13. April 2010, 17:42 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Pardon, lassen Sie mich kurz einmal die Fakten sortieren: Wir reden in Gelsenkirchen nicht darüber, ein Theater zu schließen. Wir reden nicht darüber, Schwimmbäder dicht zu machen. Wir reden nicht darüber, unseren Nahverkehr um 20 Uhr einzustellen. Und das inmitten einer der größten kommunalen Haushaltskrisen.
Aber wenn ich die eine oder andere Stimme der letzten Tage höre, dann bin ich doch etwas irritiert. Es scheint immer noch nicht jedem klar zu sein, was hier gerade vor sich geht in den deutschen Kommunen (und nicht nur in denen des Ruhrgebiets). Inmitten der seit Jahrzehnten chronischen strukturellen Unterfinanzierung der Städte hat es noch einmal eine erhebliche Mehrbelastung der kommunalen Haushalte durch pflichtige Leistungen, insbesondere Sozialleistungen, gegeben. Und dazu einen beispiellosen Wegbruch der Einnahmenseite. In Gelsenkirchen ist die Gewerbesteuer um ein Drittel weggebrochen. Das ist schon oft beschrieben worden: unter anderem hier, hier und hier.
Die Kommunen sind existenziell bedroht. Teilweise können sie aus eigener Kraft nicht einmal mehr ihre Pflichtaufgaben erfüllen. Andere Städte müssen darüber nachdenken, ihre Theater zu schließen. Und bei uns erhebt sich lautes Geschrei, wenn der städtische Zuschuss für eines von 45 Jugendheimen gestrichen wird, das in einem Stadtteil liegt, in dem es relativ wenige Jugendliche gibt. Da vermisse ich doch ein wenig den Sinn für die Realität und die Verhältnismäßigkeiten. Das muss ich ganz ehrlich sagen.
Wir haben als Verwaltung bei der Einbringung des Haushaltes ganz klar gesagt: Wir wollen das deutliche Signal geben, dass wir es ernst meinen, und alles auf den Prüfstand stellen, um zu schauen, wo wir noch sparen können. Aber wir haben auch gesagt, dass die Zitrone in Gelsenkirchen seit langem ausgepresst ist. Und dass wir diese Stadt nicht kaputtsparen werden. Das heißt: Nicht auf Investitionen in die Zukunft, nicht auf Kompensation von Bildungsbenachteiligungen, nicht auf das Mindestmaß dessen, was eine Stadt lebenswert macht, verzichten können. Denn sonst könnten wir sie gleich ganz abbauen, weil in einer solchen Stadt schlichtweg niemand mehr leben wollen würde.
Einschnitte in die Grundversorgung sind abgewehrt
Und ich glaube, uns ist ein ausgewogener Entwurf gelungen. Dass wir nach diesem Entwurf auch in den nächsten Jahren noch mit einem dicken jährlichen Defizit leben müssen, können wir aus den genannten Gründen nicht ändern. Dass wir das aber nicht willkürlich und vorsätzlich machen, sondern für unabänderlich halten, unterstreichen wir dadurch, dass wir auf der anderen Seite sparen, wo es noch geht: etwa bei den Öffnungszeiten der BÜRGERcenter in den Stadtteilen, bei der Vorgabe an das Musiktheater, eine zusätzliche Million zu erwirtschaften, bei der zeitlichen Streckung von Bauprojekten.
Ich bin sehr stolz darauf, dass es eine breite, überparteiliche Verständigung über diesen Kurs gibt. Und dass wir es so schaffen, gravierende Einschnitte in die Grundversorgung abzuwehren. Schauen Sie sich um: Das ist längst nicht die Regel!
Je knapper die Kassen, je mehr Kreativität ist gefragt
Daraus jetzt aber abzuleiten, dass wieder alles geht, was wünschenswert ist, wäre unvernünftig, unverantwortlich und übermütig. Von allen Seiten höre ich es jetzt wieder: Aber was ist mit der Umfahrung Schaffrath? Was ist mit der Neugestaltung des Busbahnhofes Buer? Da sage ich: Bleiben wir doch mal auf dem Teppich. Ja, wir müssen Projekte - auch solche, die uns wichtig sind - in die Zukunft schieben. Ja, wir müssen jetzt darüber nachdenken, ob es immer der große Wurf sein muss oder ob wir qualitative Verbesserungen auch durch behutsame Umbauten im Bestand erreichen können.
Es gilt: Je knapper die Kassen, umso mehr Kreativität ist gefragt. Und ich bin sicher: Für so manches, was zunächst einmal nicht geht, werden wir auch noch unkonventionelle Lösungen finden.
Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Frank Baranowski