14. Februar 2008, 18:23 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Meine Damen und Herren Stadtverordneten,
in der Öffentlichkeit wird ein Haushalt oft als eine sehr trockene Materie begriffen. Und tatsächlich, wenn man den Haushaltsentwurf in Händen hält, dann ist das ein dicker Stapel eng bedruckten Papiers.
Und es ist ein hartes Stück Arbeit da einen Überblick zu gewinnen, daraus abzuleiten, was die politischen Ziele sind.
Bevor der Kämmerer in die Details geht, möchte ich deshalb erläutern, was wir - d.h. die fünf Beigeordneten und ich - mit diesem Doppelhaushalt erreichen wollen - und die Kurzformel lautet wie bereits für den letzten Haushalt: Sozialer Zusammenhalt, Zukunftsinvestitionen und Haushaltskonsolidierung.
Da gibt es eine Kontinuität in den Zielen - und das ist mir wichtig. Hier geht es um die Fortschreibung einer erfolgreichen Politik, die Gelsenkirchen in vielen Bereichen weiter nach vorne gebracht hat!
Dabei ist manches nach außen vielleicht nicht so deutlich geworden.
Da lese ich nach dem Neujahrsempfang der Stadt einen Zeitungskommentar. Und ich meine nicht das freundliche Angebot von Herrn Meckelburg, demnächst die Moderation des Empfangs zu übernehmen. Nein, ich meine sehr viel qualifiziertere Kommentare mit dem Tenor: Mensch, was wir hier alles haben und tun, ist doch beachtlich. Aber davon erfährt man zu wenig.
Ich gebe zu, daran können und müssen wir noch arbeiten - aber wichtiger sind mir persönlich die Ergebnisse. Wichtiger ist, dass wir bei der Familienfreundlichkeit zulegen und mittlerweile Maßstäbe setzen.
Wichtiger ist, dass der Standort Gelsenkirchen für Unternehmen attraktiv bleibt - und möglichst noch konkurrenzfähiger wird.
Wichtig ist, dass wir bei der Stadterneuerung weiterkommen, damit unsere Stadt ein guter Wohnort bleibt - denn das ist er für die allermeisten Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener bereits. Und ich füge hinzu: Und für andere soll er das noch werden.
Hier gibt es eine klare Linie, eine durchdachte, gut vorbereitete Fixierung klarer Prioritäten. Eine Ausrichtung städtischen Handelns, die Gelsenkirchen fit für die Zukunft macht!
Ich habe das immer wieder gesagt: Ich will nachhaltige Verbesserungen, kein Strohfeuer.
Und deshalb ist es auch kein Gegensatz, Zusammenhalt zu fördern, Zukunftsinvestitionen zu tätigen und gleichzeitig die Haushaltkonsolidierung voran zu treiben. Nein, es ergänzt sich. Ohne solide Finanzen können wir sozialpolitisch bedeutende Projekte wie den Ausbau der Ganztagsschulen nicht leisten.
Und ohne den gesellschaftlichen Zusammenhalt, ohne dass sich die Menschen in Gelsenkirchen mit ihrer Stadt identifizieren, sich hier wohlfühlen, haben wir auch keine Chance, Einnahmen und Ausgaben in die Waage zu bekommen. Weil uns dann schlicht die Steuereinnahmen weg brechen, Bürgerinnen und Bürger uns den Rücken zukehren!
Meine Damen und Herren,
das Streben nach einem Ausgleich zwischen politischen Zielen und den Haushaltszwängen schlägt sich unmittelbar im Haushaltsentwurf nieder, in dem sich stärker noch als in den Vorjahren die Schwerpunkte Bildung und Familie, Wirtschaftsstandort Gelsenkirchen, Umwelt und Kultur finden.
