04. Januar 2013, 08:48 Uhr | Stadtbibliothek Gelsenkirchen
2012
Als ich das Buch „Anna im blutroten Kleid“ beendet hatte, habe ich spontan noch mal die Altersempfehlung nachgeschlagen, um ganz sicher zu gehen, dass ich das richtig verstanden hatte.
Aber es stimmt, es ist ein Jugendbuch. Puh!
Ich gebe zu, das verblüfft mich.
„Anna im blutroten Kleid“ ist toll, keine Frage. Aber zimperlich darf man nicht sein, denn es geht schon auf den ersten Seiten enorm rund.
So, nachdem das gesagt ist, möchte ich noch mal betonen, das Buch ist toll.
Vor allem hat es eine Handlung, die im Gedächtnis bleiben wird, mir zumindest.
Das beginnt damit, dass die Hauptperson, Anna, erst mal eine ganze Weile nicht auftaucht.
Der Anfang der Geschichte gehört Cas. Der ist so etwas wie ein Geisterjäger, grade mal alt genug um den Führerschein zu haben und hat von seinem Vater die Gabe geerbt, Geister vernichten zu können. Das tut er auch, ständig und ausdauernd. Es gibt ja sonst auch niemanden, der das könnte und so ist es nicht nur eine Gabe, sondern auch eine Berufung und manchmal regelrecht ein Fluch. Cas fühlt sich nämlich dazu verpflichtet, so viel wie möglich zu üben, damit er später seinen Vater rächen kann. Und so macht er sich bald auf den Weg, einen gefürchteten Geist zu töten, der schon viele Menschen auf dem Gewissen hat: Anna in ihrem blutroten Kleid.
Der Leser ahnt natürlich, dass es mit Anna etwas Besonderes auf sich hat, sonst würde ja das Buch nicht so heißen. Aber auch Cas steht an einem Wendepunkt in seinem Leben. Zum ersten Mal überhaupt gerät er ins Grübeln, ob er das Richtige tut. Noch dazu findet er, der am liebsten alleine bleibt, an seinem neuen Wohnort zum ersten Mal so etwas wie Freunde.
Es geht gar nicht anders, man muss Cas alles Gute wünschen. Was für eine Bürde trägt der Junge mit sich herum. Zwar erzählt er ziemlich abgeklärt, wie er den Geistern den Garaus macht, aber Kendare Blake lässt da keine Zweifel aufkommen: Geister zu jagen ist ein schmutziges und belastendes Geschäft.
So trocken und professionell Cas da auch rüberkommen möchte, manches Mal bleibt dem Leser die Luft weg. Zu plastisch sind die Szenen geschildert. Noch dazu kündigt sich Unheil an und bei dem Beruf, den der junge Mann hat, will das schon was heißen.
Ein Lichtblick ist, wer hätte das gedacht, eben jene Anna, die als mörderischer Geist ihr früheres Haus heimsucht. Hier ist der Autorin nun wirklich ein Spagat gelungen. Anna ist sowohl eine Figur, mit der man mitfiebert, als auch eine tödliche Bedrohung. Beides ist glaubwürdig und das hätte ich nicht so ohne Weiteres für möglich gehalten. Die aufkeimenden Gefühle der beiden füreinander halten die Geschichte jedenfalls spannend, zumal es immer wieder Tote gibt und man nicht sicher sein kann, ob Anna nun eine Hilfe ist, oder ein Monster.
So manches mal hatte ich eine Gänsehaut bei diesem Buch, was sicher auch daran liegt, dass die Handlung dicht ist, die Spannung nicht nachlässt und auch die Dialoge und Beziehungen der Figuren untereinander stimmig sind.
„Anna um blutroten Kleid“ war eine echte Entdeckung für mich und ich freue mich schon auf den zweiten Teil.
Iris Jockschat
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