23. Mai 2019, 12:58 Uhr | Caritasverband für die Stadt Gelsenkirchen e.V.
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Tiertherapie. Bildrechte: Caritas Gelsenkirchen
Seit einem guten halben Jahr kommt Ergotherapeutin Kim Kreuter mit ihren Therapiehunden ins KinderHaus der Caritas Gelsenkirchen. Hier wohnen Kinder im Alter von etwa zwei bis acht Jahren, die aus schwerwiegenden Gründen zurzeit nicht in ihren Familien leben können. Die zusätzliche Ergotherapie flankiert die Arbeit im KinderHaus und hilft, dass die Jungs und Mädchen ihre schlimmen Erlebnisse besser verarbeiten und wieder Vertrauen fassen können.
Schon eine Viertelstunde bevor es losgeht, steht Jana* am Fenster und wartet. Tim läuft schon an der Eingangstür auf und ab. Es ist wieder Freitag und gegen 9 Uhr springt ein kleiner Japan-Spitz aus dem Kofferraum von Kim Kreuter. Die Ergotherapeutin kommt mit ihren beiden ausgebildeten Vierbeinern für rund ein Jahr in das KinderHaus der Caritas. Zwei Gruppen mit je drei Kindern betreut sie jeweils mit einem Hund rund eine Stunde pro Woche. Ermöglicht wird das durch eine private Spende, die daran gebunden ist, den traumatisierten Kindern etwas Gutes zu tun. Jana, Tim und Leon sind unten im Turnraum. Mit großen Augen beobachtet Leon den kleinen Hund. Anfangs hatte er Angst vor Beyla. Heute freut er sich, als er zur Belohnung dafür, dass er so gut mitgemacht hat, dem kleinen Vierbeiner ein Leckerli geben darf.
Die Kinder suchen sich Karten aus einem Tiermemory aus und müssen nacheinander vom anderen Ende des Raumes das Gegenstück holen. Unterwegs überwinden sie eine Wippe aus einer Matte, die über eine Bank gelegt ist.
Tim, ein quirliger Junge, der den Parcours schnell bewältigt hat und auf dem Rückweg noch eine extra Krabbelrunde unter die Matte hindurch eingelegt hat, sitzt nun ruhig da. „Er weiß, dass Beyla sonst nicht zu ihm kommt“, erklärt Ergotherapeutin Kreuter. Wenn er ruhig ist, tapst Beyla zu ihm und lässt sich streicheln. Vor ein paar Wochen noch wäre er beim Zurückkommen nach der Turnübung wohl noch auf Beylas Schwanz getreten. Heute gibt er acht und macht einen kleinen Bogen um das Tier.
Hund Beyla ist ausgebildet und kann mit allen möglichen Situationen gut umgehen. Dennoch achtet Kim Kreuter auf Kinder und Hund. Als Beyla schnüffelt, erklärt sie: „Das zeigt mir, dass sie ungeduldig wird. Sie wartet darauf, dass es losgeht.“ Beyla bewegt sich frei im Raum herum, während Ergotherapeutin Kreuter zwei beliebte Bilderbücher vorliest. Tim, Jana und Leon kennen die Geschichten schon und kommentieren, was als nächstes passiert oder warum gerade jemand traurig ist oder Angst hat.
Dass Leon dabei auch schon mal auf Kim Kreuters Schoß sitzt, ist bemerkenswert. „Alle Kinder hier im Haus haben einen schweren Rucksack zu tragen“, weiß die Ergotherapeutin. Sie kennt die Hintergründe der Kinder, weiß wer missbraucht und wer vernachlässigt wurde. Leon konnte am Anfang keine Nähe ertragen, war skeptisch, wenn er auch nur ein bisschen berührt wurde. Oft dauert es Monate bis die Kinder wieder Vertrauen zu Erwachsenen aufbauen können. Die Mitarbeiterinnen des Hauses sorgen für eine Atmosphäre, die Vertrauen schafft, in der das Kind Schutz und Zuverlässigkeit erlebt. Kim Kreuters tiergestützte Therapie unterstützt diese Arbeit. „Zahlreiche Studien belegen, dass Kindern der Umgang mit Tieren einfach gut tut“, weiß die Ergotherapeutin. Und weiter: „Die Tiere akzeptieren den Menschen, wie er ist – unabhängig von Aussehen, Befindlichkeiten, Stärken oder Schwächen. Für die Kinder ist diese Art der Wertschätzung eine positive Erfahrung und sehr wichtig.“ Zum Abschied dürfen die drei Kids Beyla noch bis zum Auto begleiten; sie freuen sich schon auf die nächste Woche.
* Die Namen der Kinder sind zu ihrem Schutz geändert