Lassen Sie mich einige Beispiele nennen. Wir kümmern uns um ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger - und das fällt auch unter Familie. Ältere sollen möglichst lange in ihrer gewohnten Umgebung leben können. Das erfordert Anpassungen bei der öffentlichen Infrastruktur, den Ausbau ambulanter Dienste, die schrittweise Verwirklichung der „Stadt der kurzen Wege" und Anpassungen bei der Wohnsituation. Allein im Jahr 2008 werden in Gelsenkirchen fünf zusätzliche Wohngruppen für Demenzkranke entstehen. In der Schmidtmannstraße wird die Stadt selbst aktiv. Wir planen den Neu- und Umbau eines Wohnheimes für demenziell erkrankte Menschen und werden dafür 4,6 Millionen Euro in die Hand nehmen. Eine Zukunftsinvestition!
Aber wir wollen uns auch vermehrt um die ganz Kleinen kümmern. Nachrichten von verwahrlosten und vernachlässigten Kindern machen uns alle betroffen. Es gibt sicher keine Möglichkeit, solche Fälle für die Zukunft vollständig auszuschließen - aber wir haben mit den Elternbesuchen ein Instrument, das sehr gut funktioniert. Und es macht inzwischen bundesweit Schule: In Zukunft gibt es diese Besuche bei jungen Eltern zum Beispiel auch in Köln und in Teilen von Essen.
Dieser Haushaltsentwurf eröffnet die Möglichkeit, zusätzlich ein Frühwarnsystem zu etablieren, um Risikofamilien zu ermitteln und diesen so früh wie möglich Hilfe anbieten zu können.
Diese Hilfsangebote gibt es ja bereits, aber sie müssen eben auch angenommen werden! Dabei hilft das Netzwerk „GEsunder Start ins Leben" in das Hebammen, Ärzte, Beratungsstellen und viele andere Akteure eingebunden sind. Sie können sofort aktiv werden, wenn Sie Risikofamilien ausmachen.
Und auch um Entwicklungsdefizite von Kindern wollen wir uns verstärkt kümmern, indem therapeutische Maßnahmen so früh wie möglich ergriffen werden. Auch hier geht es also darum, früh Fehlentwicklungen zu erkennen. Denn dann kann man sie mit einem Bündel von Maßnahmen und Therapien zum Teil sogar vollständig beseitigen und den Kindern eine gute Perspektive bieten.
Deshalb werden wir vermehrt freiwillige Untersuchungen zum Beispiel in Kindertagesstätten durchführen. Das nützt den Kindern, erspart der Gesellschaft aber auch Folgekosten zu Lasten der sozialen Leistungssysteme - und es wird den Haushalt mit nur 120.000 Euro im Jahr belasten! NUR, weil es wohl keine Anlage mit einer besseren Rendite gibt: Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ist auch eine Zukunftsinvestition!
Die Kinderbetreuung ist eine zentrale städtische Aufgabe, die übrigens auch der Bekämpfung von Armut und Vernachlässigung dient. Wegen der Kinder und ihrer Entwicklung ist hier in erster Linie ein verstärktes Engagement gefordert, nicht nur damit die Eltern Beruf und Familie unter einen Hut bekommen!
Wir werden deshalb in den nächsten Jahren jährlich deutlich über 30 Millionen Euro für die Kindertagesstätten ausgeben. Aber obwohl ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz besteht, melden nicht alle Eltern ihre Kinder an. Die Frage, die mich beschäftigt, ja umtreibt, ist: Warum? Warum gibt es etwa 800 Mädchen und Jungen die zu Hause bleiben?
Sicherlich werden darunter Eltern sein, die gute Gründe haben und das braucht uns auch nicht weiter sorgen. Aber das dürfte der kleinste Teil sein. Und der große Rest? Ich will das Argument des Datenschützens da nicht gelten lassen, denn wir sind in der Verantwortung. Ich bin der Sache nachgegangen und weiß mittlerweile, dass der überwiegende Teil dieser Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund kommt. Ich halte das für bedenklich. Gerade diese Mädchen und Jungen brauchen das Bildungsangebot Kindergarten, um sprachliche Defizite früh zu beseitigen und dann gute Chancen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu haben.
Weil mich das nicht ruhig lässt, werden wir nun auf diese Eltern zugehen, denn ich will es nicht hinnehmen, dass diesen Mädchen und Jungen möglicherweise ihre Zukunft genommen wird! Wir bauen auch die Betreuung unter 3-jähriger weiter massiv aus. In diesem Jahr wollen wir eine Versorgungsquote von 12 Prozent erreichen. Auch wenn es mit enormen Anstrengungen verbunden ist, innerhalb eines Jahres da rund die Hälfte drauf zu satteln. Und bis 2010 schaffen wir das von uns selbst gesteckte Ziel einer Betreuungsquote von 20 Prozent - ein ambitioniertes Ziel gerade vor dem Hintergrund, dass die Kirchen sich als Träger von Kindertagesstätten zurückziehen!
Die Erweiterung der Öffnungszeiten von 8 bis 16 Uhr auf 6 bis 20 Uhr ist ein Erfolgsmodell. Wir werden die Öffnungszeiten von weiteren Einrichtungen ausweiten und so gestalten, dass sie zu den Bedürfnissen der Eltern passen.
Wir werden weitere Familienzentren schaffen.
Wir werden die Sprachförderung ausbauen - und zwar in den Schulen und auch bereits in den Kitas. Seit Februar 2005 führt die RAA das bisher von der Stiftung Mercator geförderte Projekt „Förderunterricht für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund" in Gelsenkirchen durch. In Kleingruppen von vier bis sechs Kindern werden die Schülerinnen und Schüler mehrmals in der Woche sprachlich und fachlich gefördert, aber auch in ihrer persönlichen und familiären Situation unterstützt. Das Besondere an dem Projekt ist, dass auch die Förderlehrerinnen und Förderlehrer - überwiegend Studierende der Fachrichtung Lehramt - vom Unterricht profitieren.
Wir wollen dieses Projekt nach dem Wegfall der Unterstützung durch die Stiftung Mercator nun fortführen und sogar ausbauen, denn es setzt genau da an, wo Bedarf ist - das haben zwei Jahre in der Praxis gezeigt. Bildung und Integration hängen miteinander zusammen. Nur wer die deutsche Sprache spricht hat gute Aussichten auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Und ich möchte, dass in dieser Stadt jeder seine Chance bekommt!
Auch hier investieren wir also in die Zukunft! [Aufwand 2008: 42.000 €; Aufwand 2009: 100.000 €]
Sie sehen, die Themen Bildung und Familienfreundlichkeit stehen ganz oben an - und sie greifen ineinander. Familienfreundlichkeit und Bildung sind mir deshalb so wichtig, weil sich hier entscheidet, ob wir den Weg zum Innovationsmotor in ganz vielen Bereichen weitergehen können, oder ob uns dazu irgendwann die Menschen mit den entsprechenden Fähigkeiten fehlen.
Um es klar und deutlich zu sagen: Die Zukunft unserer Stadt geht jeden Tag durch die Türen unserer Kindertagesstätten und Schulen. Nur wenn möglichst viele ihre Chance bekommen, funktioniert schließlich sozialer Zusammenhalt! Wir haben in den letzten Jahren unheimlich viel in die Schulen und in den gesamten Bildungsbereich investiert. So viel wie in der gesamten Nachkriegszeit nicht!
Und wir werden auch in Zukunft weiter auf Bildung setzen. Der Ausbau der Offenen Ganztagsschulen wird in diesem Jahr weiter voran getrieben.
Wir werden praktisch an allen Grund- und Förderschulen ein entsprechendes Angebot haben. Diese quantitative Dimension hat bislang im Vordergrund gestanden. Aber es gibt keinen Grund, jetzt die Hände in den Schoß zu legen. Nun geht es um die Qualität der Angebote im Bildungsbereich und damit um den Prozess von der Schulträgerschaft hin zur Gestaltung von Bildungskarrieren. Deshalb möchte ich die Einrichtung eines Bildungsbüros voran bringen, das die zahlreichen Angebote in diesem Bereich besser zugänglich macht. Wo aber auch darauf hingearbeitet wird, dass sich Bildungsträger besser abstimmen und so Synergieeffekte zum Tragen kommen. Die Angebote aller Akteure, von Familien, Kindertageseinrichtungen, Kinder- und Jugendhilfe, Schulen, Wirtschaft und Betrieben, Verbänden und Vereinen sollten miteinander verschränkt werden, so dass ein Gesamtsystem entsteht! Ein solches System entspricht einem modernen Verständnis von Bildung, das ganzheitlich ist! Ich bin optimistisch da auch im Rahmen der regionalen Bildungsnetzwerke Unterstützung vom Land zu bekommen! Dieses Bildungsbüro soll direkt beim Vorstand für Kultur, Bildung, Jugend und Sport angesiedelt werden. Ich habe Herrn Dr. Beck gebeten, hierzu eine Konzeption zu entwickeln.
Professor Bosch, den man nicht häufig genug zitieren kann, hat Recht wenn er sagt: „Bildung ist in Städten wie Gelsenkirchen aktive Beschäftigungspolitik".
Nach der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe Anfang 2005 lag die Arbeitslosenquote in Gelsenkirchen bei 25 Prozent. Jeder vierte hatte keine Arbeit! Inzwischen liegen wir bei etwa 16 Prozent - aber das langt mir noch nicht. Deshalb werden wir eine Steuerungsstelle „Kommunale Beschäftigungsförderung" direkt beim Vorstand für Arbeit, Gesundheit und Soziales (Gesundheit und Verbraucherschutz) schaffen. Wir sind bereits jetzt im IAG stark engagiert. Aber ich will mehr! Bestehende Ansätze einer bereichsübergreifenden Arbeitsmarktpolitik sollen gebündelt, Informationen gesammelt und kommunale Möglichkeiten intensiviert werden. Die Steuerungsstelle soll Initiator, Impulsgeber und Mittler zwischen den ortsansässigen arbeitsmarktpolitischen Akteuren sein.
Die notwendige Verknüpfung von Arbeitsmarkt- und Strukturpolitik sowie Arbeitsmarktpolitik und Stadterneuerung kann hier geleistet werden. Zudem wird die Steuerungsstelle Bundes- und EU-Programme identifizieren und die Träger bei deren Umsetzung unterstützen. Wir als Stadt kämpfen um jeden Arbeitsplatz in Gelsenkirchen und in der Region. Und wir wissen: Viele Unternehmerinnen und Unternehmer unterstützen uns dabei, verfolgen auch gesamtgesellschaftliche Ziele. Das ist gut, denn wir wollen und brauchen kein zweites Nokia, wo aus reiner Profitgier und um Fördergelder abzuzocken Unternehmenspolitik auf dem Rücken von Beschäftigten ausgetragen wird!
Der Standort Gelsenkirchen kann sich sehen lassen: gute Infrastruktur, hervorragende Anbindung an alle Verkehrswege, zahlreiche erschlossene Flächen und qualifizierte Mitarbeiter haben auch im vergangenen Jahr wieder Firmen her gebracht. Zum Beispiel Sanacorp, GHH Fahrzeugbau, Skibatron und Marienfeld Multimedia. Und Norres und Scheuten haben ihre Produktion ausgeweitet. Sabic und BP investieren ebenfalls massiv in Gelsenkirchen.
Trotzdem möchten wir da mehr tun, wollen Gelsenkirchen effektiver als Standort vermarkten, zum Beispiel durch eine bessere Präsenz auf Messen und eine Verbesserung der Außendarstellung. Auch dies berücksichtigt der Haushaltsentwurf.
Und auch im Umweltbereich sehe ich Handlungsbedarf. Inzwischen muss man da ja nicht mehr viel zu sagen, so selbstverständlich ist die Notwendigkeit von Umwelt- und Klimaschutz geworden.
Wir werden durch die Abkoppelung von mindestens 15 Prozent des Regenwassers dazu beitragen, den natürlichen Wasserkreislauf wieder zu stärken. Das geschieht beispielsweise durch die Verwendung durchlässiger Pflasterungen oder Beläge, so dass das Wasser versickern kann. Das macht ökologisch aber auch ökonomisch Sinn, denn was sollen wir Regenwasser aufwendig in Kläranlagen reinigen?!
Außerdem wollen wir zukünftig ökologische Aspekte stärker beim Flächenmanagement berücksichtigen. Dabei hat sich das Ökokonto bereits bewährt, mit dessen Hilfe wir ökologische relevante Eingriffe in die Natur schon vorab kompensieren können. Dies gilt es nun auszubauen, damit Ausgleichmaßnahmen auch wirklich hier vor Ort durchgeführt werden und nicht anderswo zum Tragen kommen. Das Ökokonto bringt so Ökonomie und Ökologie in Einklang. Und es trägt zu einer Verbesserung der Lebensqualität in Gelsenkirchen und der Region bei. Eine Zukunftsinvestition? Natürlich!
Aber die Menschen in unserer Stadt sollen nicht nur in einer möglichst intakten Umwelt leben, sie sollen sich auch sicher fühlen.
Wir sind eine der sichersten Großstädte in ganz Deutschland, das belegen Zahlen des Bundeskriminalamtes! Sehr viele sind dennoch angesichts von negativen Schlagzeilen froh, wenn sie Ordnungskräfte im Stadtbild sehen, dort Hilfe erfahren. Der Kommunale Ordnungsdienst, der nun schon seit Januar 2007 besonders an so genannten Angstorten Streife geht, ist ein Erfolgsmodell - und deshalb werden in Zukunft zwei weitere Kräfte [Steigerung von 6 auf 8 Stellen!] das Team dort verstärken. Denn auch Polizei, Bundespolizei, Deutsche Bahn und Bogestra sind froh über die Unterstützung durch unsere städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die eine hervorragende Arbeit machen!
Meine Damen und Herren,
im vorliegenden Haushaltsentwurf schlägt sich auch schon das Kulturhauptstadtjahr nieder. Selbstverständlich braucht die Vorbereitung dieses Großereignisses, das vielversprechende Chancen für unsere Stadt birgt, ihren Vorlauf. Ich freue mich, dass Gelsenkirchen bei RUHR.2010 eine wichtige Rolle spielt. Das wird schon daran deutlich, dass hier die Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres stattfinden wird. Aber das zeigen auch die eingereichten Projekte aus unserer Stadt.
Wir müssen versuchen mit RUHR.2010 eine ähnliche Wirkung zu erzielen wie mit der Fußball Weltmeisterschaft: Wir können Menschen im In- und Ausland zeigen, dass Gelsenkirchen eine offene, lebenswerte Stadt ist. Manche meinen, der Kulturbereich werde bei uns vernachlässigt. Da widerspreche ich ! Wir werden hier in den kommenden Jahren jeweils etwa 30 Millionen Euro ausgeben - das ist für eine Nothaushaltskommune eine große Kraftanstrengung. Allein 17,8 Millionen davon entfallen übrigens auf die laufenden Kosten von Musiktheater und Neuer Philharmonie.
Die lokalen Stärken werden auch bei RUHR.2010 betont werden. Dazu gehört bei uns das Musiktheater, das wir in den nächsten Jahren für fast 10 Millionen Euro grundlegend sanieren wollen. Davon benötigen wir allein 5,3 Millionen Euro für die dringend notwendigen Arbeiten am großen Zuschauerraum. Dazu kommen in den nächsten Jahren zum Beispiel die Erneuerung von Lüftungsanlagen, technische Verbesserungen und die Sanierung des Platzes. (Übrigens: mit Herrn Prof. Ruhnau sind wir in Kontakt. Selbstverständlich soll er in die Umbauplanungen einbezogen werden. Nächste Woche Dienstag wird es ein weiteres Arbeitsgespräch mit ihm geben.)
Ich halte diese Investition für eine lohnende, wenn man sich vor Augen führt, was für eine Bedeutung dieses Haus auch als Identifikationspunkt für viele Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener hat. Das MiR, das unter Kritikern als zweitbestes Musiktheater in NRW gilt, erfährt nicht nur an der einen oder anderen Stelle dringend nötige Schönheitsreparaturen, sondern wesentliche Teile der Haustechnik werden auf den letzten Stand gebracht und die Akustik durch eine Anhebung der Decke deutlich verbessert! Das ist nach dem Wegfall des konzertanten Saales im Hans-Sachs-Haus auch die Einlösung eines Versprechens. Denn diese akustische Aufwertung des Musiktheaters schafft da einen Ausgleich - und auch das ist eine Zukunftsinvestition!
