08. Juli 2011, 11:02 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
lieber Bernd Schindowski,
was wir hier heute tun, ist ja schon ein bisschen paradox. Es geht heute viel um Tanz und Tänzer, um Musik und Musiktheater. Und was wir tun, ist: Wir reden. Gewiss: nicht nur, aber auch und viel. Und das alles auch noch sitzend.
Und ob Worte wirklich ausdrücken können, worum es geht: im Tanz, in der Kunst - ist doch sehr die Frage. Wenn man alles in Worte fassen könnte, dann müsste man nicht malen, nicht musizieren, nicht tanzen. Die Kunst, die Kunst beginnt da, wo das Sagbare endet, wo man nicht einfach formulieren kann, was man meint, wo es um Intuition und Gefühl, um Stimmungen und Schwingungen weit eher geht, als um klare begriffliche Definitionen. Die Kunst - die geht dahin, wo es spannend wird. Nicht umsonst sprechen Sie selbst, lieber Bernd Schindowski, von „der unerschöpflichen Welt des nonverbalen Mediums Tanz“.
Aber dieses Paradox können wir uns und Ihnen heute leider nicht ersparen. Anders als Ihnen steht mir nur dieses eine Medium - die Sprache - zur Verfügung. Ich kann Ihnen meine Rede hier nicht mal eben tanzen. Und wie es klänge, sänge ich meine Gedanken, malen Sie sich lieber gar nicht erst aus. Also bleibt uns heute nur übrig, über das Tanzen, über die Tänzer und über denjenigen, der dies in Gelsenkirchen zu einer großen Disziplin gemacht hat, zu sprechen.
Und in der Tat: Das eine oder andere Wort muss gesagt werden, wenn jemand nach 33 Jahren und über 100 Produktionen die Wirkungsstätte Musiktheater im Revier verlässt. Zu allererst doch wohl: Dass es offenbar passte. Dass es passte zwischen MiR, Gelsenkirchen und Bernd Schindowski. Denn eine solch lange Zeit an ein und derselben Bühne - das ist in der Tanz- und Theaterszene höchst ungewöhnlich.
Wie das so ist in einer solch langen Beziehung: Man hat sich nichts geschenkt. Es gab manche Krise und Verständnislosigkeit, die aber immer mehr als aufgewogen wurden von betörenden gemeinsamen Glücksmomenten – so wie es eben sein muss in einer lebendigen Beziehung.
Bernd Schindowski hat dazu mal gesagt, dass es ihm weit mehr auf die innere als auf die äußere Beweglichkeit ankommt. Wohl wahr. Das haben Sie bewiesen. Und fanden immer ein, wenn auch manches Mal kritisches, doch leidenschaftliches und neugieriges Publikum vor. Auch das hebt Bernd Schindowski oft hervor: die Offenheit des Gelsenkirchener Publikums für seine Kunst. Ich denke, es ist höchste Zeit, dieses Kompliment zurückzugeben und mich, stellvertretend für alle Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener, zu bedanken:
für 33 Jahre voller Innovationen und Impulse, die Bernd Schindowski mit seiner Compagnie der Stadt gegeben hat und die die innere Beweglichkeit des Ballettdirektors unterstreichen.
Für die Neugierde, mit der er sich mit der Lebenswelt der Menschen hier auseinander gesetzt hat.
Für die Leidenschaft und Ausdauer, mit der er – ich denke, das kann man so sagen: - bundesweit einzigartig das Tanztheater von und für Kinder und Jugendliche aufgebaut hat.
Und dafür, dass er dafür gesorgt hat, dass die Stadt Gelsenkirchen einen festen und prominenten Platz in der deutschen Tanzlandschaft hat.
Wenn das Musiktheater im Revier heute in der Bühnenwelt so gut positioniert ist, dann ist das auch mit ein Verdienst der Arbeit von Bernd Schindowski!
Jemand, der so voller Leidenschaft für sein Ballett, für sein Theater und – ja, ich glaube, man kann es sagen: - für seine Stadt gearbeitet hat, der wird froh sein zu wissen, dass sein – ja – Lebenswerk nun in guten Händen weitergeführt wird. Ich sage das auch an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich: Das Musiktheater im Revier gehört untrennbar zu Gelsenkirchen! Und das Ballett gehört untrennbar zum Musiktheater im Revier! Dazu gab es in Gelsenkirchen nie eine zweite Meinung!
Lieber Bernd Schindowski, Gelsenkirchen wird weiterhin einer der ganz großen und wichtigen Orte für Tanztheater bleiben. Dass Gelsenkirchen das wurde, das ist Ihr Werk.
Und dafür danke ich Ihnen herzlich!
Glück auf!