28. Januar 2010, 15:04 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Meine Damen und Herren Stadtverordneten,
dies ist der fünfte Haushaltsentwurf, den ich Ihnen heute vorlege. Und es ist der zweite gemeinsam mit Frau Reker.
Ihr und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kämmerei danke ich in diesem Zusammenhang herzlich für die geleistete Arbeit. Das war ein hartes Stück Arbeit.
Denn gut waren die Zeiten für die Haushaltseinbringungen in all den zurück liegenden Jahren nie. So ein richtiges „Aus-dem-Vollen-schöpfen" hat es noch nie gegeben. Im Wesentlichen überrollen wir seit Jahren die Ansätze. Und dennoch haben wir in der Vergangenheit häufig gemeinsam Schwerpunkte eindeutig setzen können. Ja, wir haben sogar gemeinsam für Licht am Ende des Nothaushaltstunnels gesorgt. Zukunftsinvestition, sozialer Zusammenhalt bei gleichzeitiger Haushaltsonsolidierung waren dabei die inhaltliche Leitlinie.
An dieser langen Linie will ich auch heute, knapp 100 Tage nach Beginn meiner zweiten Amtszeit, anknüpfen. Denn was einmal als richtig erkannt wurde, verändert sich ja nicht nach einer Wiederwahl. Was einmal als richtig erkannt wurde, verändert sich ja weder durch 63,9 Prozent noch durch eine absolute Mehrheit.
Deshalb hält sich der Ihnen heute vorgelegte Haushaltsentwurf auch weiterhin an diese Linie, auch wenn die Rahmenbedingungen sich dramatisch verschlechtert haben.
Ein hochgiftiger Cocktail für öffentliche Haushalte
Nach der Finanzkrise sind die richtigen Fragen nach einer weltweiten Zähmung der wild gewordenen Märkte gestellt worden - die Antworten ist die große Politik bislang jedoch schuldig geblieben. Noch immer bürgen öffentliche Haushalte weltweit für Hunderte von Milliarden toxischer - also schlechter - Kredite. Der Abschreibungsbedarf bei den Banken beträgt alleine in Europa fast 600 Milliarden Euro.
Diese Finanzkrise kam allerdings nicht wie ein Unwetter über uns. Sie ist systemimmanent verursacht worden. Die Finanzkrise ist auch keine Panne, nach der so weitergemacht werden kann wie zuvor - und: Die Finanzkrise ist noch nicht vorüber.
Schon heute hat sie Spuren hinterlassen: Die Menschen sind verunsichert. Die Kreditversorgung der deutschen Wirtschaft ist deutlich schlechter geworden und - von entscheidender Bedeutung für unsere Stadt: die Steuereinnahmen sind im freien Fall.
Finanzkrise, Konjunktur-Delle und aktuelle Steuerrechtsänderungen sind zusammen ein hochgiftiger Cocktail für die öffentlichen Haushalte.
Allein in Gelsenkirchen hatten wir 2009 bei der Gewerbesteuer ein Minus von 56 Millionen € gegenüber 2008 [2008: 168 Millionen € zu 2009: 112 Millionen €]. Das ist mehr als 1,5 Mal soviel, wie wir als Stadt Gelsenkirchen im kommenden Jahr aus eigenen Mitteln investieren [Investitionen 2010: 79 Millionen € brutto, 36 Millionen € nach Abzug von Drittmitteln]. Die Kosten der Unterkunft sind gleichzeitig enorm gestiegen, weil der Bund sich einerseits aus der Finanzierung zurückgezogen hat [Beteiligungsquote 2008: 28,6%, 2009: 25,4%, 2010: 23%] gleichzeitig aber auch die Zahl der Bedarfsgemeinschaften kontinuierlich steigt. [Im Vergleich zum Jahr 2008 müssen wir für das Jahr 2010 leider weit mehr als 5 Mio € höhere Ausgaben für die Kosten der Unterkunft veranschlagen.] Das Szenario für die deutschen Städte ist insgesamt also besorgniserregend.
Wenn wir in den öffentlichen Haushalten von solchen Entzugseffekten getroffen werden, dann sind die allermeisten Ausgaben bereits verpflichtend festgelegt. Personal, das gebraucht wird, will bezahlt werden. Investitionen, die geplant und vor allem auch nötig sind, müssen finanziert werden. Langfristige Kreditspielräume existieren oft nicht mehr.