Aber 10 Millionen Euro sind eine Menge Geld, das andere Städte nicht für ein Theater ausgeben. Vielleicht, weil sie gar kein Theater haben. Das sind aber immer Städte, die uns hier von interessierter Seite als Musterbeispiel vorgehalten werden, was woanders möglich ist. Natürlich ließe sich mit dem im Haushaltsentwurf vorgesehenen Geld auch ein Museumsanbau finanzieren - aber beides geht zur Zeit nicht!
Ich habe mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf einen Vorschlag für die Verwendung dieser Mittel unterbreitet. Nun liegt die Entscheidung bei Ihnen, meine Damen und Herren.
Aber natürlich hat das Städtische Museum eine wichtige Funktion in der Stadt und eine beachtliche Sammlung. Deshalb stellen wir zusätzliche Gelder bereit, um dringend notwendige Restaurierungen durchzuführen, aber auch um das museumspädagogische Angebot auszubauen. Zudem wollen wir die Wahrnehmung des Museums in der Öffentlichkeit verbessern und so auch die Anzahl der Besucher erhöhen.
Meine Damen und Herren,
die Menschen in unserer Stadt erwarten zu Recht, dass wir uns um sie kümmern, ihre Probleme ernst nehmen und angehen.
Das ist viel Detailarbeit, es sind zig Mosaiksteinchen, die hier zusammengefügt werden - aber es lohnt sich, weil es den Menschen und Gelsenkirchen insgesamt nützt. Nun, auch diese Kleinteiligkeit mag gelegentlich dazu beitragen, dass man nicht jeden Schritt in der Zeitung lesen kann.
Wir erfinden ja auch nicht alles neu. Aber wir drehen an unzähligen Schrauben und verändern so auch das große Ganze, bauen an einem zukunftsfähigen Gelsenkirchen. Das gilt auch im Wortsinn. Ich habe im vergangenen Jahr besonders auf die Stadtentwicklung gesetzt. Deshalb mache ich es hier heute an dieser Stelle auch etwas kürzer. Die Bedeutung allerdings bleibt.
Und folglich werden wir in diesem Jahr in den im September vom Rat beschlossenen sechs Stadtteilen, in Hassel, Scholven, Horst, Rotthausen, Buer und Feldmark Planungskonzepte beauftragen und möglichst mit ersten Maßnahmen beginnen. Der Entwurf für ein Stadtteilkonzept Schalke wird in Kürze eingebracht werden.
Die Entwicklung vor Ort ist entscheidend dafür, dass Menschen sich wohl und als Teil unserer Gesellschaft fühlen. Deshalb setzten wir in den Quartieren an, vor der Haustür unserer Bürgerinnen und Bürger.
Aber wir wollen auch das Stadtbild deutlich verbessern. Deshalb haben wir gehandelt, als sich eine neue Möglichkeit für die Domplatte in Buer ergeben hat.
Deshalb denken wir über bauliche Verbesserungen am Heinrich-König-Platz nach. Und deshalb wird die Fußgängerzone in der Neustadt angegangen.
Und natürlich spielt hier auch das Hans-Sachs-Haus eine Rolle, bei dem es nach Beginn des Architekturwettbewerbs nun konsequent weitergeht - wie ja hier gemeinsam beschlossen!
Der laufende Architektenwettbewerb führt zu einer Debatte, die nach vorne gerichtet ist - das ist entscheidend. Und - soviel kann ich hier wohl sagen: Es sind wirklich spannende Entwürfe dabei.
Meine Damen und Herren,
wenn alles gut geht, dann wird der erste ausgeglichene Haushalt der Stadt im Jahr 2011 wieder im Hans-Sachs-Haus beschlossen.
Der aktuelle Doppelhaushalt wird dazu beitragen, dass die Lebensqualität in Gelsenkirchen weiter steigt und sich Chancen verbessern - für alle Bevölkerungsgruppen, aber insbesondere für Familien, Ältere und Menschen mit Migrationsbiographien. Das alles geht hier bei uns vielleicht langsamer als woanders, aber es wird beständig geschehen.
