04. August 2011, 12:17 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Vor kurzem trafen sich einmal wieder die Rathauschefs des Ruhrgebiets. „Gut", werden Sie fragen, „und gestern hat's geregnet - wo ist die Nachricht?" Tja, die liegt leider darin, dass ich bei dieser Gelegenheit gewahr wurde, dass wir - was die Zusammenarbeit und Kooperation im Ruhrgebiet angeht - noch meilenweit von unseren Zielen entfernt liegen.
Das Gemeinschaftserlebnis Kulturhauptstadt 2010 hin oder her, die gemeinsame Bewerbung um die Klima-Expo im Jahr 2020 hin oder her - am Ende ist doch dem einen oder anderen Kollegen das Hemd immer näher als der Rock, wurde mir bei der Gelegenheit schlagartig klar: Denn einer der Anwesenden gab etwas zum Besten, das mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf geht. Der Kollege meinte: Eine gesunde Konkurrenz zwischen den Ruhrgebietsstädten sei doch wünschenswert.
Schon bei dem Treffen musste ich widersprechen, dem Anlass angemessen noch eher zurückhaltend. Doch je länger ich darüber nachdenke, desto mehr wächst in mir die Verständnislosigkeit. Hat uns nicht dieses Konkurrenzdenken untereinander dahin gebracht, wo wir jetzt stehen? Aber der Kollege legte noch einen drauf: Jeden Tag würden 110.000 Menschen in seine Stadt einpendeln, aber nur 50.000 auspendeln. Und sein Ziel sei es, die Hälfte der Einpendler an seine Stadt zu binden.
Da war er wieder, der Egotrip auf Kosten der anderen. Ein Teil seiner Einpendler sind meine Auspendler, und davon will er einige bei sich behalten. Auf Kosten meiner Stadt. Kann das richtig sein?
Kein Platz für Ego-Trips im Revier
Ich sage klar und deutlich: Nein! Wir liegen zu nah beieinander, als dass wir Zeit und Platz für derartiges Konkurrenzdenken und derartige Ego-Trips haben. Unsere eigentliche Konkurrenz ist doch nicht Bochum, Essen oder Herne. Sondern die Konkurrenz ist der Großraum Düsseldorf, Köln bis hin zu den süddeutschen Ballungsräumen. Wir konkurrieren als gesamtes Ruhrgebiet bei qualifizierten Fachkräften, Wissenschaftlern, Künstlern und selbstverständlich auch Unternehmen mit diesen Wachstumskernen.
Und deshalb macht die Konkurrenz untereinander doch gar keinen Sinn. Wir sollten eher unser Stärken bündeln, uns gemeinsam vermarkten und gemeinsam den Wettbewerb annehmen. Zum Beispiel mit gemeinsamen Immobilienangeboten für das gesamte Ruhrgebiet - etwa ein Baugrundstück plus Kindergarten- oder OGS-Platz und Theaterjahresabo für ganz gleich welche Ruhrgebietsbühne. Wer in München sich gerade einmal eine Mietwohnung leisten kann, dem bieten wir die Chance eines Eigenheimes zu erschwinglichen Preisen inklusive qualifiziertem Arbeitsplatz. So oder ähnlich könnte unsere Botschaft lauten.
Ruhrgebiet muss als Einheit auftreten
So muss unsere Botschaft lauten, soll sie wahrgenommen werden außerhalb. Dagegen ist eine Schwächung der anderen Städte der Region zu Gunsten einer einzelnen Stadt immer eine Schwächung der gesamten Region und damit auf lange Sicht auch eine Schwächung der kurzfristig womöglich profitierenden Stadt. Das Ruhrgebiet hat eine ganze Reihe liebens- und lebenswerter Ecken. Aber so richtig attraktiv kann es für andere nur dadurch werden, dass es als Einheit auftritt.
Die Aussagen meines Kollegen haben mir aber auch wieder gezeigt: Das Brett, das es zu bohren gilt, ist noch immer ziemlich dick. Es wäre fatal, wenn sich dabei herausstellen sollte, dass wir, die wir in der Verantwortung für die Zukunft des Reviers stehen, uns jetzt als Dünnbrettbohrer erwiesen.
Ihr
Frank Baranowski