Erste Folge: Es steigen die Kassenkredite.
Zweite Folge: Es wird eine Vollbremsung bei den kommunalen Investitionen geben. Das hat man in den 90er Jahren schon einmal erleben können.
Weitere Folgen sind Gebührenerhöhungen, Einsparpakete, Stellenabbau sowie der Abbau von Leistungen - also das ganze Arsenal der Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen.
Nur: das führt zu keiner Belebung der Wirtschaft. Es drosselt sie. Die Steuererleichterungen aus dem so genannten Wachstumsbeschleunigungsgesetz, von dem auch unser Ministerpräsident sagt, dass Teile des Wachstumsgesetzes nicht von tiefer Weisheit geprägt seien, diese Steuererleichterungen verpuffen dagegen in ihrer Wirkung wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Doch eines muss diese Bundesregierung wie alle Vorgängerregierungen wissen: Das beste Konjunkturpaket sind und bleiben stabile Kommunalfinanzen!
Und um es auch einmal deutlich auszusprechen: Wer den Menschen jetzt Steuersenkungen in Milliardenhöhe verspricht, wird dieses Versprechen nicht halten können. Eine deutliche Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger weiß das schon heute.
Abwärtsspirale Widerstehen und Zukunft gestalten
Wir wollen und werden in Gelsenkirchen dieser Abwärtsspirale widerstehen.
Wir wollen weiterhin Zukunft gestalten.
Übrigens: Mit meiner Einschätzung stehe ich nicht alleine da. Auch NRW Finanzminister Helmut Linssen vertritt die Auffassung, dass es sinnlos ist, gegen die historische Rezession anzusparen. Im Gegenteil sagte er vor dem Landtag, und ich zitiere ihn wörtlich: „Es gibt keine Alternative zu zusätzlichen Krediten angesichts der Wirtschaftskrise. Ansonsten herrscht Schicht im Schacht".
Und ich füge hinzu: Auch ich will nicht, dass in unserer Stadt Schicht im Schacht ist.
Also eigentlich Einigkeit zwischen Land und Kommunen? Wohl nicht ganz. Von den Kommunen erwartet man, dass jetzt der Rotstift angesetzt wird. Und gleichzeitig reichen Bund und Land Kosten nach unten durch. Deshalb klagen nordrhein-westfälische Städte unabhängig vom Parteibuch ihrer Oberbürgermeister bereits in drei Fällen gegen das Land.
So z.B. gegen die Kosten, die mit den erhöhten Standards aus dem Kinderförderungsgesetz verbunden sind. Schade, dass dies dem zuständigen Minister Laschet nicht auch in dieser Stadt deutlich gesagt wurde. Gelegenheit dazu hätte ja vor kurzem bestanden.
Obwohl wir bereits in der Vergangenheit alle Register des Sparens gezogen haben, sind wir erneut gezwungen, ein Haushaltssicherungskonzept vorzulegen, um zu dokumentieren: Wir tun alles für einen genehmigungsfähigen Haushalt. Das wird einmal mehr schmerzhaft werden. Denn in unserer Stadt sehe ich nicht mehr viele Möglichkeiten, Geld einzusparen.
Andere Kommunen setzen jetzt erst da den Rotstift an, wo wir schon längst mit der Sparschere gekürzt haben. Da wird über die Schließung von Schullandheimen diskutiert. Hat Gelsenkirchen längst nicht mehr.
Da werden Geldpräsente für Alters- und Ehejubilare gestrichen. Gibt es bei uns gar nicht mehr.
Schwimmbäder in den Stadtteilen sollen aufgegeben werden. Hat Gelsenkirchen bis auf das Jahnbad nicht mehr.
Dienstwagen mit Fahrer für städtische Dezernenten. Gibt es bei uns schon lange nicht mehr, hier fahren die Dezernenten selbst.
Kostenlose Parktickets für Stadtverordnete. Wer von Ihnen kann sich daran noch erinnern?
Spagat zwischen Investitionen und Sparkurs
Meine Damen und Herren,
dieser Haushalt ist mehr denn je der Spagat zwischen dem Investieren in Zukunft und dem Sparen, ohne Strukturen zu zerschlagen.