Einige der von mir vorgesehenen Maßnahmen mögen Ihnen bekannt vorkommen. Richtig. Sie waren Gegenstand der Arbeitsgruppen im Rahmen der strategischen Steuerung. Überparteilich haben Sie, meine Damen und Herren Stadtverordnete, über Ziele und dann über Maßnahmen gearbeitet.
Für diesen für Gelsenkirchen neuen Weg, der aus meiner Sicht äußerst konstruktiv abgelaufen ist, sage ich Ihnen vielen Dank.
Von den Ergebnissen, die Sie gemeinsam erarbeitet haben, habe ich die ausgewählt, die in meine Vorstellungen von Gelsenkirchen 2020 und in den finanziellen Rahmen passen. Aber das Urheberrecht, und das gebe ich hier gern zu Protokoll, haben Sie gemeinsam mit den Fachverwaltungen.
Vielleicht hilft das ja, diesen Doppelhaushalt auch in einem breiten Konsens zu beraten und dann auch zu beschließen. Ich würde es mir jedenfalls wünschen. Ich weiß, der Kommunalwahlkampf naht, auch wenn wir noch gar nicht wissen, wann der Wahltermin genau sein wird. Aber, wir alle sind bis Oktober 2009 gewählt.
Ich will da gern Herrn Abgeordneten Meckelburg zitieren, der am 18.09.2003 gesagt hat: „Niemand in der Stadt will und braucht einen langen Wahlkampf. Gelsenkirchen braucht kein einjähriges Wahlkampfgetöse, sondern konstruktive Arbeit im Rat für die Weiterentwicklung."
Ich gebe Herrn Meckelburg Recht. Die Bürgerinnen und Bürger hätten kein Verständnis dafür, wenn wir schon jetzt die Sacharbeit durch Wahlkampf ersetzen würden.
Meine Damen und Herren, der Haushalt liegt nun in Ihren Händen oder um es gelsenkirchentypisch zu sagen: der Haushalt liegt nun im Spielfeld des Rates. Meine dringende Bitte: Verwandeln Sie diesen Ball zu einem Tor für Gelsenkirchen! Denn dieser Doppelhaushalt ist mehr, als ein politisch-inhaltliches Konzept, ein Entwurf für ein besseres Leben in unserer Stadt.
Dieser Doppelhaushalt ist der Weg raus aus der Fremdbestimmung und hin zu einem ausgeglichenen Haushalt in 2011.
So kommt die Stadt Gelsenkirchen nach einigen Jahren des durchgängigen Nothaushalts dem Normalzustand der kommunalen Selbstverwaltung ein großes Stück näher. Nämlich, dass der Haushalt eigenverantwortlich bewirtschaftet werden kann!
Aber das soll uns nicht zu der irrigen Annahme führen, jetzt könnten wir wieder richtig Geld ausgeben.
Wir müssen weiter sparen, denn wir wollen mittelfristig den Haushaltsausgleich, um weitere Handlungsspielräume zu gewinnen. Und deshalb finde ich es richtig, dass der Rat auf eine Prioritätenliste zur Investitionssteuerung nicht verzichtet, obwohl sie nicht mehr für die Kommunalaufsicht nötig sein wird. Das ist ein gutes Instrument zur Steuerung und zur Haushaltsdisziplin.
Meine Damen und Herren,
der vorliegende Doppelhaushalt ist ein ambitioniertes Projekt.
Es hat den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Kämmerei viel Arbeit gemacht - Ihnen und dem Kämmerer gilt heute mein besonderer Dank.
Aber ich danke auch den anderen Verwaltungsvorständen und den Vorstandsbereichen, die einen beachtlichen Anteil an der Konsolidierung des Haushaltes haben. So konnten wir den Fehlbetrag im Ergebnishaushalt 2006 fast halbieren: Nur 49,4 Millionen statt 95,4 Millionen Euro! Und für 2007 zeichnet sich ebenfalls ein gutes Ergebnis ab.
Angesichts dieser Zahlen stelle ich fest:
Die Talsohle ist durchschritten! Wir können optimistischer in die Zukunft schauen.
Gelsenkirchen ist auf dem richtigen Weg!
Glück auf!