02. Oktober 2009, 15:55 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Vor wenigen Tagen hat eines der spektakulärsten Projekte im Rahmen der Kulturhauptstadt in Gelsenkirchen begonnen. Der Baustart des Glaskubus auf dem Turm von Schacht II der Zeche Nordstern weist dabei weit über das Jahr 2010 hinaus.
Hier zeigt sich, dass die Kulturhauptstadt im Ruhrgebiet im nächsten Jahr kein Strohfeuer, kein kurzfristiges Festival ist, sondern ebenso Ausdruck wie Katalysator einer tief greifenden, umfassenden und ständig weitergehenden Transformation der gesamten Region unter dem Motto „Wandel durch Kultur - Kultur durch Wandel". Denn hier entsteht anlässlich der Kulturhauptstadt etwas, was bleibt. Angestoßen, geplant, realisiert und zu einem großen Teil auch finanziert durch die im Nordsternpark ansässige THS wird Gelsenkirchen durch den gläsernen Aufbau des Turms von Schacht II in Verbindung mit der Besucherterrasse und vor allem den neuen Ausstellungsflächen für Videokunst aus der international bekannten Sammlung Goetz aus München um eine große kulturelle Attraktion reicher.
Der Nordsternturm wird für Gelsenkirchen das, was für den Dortmunder das „U" ist. Als einer der sieben Hochpunkte im Revier wird er Besuchern einen Ausblick auf die sich rasant wandelnde Städtelandschaft Ruhrgebiet ermöglichen. Von weiter weg sieht man besser. Man erkennt Zusammenhänge und hat die nötige Distanz zur Reflexion. Deshalb ist das Turmprojekt in zweifacher Hinsicht ein Ort, der Weitblick ermöglicht. Denn auch die Kunstsammlung wird Raum geben zur Auseinandersetzung mit unserer Zeit, mit unserer Welt.
Die Zeche Nordstern und mit ihr der Nordsternpark werden dabei noch stärker zu einem Ort der Kommunikation werden. Denn durch das Museum und die Besucherterrasse öffnet sich das Ensemble noch weiter für die Öffentlichkeit und rückt noch näher in unser Bewusstsein.
Kunst muss nicht schön sein
Damit hat der neue, gläserne Nordsternturm alle Chancen, zu einem Identität stiftenden Ort zu werden. Er verbindet in sinnfälliger Weise die Vergangenheit - unser industriekulturelles Erbe - mit der Zukunft. Er signalisiert: Wir hier in Gelsenkirchen machen nicht Tabula rasa mit unserer Geschichte. Denn ohne sie wären wir nichts. Wir degradieren sie aber auch nicht zur unantastbaren Folklore. Sondern wir halten sie lebendig, wir nehmen sie ernst, indem wir sie in unsere Mitte nehmen und zum Ausgangspunkt für Neues machen.
Dass dieses Neue erst einmal ungewohnt ist, ist klar und wurde durch die Debatte um das Projekt deutlich. Vor allem natürlich um dessen künstlerische Ergänzung - die 18 Meter hohe Herkules-Skulptur von Markus Lüpertz ganz oben auf dem Dach. Man kann sicher zu ihr stehen, wie man will. Aber wenn Kunst schon, bevor sie überhaupt da ist, dermaßen bewegt, zur Auseinandersetzung anregt, muss man doch sagen, dass an ihr irgendwas dran sein muss, oder?
Kunst muss nicht schön sein. Und ich maße mir als Letzter ein Urteil darüber an. Aber eines glaube ich, sagen zu können: Unabhängig von dem Gewinn, einen „echten Lüpertz" in der Stadt zu haben, so werden wir doch auf Nordstern eine unverwechselbare Landmarke erhalten, die das Zeug zu einem neuen Wahrzeichen hat.
Ich jedenfalls freue mich auf diesen spannenden baulichen Dialog.
Es grüßt Sie herzlich aus dem Rathaus
Ihr
Frank Baranowski