Wir werden weiterhin investieren in die Stadtteilerneuerung.
Wir werden weiterhin investieren in die Entwicklung der großen Brachflächen Schalker Verein und Graf Bismarck. Unser Ziel ist ehrgeizig aber realistisch: Die Vermarktung der ersten Grundstücke in der zweiten Jahreshälfte 2010.
Denn, meine Damen und Herren, anders als viele Nachbarstädte haben wir hier und an anderen Stellen noch Freiflächen, die wir entwickeln können und müssen. Darauf können sich neue Firmen ansiedeln, die Arbeits- und Ausbildungsplätze mitbringen. Die Gewerbesteuereinnahmen generieren und durch die Zahlung von Löhnen und Gehältern neues Wachstum in die Stadt bringen. Es wäre geradezu widersinnig, auf diese Investitionen zu verzichten. Im Gegenteil brauchen wir den Freiraum, um an dieser Stelle Wachstum zu schaffen.
Ja, das kostet heute Geld, das wir nicht haben. Aber dafür bringt es schon morgen Geld, das wir dringend benötigen.
Wir werden deshalb auch weiterhin investieren in Bildung und Betreuung. Das übrigens nicht nur, um den Kindern und Jugendlichen eine Zukunft zu ermöglichen, sondern auch, um langfristig Kosten zu senken.
Auch das kostet Geld, was wir heute nicht haben. Aber dafür bringt es schon morgen Qualifikation, die wir dringend benötigen.
Wir setzen den eingeschlagenen Weg fort, Bildung ohne Brüche zu ermöglichen. Von der Geburt an sollen den jungen Menschen in unserer Stadt alle Türen offen stehen. Sprachdefizite müssen dabei ausgeräumt werden. Wir schicken deshalb Fachkräfte in Tageseinrichtungen, in denen mindestens 80 Prozent der Kinder einen Migrationshintergrund haben. Dafür nehmen wir über 300.000 € in die Hand.
Ein durchlässiges Schulsystem muss darüber hinaus auch Spätstartern das Erreichen des besten Schulabschlusses möglich machen. Das alles, um später einen guten Beruf und eine auskömmliche Beschäftigung zu erreichen. Gelingt uns das, sparen wir auf Dauer bei der Sozialhilfe, bei den Kosten der Unterkunft und vielen weiteren sogenannten „Pflichtigen Bereichen". Denn nichts ist am Ende teurer, als arm zu sein.
Wie gut das funktionieren kann, sehen wir bereits im Bereich der „Hilfen zur Erziehung". Hier hat uns die Gemeindeprüfungsanstalt eine „vorbildliche Qualität der Steuerung" bescheinigt. Wir sind Benchmark-Kommune wenn es darum geht, durch Präventionsarbeit Geld einzusparen.
Übrigens: indem wir im freiwilligen Bereich Geld investieren um damit im pflichtigen Bereich kosten zu begrenzen.
Das hat uns ermutigt, auch an anderen Stellen frühzeitig einzugreifen. Deshalb bauen wir die Hausbesuche bei Eltern aus, indem wir auch die Kindertagesstätten mit einbeziehen. Dafür wenden wir zusätzlich rund 90.000 € auf. Wir bauen die U-3 Betreuung aus und haben dafür in diesem Jahr 900.000 € und ab 2011 zusätzlich rund 1,5 Millionen € vorgesehen.
Den Ganztagsunterricht an unseren Schulen wollen wir weiter stabilisieren. Das Gelsenkirchener Modell steht auch für Qualität. Da das Land seinen Anteil der pauschalen Förderung nicht zu erhöhen gedenkt, wollen wir den Pro-Kind-Betrag anpassen, um die Qualität zu sichern.
Erziehung und Bildung sind mittel- bis langfristige Projekte. Wer hier investiert, erntet die Früchte seiner Mühen nicht schon am nächsten Tag. Das funktioniert nur generationenübergreifend. Und ich bin mir sicher, dass wir Erfolg haben werden, wenn wir die Versorgungsquote in der Betreuung von Unter-Dreijährigen bis zum Jahresende auf 20 Prozent gesteigert haben. Wir profitieren von der Weiterentwicklung der Sprachförderprogramme an allen städtischen Kitas.
