12. November 2025, 14:26 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Rolf Glasmeier, Bergbauobjekt Luftklappen, 1974 Stahl, lackiert, 100 x 100 x 14,5 cm. Bildrechte: Kunstmuseum Gelsenkirchen, VG Bild-Kunst, Bonn 2025, Foto: Achim Kukulies, Düsseldorf
Fast jede Gelsenkirchenerin und jeder Gelsenkirchener kennt seine knallig bunt bemalte, gepunktete Gasometer-Kugel am Rhein-Herne-Kanal, und auch in der Sammlung des Kunstmuseums Gelsenkirchen lassen sich zahlreiche Werke eines der berühmtesten Söhne der Stadt finden, dem längst ein Schuhabdruck auf dem „Gelsenkirchen Walk of Fame“ gewidmet wurde. Nun widmet das Kunstmuseum Gelsenkirchen dem Künstler, Grafiker und Ausstellungsmacher Rolf Glasmeier (1945-2003) eine umfangreiche Retrospektive, deren Titel „Rolf Glasmeier: Frieden im Kopf" eng mit seinem Schaffen verknüpft ist. Die Ausstellung eröffnet am Sonntag, 16. November, um 12 Uhr im Kunstmuseum Gelsenkirchen an der Horster Straße 5-7 in 45897 Gelsenkirchen und ist im Anschluss bis zum 8. März 2026 zu den gewohnten Öffnungszeiten, dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr, zu sehen. Der Besuch des Kunstmuseums ist kostenfrei.
Die Ausstellung wird mit Grußworten von Oberbürgermeisterin Andrea Henze, Dr. Michael Reitemeyer, Leiter der Abteilung Kultur des Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen sowie einer Einführung von Julia Höner, Museumsleitung des Kunstmuseum Gelsenkirchen, eröffnet.
„Die Gelsenkirchener Retrospektive stellt mit über 140 Werken aus institutionellen und privaten Sammlungen Kunst und Alltag, typisch für Glasmeier und seine Zeit, in den Mittelpunkt“, betont Museumsdirektorin Julia Höner.
So zeigt die Schau ausgehend von Glasmeiers interaktiven Reliefbildern und -objekten, mit denen er in den 1960er-Jahren international Bekanntheit erlangte, eine Übersicht seines vielseitigen Schaffens – mit bislang nie gezeigten Arbeiten. Darüber hinaus stellt das Kunstmuseum Gelsenkirchen Glasmeiers Agieren innerhalb lokaler und europäischer Künstlerinnen- und Künstler-Netzwerke wie im Rahmen der "Neuen Tendenzen" heraus und bekräftigt damit unter anderem seinen Beitrag zu Op Art und Kinetischer Kunst. Rolf Glasmeier engagierte sich mehrere Jahre im Vorstand des Westdeutschen Künstlerbundes und war darüber hinaus Mitbegründer oder Mitglied zahlreicher Künstlerinnen- und Künstlerbewegungen, beispielsweise der Gruppe „B1“ oder der Gelsenkirchener „gfg – Gruppe für Gestaltung“. Gemeinsam mit „B1“ prägte Glasmeier auch den Strukturwandel des Ruhrgebiets von der Industrie- zur Kulturregion mit.
Rolf Glasmeier, am 28. März 1945 als Sohn des Architekten Ernst Otto Glasmeier und dessen Ehefrau Martha, geb. Lübben in Pewsum bei Emden geboren, zählt zu den bedeutendsten Kunstschaffenden der Stadt Gelsenkirchen. Die Familie lebte seit 1949 in Gelsenkirchen. Rolf Glasmeier absolvierte hier zwischen 1962 und 1965 eine Ausbildung als Typograf und Schriftsetzer, bevor er sich für ein Studium der Visuellen Kommunikation an der Hochschule für Gestaltung Ulm unter Otl Aicher einschrieb. Dort entwickelte er konstruktiv-konkrete Formstudien, die in seine "Kaufhaus-Objekte" mündeten: häufig quadratische Reliefbilder, die er aus industriell gefertigten Alltagsgegenständen wie Briefkastenklappen, Lichtschaltern oder Metallscharnieren montierte. Die Betrachtenden dürfen die Objekte interaktiv verändern.
In den 1970er-Jahren erweiterte Rolf Glasmeier seinen künstlerischen Bezug zu Gesellschaft und Umwelt durch einen Wechsel in Material und Formfindung: Installationen aus Fundstücken wie Verpackungen, Konsumresten oder natürlichen Werkstoffen wie Holz, Textil und organischem Material rückte er ins Blickfeld. Seine Arbeiten im öffentlichen Raum, wie der in Primärfarben bemalte Gasspeichers auf der Emscherinsel „Der Ball“ (1985) reagieren auf vorgefundene Situationen. Die Ausstellung im Kunstmuseum macht die Wege dorthin mit Skizzen und Modellen transparent.
Rolf Glasmeiers ganzheitliches Denken prägte zunehmend (und verstärkt durch seine Zuwendung zu Spiritualität und Schamanismus) sein Spätwerk, das mit Aktionen im öffentlichen Raum wie mit "Frieden im Kopf" (1984) gesellschaftspolitische Verhältnisse durch gemeinsames Handeln in den Blick nahm.
„Rolf Glasmeier: Frieden im Kopf“ eröffnet auch neue Perspektiven auf Rolf Glasmeiers grafisches und fotografisches Schaffen. So zeigt das Kunstmuseum Gelsenkirchen einen Überblick über Glasmeiers Fotografien aber auch Arbeiten aus dem angewandten Bereich wie seine Plakatgestaltungen, dazu zählt auch das Plakatmotiv „Frieden im Kopf“, das er im Jahr 1984 für die Friedensgruppe Gelsenkirchen-Buer entwickelte. Das umfangreiche zeichnerische Werk des Künstlers erhält erstmals in einer Ausstellung eine eigenständige Aufarbeitung.
Teile des Nachlasses von Rolf Glasmeier, der 2003 in Gelsenkirchen verstarb, wurden 2006 von der Stiftung für Konkrete Kunst und Design Ingolstadt übernommen, womit eine Ausstellung zu seinem Werk einherging. „Das Kunstmuseum Gelsenkirchen erweitert nun den Blick auf den Künstler und hebt nicht nur seine Bedeutung für die Kunstregion Ruhr, sondern für den Diskurs seiner Zeit hervor“, unterstreicht Anne Heselhaus, Dezernentin für Kultur bei der Stadt.
Zur Ausstellungseröffnung erscheint ein Katalog mit zahlreichen Abbildungen und Textbeiträgen (Deutsch/Englisch) von Michael Glasmeier, Julia Höner, Barbara Martin, Vanessa Joan Müller und Denise Wegener im Snoeck Verlag, Köln, 176 Seiten.
Diese Ausstellung wird gefördert vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen.