land ihren Stadtteil zu einem offiziellen Stadterneuerungsgebiet ernennt und einen Förderzuschlag erteilt, da gründen die Rotthausener lieber selbst einen Verein, nehmen die Dinge selbst in die Hände und werden zu einem Motor der Stadtteil-Entwicklung!
Das ist sind Beispiele, die Rückenwind entfachen, die mich und andere motivieren, uns weiter für diese Stadt ins Zeug zu legen. Für eine Stadt, die dieses Engagement ganz sicher gebrauchen kann, die dieses Engagement aber auch verdient hat. Die auch zu Beginn des Jahres 2015 noch nicht die einfachsten Stadtbedingungen hat, jedenfalls nicht, wenn man auf die Standard-Indikatoren schaut. Aber es ist eine Stadt, die sich nicht klein machen muss, die ganz im Gegenteil durchaus selbstbewusst sein darf – denn bei uns bewegen sich sehr viele Dinge in richtige Richtung, weil viele Menschen das Nötige tun für ein gutes Miteinander, in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld wie auch im gesamten Gemeinwesen. Auf den nächsten Schritten dorthin wünsche ich Ihnen allen und unserer gemeinsamen Stadt Gelsenkirchen ein gutes und im besten Sinne bewegendes Jahr 2015!
Glück auf!