Wir bauen vier neue Kindertagesstätten, bauen sieben weitere um bzw. aus und werden zudem im Sommer zwei konfessionelle Einrichtungen übernehmen.
Wir werden für Kindergartenkinder, deren Eltern nur über ein geringes Einkommen verfügen, das Mittagessen weiter subventionieren. Dieses gilt auch für die Schulen.
Wir werden in Absprachen mit den Schulen ein Konzept für den Einsatz von Integrationshelfern erstellen, damit die integrative Beschulung im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt werden kann. Dafür haben wir im Budget von Frau Reker 300.000 € und im Schuletat von Dr. Beck 250.000 € vorgesehen.
Wir werden im Rahmen der Jugendberufshilfe erneut rund 150 Ausbildungsplätze für junge Menschen ohne Berufsperspektive schaffen. Darüber hinaus geben wir wieder 600 jungen Menschen eine Beschäftigung.
Und wir werden auch in diesem Jahr wieder ein 14-tägiges Sprachcamp anbieten, von dem rund 200 Kinder profitieren.
Alles das sind Investitionen in unsere Zukunft!
Gewachsene Strukturen bewahren
Meine Damen und Herren,
eine Stadt ist wie ein großes Schiff. Einmal auf Kurs können Sie nicht so schnell die Richtung verändern. Sie müssen behutsam das Steuerrad bedienen, damit die Menschen an Bord nicht das Vertrauen in die Schiffscrew verlieren. Wenn Sie dann einmal die Maschinen gestoppt haben, braucht es wieder eine Menge Zeit, bevor das Schiff wieder Fahrt aufnehmen kann. Und das geht auch nur, wenn Sie eine ausreichend große Mannschaft an Bord haben. Wenn dafür kein Geld mehr da ist, sieht es schlecht aus. Sie können natürlich die Rettungsboote verkaufen, das Inventar und auch die Schiffschraube. Daran hätte jeder Schrotthändler eine Menge Spaß. Doch was dann? Ein solches Schiff wird kaum jemals wieder ablegen können, sondern manövrierunfähig bestenfalls im Hafen vor Anker liegen. Während andere das Rennen machen. Deshalb lassen Sie uns lieber in die Riemen legen, statt Gelsenkirchen auf Grund laufen zu lassen! Meinen Kurs habe ich Ihnen eben skizziert. Er orientiert sich an klaren Linien, die ich Ihnen aufgezeigt habe. Daran will ich festhalten - und daran wollen wir, d.h. die Beigeordneten und ich - festhalten. Und dennoch müssen wir auch einiges über Bord werfen.
Bei der Erstellung des Haushaltssicherungskonzeptes haben wir jedoch strikt darauf geachtet, gewachsene Strukturen zu bewahren. Statt die Axt an die Wurzel zu legen, versuchen wir durch behutsame Schnitte Flurschäden zu vermeiden. Die ersten Entscheidungen dazu sind bereits getroffen.
Und dabei fangen wir im eigenen Hause an, bei der Stadtverwaltung.
Den städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird künftig noch mehr Flexibilität abverlangt werden müssen. Statt über Neubesetzungen werden wir über Umbesetzungen sprechen müssen. Im Bereich der Personalaufwendungen ist vorgesehen, die im Planungszeitraum bis 2013 absehbare Personalfluktuation im Umfang von 50 % zu einer weiteren Reduzierung des Personalbestandes zu nutzen. Dadurch sollen bis 2013 in der Endstufe 6 Mio € an Personalkosteneinsparungen generiert werden.
Vergleichsweise undramatisch ist dabei die Regelung, über ich zu Beginn des Jahres informiert habe. Zwischen dem diesjährigen Weihnachtsfest und dem Neujahrstag wird es Betriebsferien geben. Nach jetzigem Stand wirkt sich diese Maßnahme mit rund 1,7 Millionen € durch nicht erforderliche Rückstellungen entlastend auf den Ergebnishaushalt aus.
