22. März 2018, 17:02 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Der Rat der Stadt Gelsenkirchen sieht die Herabstufung der Stadt Gelsenkirchen in die Mietstufe II sehr kritisch und stellt fest, dass damit wichtige wohnungs- und städtebauliche Entwicklungen unmöglich gemacht werden.
Daher appelliert er an die Landesregierung:
- Anlässlich einer verbesserten Finanzierungsbasis durch die Fortführung der Bundeszuschüsse für den Wohnungsbau über das Jahr 2019 hinaus sollte eine kurzfristige Überprüfung des Fördererlasses erfolgen.
- Hierbei sollte für Großstädte in Nordrhein-Westfalen unabhängig von der Auswertung der Angebotsmieten immer mindestens Mietenstufe III gelten, da nur diese Mietenstufe der besonderen Kostenbelastung in Großstädten, der Notwendigkeit zur Stadtreparatur und der dringend notwendigen Linderung der grauen Wohnungsnot gerecht wird.
- Um Befürchtungen auch von ortsansässigen Immobilieneigentümern auszuräumen, dass hier nur neuer Leerstand gefördert wird, bieten wir an, dass jährlich eine mindestens ausgeglichene Bilanz von Wohnungsabgängen im Rahmen der Stadterneuerung bzw. der Beseitigung von Schrottimmobilien einerseits und der Neuschaffung von modernen, öffentlich geförderten Wohnungen andererseits als Ziel gesetzt wird.
- Perspektivisch würde der Rat der Stadt Gelsenkirchen begrüßen, wenn das ganze Ruhrgebiet angesichts seiner komplexen Verflechtungen als eine gemeinsame Region der Wohnungsbauförderung betrachtet würde.
Die Landesregierung hat mit Wirkung zum 1. Februar 2018 die Förderrichtlinie für den sozialen Wohnungsbau in Nordrhein-Westfalen geändert. Hierbei wurde für die Stadt Gelsenkirchen eine Herabstufung von der Mietenstufe III in die Mietenstufe II vorgesehen. Mit dieser veränderten Mietenstufe werden die Konditionen für den sozialen Wohnungsbau in Gelsenkirchen massiv verschlechtert. Angesichts der aktuellen Situation im Baubereich, der immer noch anhaltenden Verschärfung der technischen Anforderungen und im Hinblick auf die besondere Kostenbelastung bei Neubauvorhaben in Großstädten mit montanindustrieller Vergangenheit, wird durch diese Verschlechterung der Förderkulisse der soziale Wohnungsbau in Gelsenkirchen absehbar zum Erliegen kommen.
Wir verkennen nicht, dass die soziale Wohnraumförderung in Nordrhein-Westfalen in erster Linie der Verminderung der materiellen Unterversorgung mit Wohnungen dienen soll. Eine solche quantitative Unterversorgung mit Wohnungen ist im Gelsenkirchener Wohnungsmarkt nicht gegeben. Ebenso erkennen wir an, dass auch die neue Landesregierung den verschärften Wohnungsmangel in Nordrhein-Westfalen zum Anlass nimmt, die soziale Wohnraumförderung verlässlich mit Rahmenbedingungen für die gesamte Legislaturperiode auszustatten.
Der Rat der Stadt Gelsenkirchen erkennt an, dass der Wohnungsmarkt in seiner Gesamtheit betrachtet werden muss. Zur Schaffung stabiler, lebenswerter Quartiere ist Neubau in allen Finanzierungsformen notwendig, ebenso wie ausreichende Anreize zur Bestandsmodernisierung sowie eine Erhöhung der Eigentumsquote.
Der Rat der Stadt Gelsenkirchen appelliert dringend an die Landesregierung, dass neben der rein quantitativen Betrachtung der Wohnungsmärkte auch die qualitative Situation auf den lokalen Wohnungsmärkten angemessen berücksichtigt wird und sich in der Ausgestaltung der Förderrichtlinie widerspiegelt. Die jetzt durch den Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung angestrebte Fortsetzung der Kofinanzierung des sozialen Wohnungsbaus durch den Bundeshaushalt ist hierfür der richtige Zeitpunkt.
Gerade in den Städten der Emscherregion, die jahrzehntelang durch eine eher rückläufige Bevölkerungsentwicklung geprägt waren, sind bereits in den vergangenen drei Jahrzehnten bezogen auf die Einwohnerzahl weniger Wohnungen neugebaut worden als in anderen Regionen des Landes. Diese geringe Bautätigkeit hat zu einem starken Überhang nicht mehr zeitgemäßer Wohnungen geführt, die heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Dennoch werden gerade in unserer Region energieeffiziente und barrierefreie Wohnungen dringend benötigt, nirgends in Nordrhein-Westfalen ist die graue Wohnungsnot so ausgeprägt wie in den Städten der Emscherregion.
Auch die in den letzten Jahren gerade in Gelsenkirchen starken Bemühungen zur Stadtreparatur und zum Stadtumbau benötigen eine kraftvolle Flankierung durch eine auskömmliche Förderung von Neubauvorhaben im Rahmen von Stadtumbaumaßnahmen. So haben lokale Investoren schon in den letzten Jahren an einer Reihe von Orten Schrottimmobilien erworben und abgerissen und durch zeitgemäße, moderne Neubauten mit preisgebundenem Wohnraum ersetzt. Hierbei ist es gelungen, die markgerechte Verringerung des gesamten Wohnungsbestandes mit der Beseitigung von Schrottimmobilien und mit der Schaffung von bezahlbaren seniorengerechten Wohnungen zu verbinden. Gerade dies kann jedoch in Gelsenkirchen nur mit einer auskömmlichen Förderung weiterhin gelingen!
Hierbei halten wir es für nicht sachgerecht die Verhältnisse in einer Großstadt wie Gelsenkirchen mit den Wohnungsmarktverhältnissen kleiner, ländlicher Gemeinden zu vergleichen.
Zum einen führt gerade die Überalterung des Wohnungsbestandes in unserer Stadt zu stagnierenden Mieten und zum anderen ist bei Neubauten das Kostenniveau einer Großstadt nicht mit dem Kostenniveau in ländlichen Regionen vergleichbar. Das Bauen auf bereits vorher genutzten Arealen einer montanindustriell geprägten Großstadt bringt andere Kosten mit sich. Diese Kostenbelastung darf bei der Zuweisung zu einer Mietenstufe nicht unberücksichtigt bleiben.
Daher fordert der Rat der Stadt Gelsenkirchen das Bauministerium NRW auf, hier eine pragmatische Lösung zu gestalten, die den ausführlich erläuterten Besonderheiten des Wohnungsmarktes angemessen Rechnung trägt.