23. Mai 2025, 13:30 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Schwarze und dunkelgraue Werke zieren derzeit die Wände des Dienstzimmers von Oberbürgermeisterin Karin Welge. Auch in den angrenzenden Räumen ziehen Bildkompositionen aus Farbe, Beton, Gips und Metall in düsteren Farbschattierungen die Blicke auf sich. „Zerstörung“ hat die Künstlerin Tahmina Tomyris ihre aktuelle Werkserie genannt, die sie nun im Rahmen von OB art im Hans-Sachs-Haus zeigt.
Die Werke der gebürtigen Afghanin Tahmina Tomyris (mit bürgerlichem Namen Mariam Amini) sind eng mit ihrer Biografie verbunden. Die Künstlerin wurde 1989 in Kabul, der Hauptstadt von Afghanistan, geboren. Aufgrund des Bürgerkriegs und der zunehmenden Unsicherheit floh sie 1994 mit ihrer Familie in den Iran. Obwohl sie 2006 dort ihr Abitur machte, wurde ihr als afghanische Geflüchtete der Zugang zur Kunstuniversität verwehrt. 2015 wurde Tahmina Tomyris deshalb erneut zur Geflüchteten, diesmal führte ihr Weg nach Deutschland, wo sie Sicherheit und künstlerische Freiheit suchte. Sie fand ihre neue Heimat in Gelsenkirchen-Ückendorf, wo sie ein Atelier an der Bochumer Straße unterhält.
Während sich Tahmina Tomyris mit detailreichen Frauen-Porträts in leuchtend bunten Farben einen Namen als Künstlerin machte, sind ihre aktuellen Werke geprägt von Finsternis. Ihre aktuelle Werkserie „Zerstörung“, die sie bei OB art zeigt, führt Betrachtenden das Grauen des Lebens in Kriegs- und Krisengebieten vor Augen. Ruinen, eine Welt in Schutt und Asche, Bunker, die zugleich Schutzraum und Orte mit beklemmender Enge und Eintönigkeit sind, stellt die Künstlerin dabei in den Mittelpunkt ihrer Kunst.
„Diese Bilder erinnern uns daran, dass wir die Not, die Menschen in Kriegs- und Krisengebieten erleiden, nicht vergessen dürfen. Aber vielleicht sollen sie uns zugleich ermuntern, bei unseren Nachbarn, die aus Krisengebieten dieser Welt stammen und jetzt hier in Gelsenkirchen Zuflucht gefunden haben, einmal genau hinschauen, mit ihnen ins Gespräch kommen, sie nicht als Nummer betrachten, sondern als Menschen mit ganz individuellen Erfahrungen“, betonte Oberbürgermeisterin Karin Welge bei der Eröffnung der Ausstellung. Sie hatte mit den anderen Mitgliedern der OB art Jury, Julia Höner (Leiterin des Kunstmuseums Gelsenkirchen), Ulrich Daduna (1. Vorsitzender des Kunstvereins Gelsenkirchen e. V.), Gordana Djukic, (1. Vorstandsvorsitzende des Bundes Gelsenkirchener Künstler e.V.) sowie Andrea Lamest (Leiterin des Referats Kultur), die Werke von Tahmina Tomyris ausgewählt.
Das Kunststudium in Deutschland habe ihren Blick auf die Kunst verändert, Werke der Nachkriegszeit seien zu einer wichtigen Inspirationsquelle geworden, betont derweil die Künstlerin. „Künstlerinnen und Künstler versuchen seit jeher, das Wesen des Krieges durch neue Formen und Bedeutungen einzufangen, vor allem, wenn sie ihn selbst erlebt haben. Krieg zu beschreiben heißt, sich seiner brutalen Realität zu stellen. Selbst die Farbe Weiß kann dabei Schrecken evozieren – die blasse Haut eines Kindes zwischen Ruinen, ein blutgetränktes Laken, das von Grauen erzählt. Krieg ist in jeder Form Zerstörung: Zusammenbruch, Chaos, die Entstellung von Menschlichkeit und Moral. In ihm werden Menschen von einer Gewaltwelle erfasst, die unweigerlich alle mitreißt“, betont Tahmina Tomyris. Doch zugleich verweist sie darauf, dass jedes ihrer Werke einen Hoffnungsschimmer enthält, für den sich das genaue Hinsehen lohnt.
Die Ausstellung mit Werken von Tahmina Tomyris ist bis Mittwoch, 15. Oktober, jeweils zu den Öffnungszeiten des Hans-Sachs-Hauses an der Ebertstraße 11 in 45879 Gelsenkirchen zu sehen, eine vorherige Anmeldung ist erforderlich. Ansprechpartnerin ist Jessie Westphal, die telefonisch unter (0209) 169-2991 und per E-Mail an jessie.westphal@gelsenkirchen.de zu erreichen ist. Ab November 2025 werden im Rahmen von OB art Werke der Gelsenkirchener Künstlerin Sabine Leichner-Heuer ins Hans-Sachs-Haus einziehen. Weitere Informationen gibt es auch online.