Nicht verstehen kann ich in diesem Zusammenhang übrigens die Ratschläge, die uns Kommunen von externen Gutachtern und Kommissionen gegeben werden. Da lese ich zum Beispiel in einem Bericht der zuständigen Bezirksregierung, dass die Stadt Hagen durch den Verzicht auf Stellenwiederbesetzungen bis zum Jahr 2014 insgesamt 33 Millionen € sparen könne. Mit Verlaub: Das sind Zahlen, die sind völlig aus der Luft gegriffen und entbehren aus meiner Sicht jeglicher Grundlage. Dagegen wollen wir in Gelsenkirchen für Haushaltsehrlichkeit sorgen.
Statt geschönter Zahlen legen wir bewusst realistische Werte vor. Auch wenn sich das in dem ein oder anderen Fall mal nicht so spektakulär anhört. Wenigstens darf man uns dann aber auch beim Wort nehmen.
Wir kommen auf diese Weise zu Einsparungen zum Beispiel durch die Kürzung von Öffnungszeiten in den Bibliotheken und Bürgercentern. Wir machen da nichts dicht. Im Gegenteil halten wir die Einrichtungen offen - nur eben mit Öffnungszeiten, die sich noch stärker auf die tatsächliche Kundenfrequenz konzentrieren und vielleicht nicht immer an 4 Stellen in der Stadt gleichzeitig. Auch werden die Bürgerinnen und Bürger keine Qualitätseinbußen spüren, wenn künftig die technische Aufarbeitung von Medien für die Bibliothek direkt vom Buchhandel übernommen wird.
Viel ist in den vergangenen Wochen im und über das Musiktheater im Revier gesprochen worden.
Die Bedeutung dieser Einrichtung für die Stadt Gelsenkirchen brauche ich hier sicherlich nicht wiederholen. Dennoch wird auch das MiR zur Konsolidierung des städtischen Haushaltes beitragen müssen. Kein Kahlschlag wie anderswo. Wir erwarten, dass der Zuschuss für das Musiktheater ab dem Jahr 2013 um eine Millionen Euro reduziert werden kann.
Nicht über Nacht, sondern zwei volle Spielzeiten hat das MiR Zeit, Vorschläge zu entwickeln, wie dies erreicht werden kann. Leider können wir dies nicht vermeiden.
Denn in Zeiten, in denen Bibliotheken Öffnungszeiten reduzieren müssen, Stellen nicht wiederbesetzt werden, die Zuschüsse an freie Träger trotz gestiegener Kosten nur überrollt werden - in solchen Zeiten muss eben auch das Theater seinen Zuschussbedarf von aktuell 106 € pro Eintrittskarte senken. Auch wenn dies schon jetzt im NRW-Vergleich ein sehr guter Wert ist.
Wir zerstören damit nicht die Zukunft des Theaters. Keineswegs. Schauen Sie nur nach Hagen. Dort wäre man froh, durch Einsparungen von einer Million Euro per sofort das stadteigene Theater zu retten. Stattdessen drängt die dortige Bezirksregierung darauf, das Haus ganz zu schließen.
Oder schauen Sie nach Wuppertal, wo das Schauspielhaus geschlossen werden soll.
Soweit, meine sehr geehrten Damen und Herren, dürfen wir es in Gelsenkirchen nicht kommen lassen!
Denn im Wettbewerb der Kommunen werden auch weiterhin die Städte und Gemeinden die Nase vorn haben, die finanzielle Gestaltungsspielräume haben. Denn was macht eine Stadt denn aus? Eine Stadt definiert sich über ihre Freizeitmöglichkeiten. Sie ist bekannt für ihre kulturellen Einrichtungen und macht durch ihre Sportvereine von sich reden.
Nicht pessimistisch in die Zukunft blicken
Deshalb lassen Sie uns nicht pessimistisch in die Zukunft blicken. Ich bin zuversichtlich, dass sich auch wieder etwas drehen wird. Vielleicht nicht schon in 2010, 11 oder 12. Aber die Einnahmensituation wird sich langfristig verbessern. Die IHK Nord Westfalen erwartet schon für dieses Jahr einen moderaten Aufschwung. Andere Indikatoren sprechen dafür, dass wir die Talsohle durchschritten haben und nun auf wieder steigende Steuereinnahmen hoffen können. In dieser Situation müssen wir agieren und nicht reagieren. Wir dürfen jetzt nicht aufhören zu gestalten.
