05. Dezember 2025, 14:30 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
GE. Bereits im Juli 2025 hatte das Team der Manifesta 16 Ruhr mit einem „Open Call“ Einzelpersonen, Künstlerinnen- und Künstlerkollektive, Nachbarschaftsvereine und Institutionen mit starker Verbindung zum Ruhrgebiet aufgerufen, Projektideen für das „Manifesta 16 Ruhr+“-Programm einzureichen, die parallel zur Biennale vom 21. Juni bis zum 4. Oktober 2026 realisiert werden sollen. 217 kreative Projektbewerbungen gingen daraufhin ein. 145 der Bewerberinnen und Bewerber stammen aus dem Ruhrgebiet.
Für Gelsenkirchen wurde das Projekt „Sing our Songs!“ ausgewählt, das in der Kirche St. Mariä Himmelfahrt am Goldbergplatz in Buer realisiert werden soll. Eingereicht wurde die Projektidee von Probst Markus Pottbäcker für die Katholische Kirchengemeinde Gelsenkirchen, Tobias Werner für das Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen, und Julia Höner für das Kunstmuseum Gelsenkirchen. Ihr Projekt „Sing our Songs!“ will an die Tradition der Arbeiterlieder und Arbeiterinnenlieder erinnern - und ihrer Rolle für Solidarität und Gemeinschaft des Ruhrgebiets Rechnung tragen. „Mit dem Ende des industriellen Zeitalters verbunden ist auch das Ende einer Gemeinschaft, die das Ruhrgebiet des 19. und 20. Jahrhundert wie keine andere auszeichnet: die Arbeiterbewegung. Oft aus den Strapazen der prekären Arbeitsbedingungen schlossen sich Arbeiter und Arbeiterinnen zusammen, um ihrer Kritik Ausdruck zu verleihen. Ein zentraler Bestandteil dieser Bewegung war das gemeinsame Singen – um sich bei der Arbeit zu verbünden, bei Demonstrationen auszudrücken oder beim Streik die Gemeinschaft zu beschwören.“, so heißt es in der offiziellen Bewerbung, die an das Manifesta-Team geschickt wurde und dort punktete.
Plädoyer für Zusammenhalt und Gemeinschaft
Die gemeinschaftliche und vereinende Praxis des Singens soll für das Begleitprogramm der Manifesta 16 Ruhr re-inszeniert werden. Dreh- und Angelpunkt wird die ehemalige Pfarr- und Klosterkirche St. Mariä Himmelfahrt in Gelsenkirchen-Buer, ein von Paul Günther entworfener, heute leerstehender Kirchenbau von 1954. Hier soll historisches Liedgut mit Fokus auf Arbeitskämpfe und Streik erklingen. Mitsingen ist dabei ausdrücklich erwünscht: „Unter der Leitung des Musiktheaters und einzelner Mitglieder des Chors und unter Einbeziehung von interessierten Laien soll eine Auswahl regionaler, nationaler und internationaler Arbeiterlieder erlernt werden und an ausgewählten Terminen präsentieren werden. Auch dem Publikum wird mithilfe von Liedtexten die Möglichkeit geben, mitzusingen“, betonen die Initiierenden in ihrer Projekt-Beschreibung.
Von Bergarbeitern bis zu den Heinze-Frauen
Geprobt und gesungen werden sollen Lieder, die unterschiedliche Perspektiven der Kämpfe von Arbeiterinnen und Arbeitern wiedergeben. Zur Auswahl zählen unter anderem Lieder wie „Keiner schiebt uns weg“ der Arbeiterinnen des Gelsenkirchener Fotolabor-Betriebs Heinze, das bei ihrem Arbeitskampf 1979 für die Angleichung der Löhne entstanden ist, die von Imran Ayata und Bülent Kullukcu zusammengestellte Compilation „Songs of Gastarbeiter Vol. 1“, in denen die Lebensrealitäten eingewanderter Arbeiterinnen und Arbeiter thematisiert werden, „Tremate, tremate, le streghe son tornate!“, das Lied der Zweiten Frauenbewegung, das die Anerkennung von Care-Arbeit als Arbeit forderte und ein Klassiker aus dem Arbeitskampf der Bergleute im Ruhrgebiet, das „Lied der Bergarbeiter“ aus dem Jahr 1967.
Gemeinsames Singen als Bindeglied
„Gemeinschaftsstiftendes Singen ist das Bindeglied zwischen der katholischen Kirchengemeinde und ihrer ehemaligen Kirche als Bau, der aufgrund seines ursprünglichen liturgischen Zwecks einen einzigartigen musikalischen Resonanzraum bildet, dem Opernchor des Musiktheaters im Revier (MiR), der mit 27 festangestellte Sängerinnen und Sängern und einem vielseitigen sowie spartenübergreifenden Repertoire regionale und überregionale Strahlkraft hat, und dem Kunstmuseum Gelsenkirchen, das in der zur Manifesta parallel laufenden Ausstellung ‚Radikale Hoffnung. Kunst und Arbeitskampf‘ die künstlerische Auseinandersetzung mit Arbeit und Streik zeigt“, so wird es in der Bewerbung hervorgehoben.
Über das Projekt sollen unterschiedliche Zielgruppen – sowohl kulturaffine Besucherinnen und Besucher als auch Mitglieder der Gemeinde – miteinander ins Gespräch gebracht und ein Dialog angestoßen werden, der über die Manifesta hinaus fortbestehen kann.
Weitere Informationen zu den 16 ausgewählten Projekten für das „Manifesta 16 Ruhr +“-Programm gibt es über die Internetseite www.manifesta.org.