01. Mai 2007, 11:20 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
glaubt man den Meldungen, dann geht es aufwärts mit Deutschland. Das ist gut so, denn es bedeutet, hier wird ordentlich Geld verdient. Und wenn die Kundgebungen des heutigen 1. Mai unter dem Motto stehen: „Du hast mehr verdient" dann treffen wir damit genau den Punkt.
Dann es kommt darauf an, wie die Gewinne verteilt werden. Seit Jahren erleben wir, dass die Lohnabschlüsse kaum die Inflation auffangen. Zurückhaltung so hieß es, sei das Gebot der Stunde gewesen.
Wenn es wirtschaftlich bergab geht, sei es schwer etwas zu verteilen. Nur: Zurzeit geht es nicht bergab. Im Gegenteil. Die Unternehmen in Deutschland sind international blendend aufgestellt, erwirtschaften riesige Gewinne.
Das zeigt doch: Die deutsche Wirtschaft ist konkurrenzfähig - und das sehe ich auch, wenn ich Betriebe in Gelsenkirchen besuche. Hier gibt es hoch spezialisierte Unternehmen, die Innovationsträger sind und mit Know-how und hoch qualifizierten Mitarbeitern erfolgreich wirtschaften. Dann ist es jetzt aber an der Zeit, den gerechten Anteil am Wachstum einzufordern.
Aber es geht um mehr. Viel mehr. Mehr Respekt. Soziale Gerechtigkeit. Gute Arbeit. Und das zeichnet die Gewerkschaften aus. Es war uns nie genug, beim Chef mehr Geld einzufordern. Wir wollen eine solidarische Gesellschaft. Und deshalb ist es richtig, wenn wir heute hier einstehen für mehr soziale Gerechtigkeit. Für uns in Gelsenkirchen ist das Thema täglich Herausforderung.
Ich erinnere mich noch gut: Was war das für ein Schock, als Anfang 2005 Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammengelegt wurden. 25% Arbeitslose in Gelsenkirchen. Heute sind wir bei 17,1 Prozent. Das ist kein befriedigender Wert. Das ist noch immer viel zu hoch. Es gibt so viele Gelsenkirchener und Gelsenkirchenerinnen, die schon viel zu lange auf ihre Chance warten. Ich will, dass wir endlich wieder mehr Arbeitsplätze in dieser Stadt dazu gewinnen, als sie durch den Strukturwandel noch immer verloren gehen.
Und ich will, dass das gute Arbeitsplätze sind. Gute Arbeit, die haben die Menschen hier verdient.
Wenn Menschen den ganzen Tag arbeiten und es allerdings trotzdem nicht reicht, die eigene Familie zu ernähren, dann läuft etwas gewaltig schief in unserem Land. Und: Arbeitgeber, die immer geringere Löhne zahlen, sägen an dem Ast, auf dem sie selber sitzen. Denn geringere Arbeitnehmereinkommen führen zu weniger Kaufkraft. Lohndrückerei ist unsozial und ökonomisch kontraproduktiv. Deshalb brauchen wir einen Mindestlohn! Das ist sozial gerecht!
Niedriglohn ist keine Lösung. Denn es geht um gute Arbeit. Arm trotz Arbeit ist keine Lösung. Arbeit um jeden Preis, zu den geringsten Löhnen und den schlechtesten Arbeitsbedingungen - das ist menschenunwürdig. Jeder Mensch braucht die Chance auf gute Arbeit!
Und zu guter Arbeit gehört auch, dass man mitreden kann im Betrieb. In kleinen und großen Betrieben leisten die Betriebsräte und bei uns im öffentlichen Dienst die Personalräte eine wichtige Aufgabe. Natürlich gibt es da auch Konflikte. Das ist so, wenn unterschiedliche Interessen zum Ausgleich gebracht werden müssen.
Aber als Chef einer großen Verwaltung weiß ich um die Vorteile einer funktionierenden Mitbestimmung. Das ein oder andere den veränderten Zeiten anzupassen, das will auch meine Gewerkschaft. Was wir jetzt aber von der Landesregierung in Düsseldorf erleben, die das LPVG schleifen will, die Mitbestimmung aushebeln will, das geht zu weit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,
in Dortmund führt die NPD mit anderen heute einen Aufmarsch durch. Zahlreiche Kolleginnen und Kollegen haben heute Morgen dafür gesorgt und tun das zur Stunde immer noch, dass den Braunen klar wird, dass sie hier unerwünscht sind. Die Solidarität der Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener gilt all denen in Dortmund, die es nicht zulassen, dass die braune Soße die klare Botschaft des 1. Mai trübt.
Umso mehr freue ich mich, dass so viele heute hierhergekommen sind. Es ist wichtig, dass wir immer wieder öffentlich zeigen, dass der 1. Mai seinen Sinn nicht verloren hat. Und ich freue mich ganz besonders, dass wir heute Michael Sommer, den Vorsitzenden des DGB hier zu Gast haben. Auch von mir: Herzlich willkommen in Gelsenkirchen!
Glück auf!