Doch das wird ein Spagat sein zwischen neuen Schulden, von denen wir so wenig wie möglich der kommenden Generation hinterlassen wollen, und der Investition in eine zukunftsfähige Stadt.
Deshalb müssen wir auch noch einmal an die Einnahmenseite. Maßvoll werden wir die Grundsteuer B erhöhen. Nicht in diesem Jahr, sondern erst in 2011. Denn ich weiß, dass Gelsenkirchen schon heute zu den Städten mit dem höchsten Hebesatz gehört. Doch ich gehe davon aus, dass in diesem Jahr alle anderen Städte mit uns gleichziehen werden. Bewusst verzichten wir gleichzeitig auf eine Erhöhung der Gewerbesteuer, um damit einen Beitrag zur Belebung der örtlichen Wirtschaft zu leisten.
An zwei Stellen haben wir zudem die Vorschläge der Gemeindeprüfungsanstalt aufgegriffen. So setzen wir zum Beispiel im Bereich „Hilfen bei Krankheit, Behinderung, Pflegebedürftigkeit" den Grundsatz „ambulant vor stationär" um. Durch die Einrichtung einer Clearingstelle Pflege sowie den sukzessiven Ausbau von Infocentern wollen wir verhindern, dass immer mehr Menschen in eine stationäre Pflege kommen. Derzeit rechnet man mit einer Steigerung der Fallzahlen von zehn Prozent im Jahr. Wenn es uns gelingt, diese Steigerung auf drei Prozent zu minimieren, schaffen wir trotz einer zwangsläufigen Steigerung bei den ambulanten Kosten Einsparungen von fast 200.000 Euro im Jahr.
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, Sie über zwei weitere Initiativen zu informieren. Sie erinnern sich vielleicht noch daran, dass mein Amtsvorgänger auch als Sparmaßnahme die städtische Öffentlichkeitsarbeit an die Stadtmarketing-Gesellschaft ausgegliedert hat. Die Stellen im damaligen Referat 3 - Presse- und Öffentlichkeitsarbeit - sind 2002 abgebaut worden. Schon damals hat es skeptische Stimmen gegeben: Kann eine halb öffentliche, halb private Einrichtung die Öffentlichkeitsarbeit einer Stadtverwaltung übernehmen? Wir wissen mittlerweile: Nein, kann sie nicht.
Wenn man aber etwas als Fehler erkannt hat, muss man auch versuchen, es zu verändern. Deshalb werden wir nun damit beginnen, ein Team Öffentlichkeitsarbeit/Kommunikation aufzubauen. Ab 1. Februar wird dieses Team in meinem Vorstandsbereich unter der Leitung von Herrn Markus Schwardtmann ohne Ausweitung des Stellenplanes durch Umorganisation die Arbeit aufnehmen. Damit ist ein Anfang gemacht. Damit werden wir Stück für Stück Strukturen aufbauen, die helfen sollen, das besser zu machen, was wir alle in den letzten Jahren - zu Recht - immer wieder bemängelt haben, nämlich die suboptimale Selbstdarstellung des Konzerns Stadt Gelsenkirchen.
Meine Damen und Herren Stadtverordnete,
so ein Haushalt bietet sicherlich an vielen Stellen die Möglichkeit zur politischen Diskussion.
Dabei weiß ich auch aus langjähriger Arbeit als Abgeordneter und Stadtverordneter: Ein Haushalt verlässt ein Parlament oder einen Rat nie so, wie er eingebracht wurd.
Und dennoch appelliere ich an Sie: Lassen Sie uns fair miteinander diskutieren und als eine Stadt nach außen auftreten. So wie es beispielsweise die Stadt Wuppertal mit ihrer Aktion „Wuppertal wehrt sich" getan hat, würde ich mir auch für Gelsenkirchen wünschen, dass wir über Parteigrenzen hinweg für die Interessen unserer Stadt eintreten.
Trotz der vor uns liegenden Landtagswahl sollten wir in dieser Situation zusammenstehen und sagen: Bis hier hin und nicht weiter!
In diesem Sinne wünsche ich dem Rat der Stadt eine erfolgreiche Etatberatung sowie ein herzliches Glück auf!