01. September 2016, 08:00 Uhr | Stadtbibliothek Gelsenkirchen
Interpreten: Marc Minkowski (Dirigent)/Annick Massis, Mireille Delunsch (Sopran); Sylvie Brunet (Mezzosopran); Rockwell Blake, Jean-Paul Fouchécourt (Tenor); Laurent Naouri, Benrard Deletré (Bariton)/Chœur de Radio France/Ensemble Orchestral de Paris
2 CDs, 2009
STG 4 BOI
Zentralbibliothek
Kurzbiographie
Boieldieu erhielt seine frühe musikalische Erziehung besonders durch Charles Broche, den Organisten der Kathedrale von Rouen. 1796 ging er nach Paris (Bekanntschaft mit Luigi Cherubini), wo er 1798 Klavierlehrer am Conservatoire wurde. Von 1803 bis 1811 war er Hofkomponist in Sankt Petersburg. 1817 wurde er Professor für Komposition am Conservatoire de Paris. Er war ein Meister der Opéra comique. Seine über 40 Opern und Vaudevilles (besonders „Zoraime et Zulnar“, 1798; „Der Kalif von Bagdad“, 1800; „Jean de Paris“, 1812; „Die weiße Dame“, 1825) zeichnen sich durch reiche flüssige Melodik und rhythmische Lebendigkeit aus. Er schrieb auch Kammermusik, ein Klavierkonzert und Romanzen. Das Harfenkonzert C-Dur schuf er wahrscheinlich im Jahr 1800 unter dem Einfluss und der Bekanntschaft zu Sébastien Érard, jenem Instrumentenbauer, der sein handwerkliches Können nicht nur für das Klavier, sondern auch für die Harfe verwendete. Erard arbeitete zu dieser Zeit wohl schon an der Doppelpedalmechanik der Harfe. (Wikipedia)
Produktinfo
Boïeldieu verarbeitete in seiner Oper Folklore und lyrische Stücke vermischt mit romantischer Phantastik, in dem er die musikalischen Stilmittel der neuen Epoche nutzte. Neben einfachen Strophenliedern wie in Jennys Ballade über die Weiße Frau oder Marguerites sentimentaler Spinnrad-Arie, in welcher die Musik die Bewegungen des Spinnrads abbildet, gibt es raffinierte Ensemble-Szenen wie das Finale des 1. Aktes, wo ein Gewitter im Anzug ist. Stürmisch braust die Musik in chromatischen Tönen und sich verschiebenden Septakkorden, mit den Blitzschlägen des Piccolo und dem Donner der Pauke durchsetzt. Im Finale des 2. Aktes mit der von Mac-Irton geleiteten Versteigerung des Schlosses ist die Dramatik kaum zu überbieten. Während immer höhere Summen geboten werden, steigert sich die Musik mit unwiderstehlicher Kinetik, gefolgt von abruptem Wechsel der Tonart und effektvollen Einsätzen des Chores, wenn etwas Unverwartetes passiert. Die Harfe spielt in der Oper eine wichtige Rolle als Begleiterin der Weißen Dame. Die Holzbläser werden sehr subtil eingesetzt, während die Streicher aus ihrem vollen technischen Repertoire schöpfen. Dadurch erhält die Musik eine wunderbare Farbe und Geschmeidigkeit und sprüht zugleich von einfacher Spontaneität und Raffinierheit.
„La Dame blanche“ weist typische Elemente der Romantik in ihrer gotischen Ausprägung auf, mit einer exotischen schottischen Ortschaft, einem verlorenen Erben, einem mysteriösen Schloss, einem versteckten Schatz und einem guten Geist. Der Stil der Oper beeinflusste die Opern „Lucia di Lammermoor“, „I puritani“ und „La jolie fille de Perth“. „La Dame blanche“ war einer der ersten Versuche, die Fantasie in die Oper zu bringen. Sie war auch Vorbild für Werke wie Meyerbeers „Robert le diable“ und „Gounod's Faust“.
Die Uraufführung fand am 10. Dezember 1825 an der Opéra-Comique in Paris statt. Sie hatte großen Erfolg und wurde zum Standardwerk des Opernrepertoires im 19. Jahrhundert in Frankreich und Deutschland. Nachdem es bereits 1826 eine Erstaufführung in deutscher Sprache gegeben hat, entstand in Wien auch eine Parodie des Werks unter dem Titel „Die schwarze Frau“ von Adolf Müller senior (Musik) und Karl Meisl (Libretto).
„La Dame blanche“ wird heutzutage nur noch selten einstudiert. In Frankreich wurde sie durch Marc Minkowski neu aufgeführt sowie auf CD eingespielt, doch gibt es auch einige frühere auf Schallplatte erschienene Tonaufzeichnungen.
Die Tenorarie von Georges Brown, „Viens, gentille dame”, war schon im damaligen Paris ein Gassenhauer und wird auch heutzutage am häufigsten vorgetragen. (Wikipedia)
Rezension
„La Dame Blanche", bislang nur als ziemlich historisches Dokument und in einigen Querschnitten vorliegend, ist unter Marc Minkowski eine Götterspeise, die locker geschlagen nur so quirlt und schäumt, das beginnt in der überaus bekannten Ouvertüre und setzt sich über die Kaffeehaus-Kavatine der "Vien, gentille Dame" fort, bis hin zum dramatischen Ende und zu jeder Menge Einlagen vom Chor (fabelhaft) und Entr'act-Musiken (dto.), wobei das Orchester durchaus einen Alte-Musik-Duktus nicht verleugnen kann - kein Sinfonieschwall, sondern differenziertes Spät-Rokoko." (Orpheus)