20. März 2014, 15:55 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
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GE. Der Artikel „Gute Noten – schlechtes Los“ und der zugehörige Kommentar in der WAZ-Ausgabe vom 20. März 2014 könnten Leserinnen und Lesern den Eindruck vermitteln, dass die Stadt Gelsenkirchen und die Bezirksregierung Münster wegen schlechter Planung und Böswilligkeit für die Abweisungen am Schalker Gymnasium verantwortlich seien. Da dies nicht den Tatsachen entspricht, erläutert der zuständige Bildungsdezernent, Stadtrat Dr. Manfred Beck, die Situation:
„Schulentwicklungsplanung läuft so, dass man versucht, Schülerzahlenprognosen, Elternwahlverhalten und vorhandene Schulgebäude in pädagogisch sinnvoller und ökonomisch verantwortlicher Weise zusammen zu bringen. Dies kann nicht immer zufriedenstellend funktionieren. So mussten in diesem Jahr an Gesamtschulen in Gelsenkirchen 452 Schülerinnen und Schüler abgewiesen werden. Diese Abweisungen wären nur mit drei weiteren Gesamtschulen zu vermeiden gewesen! Dass dort ein Gegensteuern nicht von heute auf morgen möglich ist, liegt auf der Hand. Es gibt vermutlich keine Großstadt in Nordrhein-Westfalen, in der nicht an einzelnen Schulen oder gar Schulformen Abweisungen vorgenommen werden müssen. Bei Gymnasien ist es in Gelsenkirchen – anders als bei Gesamtschulen – so, dass alle Schülerinnen und Schüler, die an dieser Schulform angemeldet werden, auch einen Platz erhalten.
Das Schalker Gymnasium stellt einen Sonderfall dar, weil es ein Konzept dafür entwickelt hat, dreizügig am Schulversuch G 9 (neun statt acht Jahre bis zum Abitur) inklusiv teilzunehmen. Auf Basis dieses Konzeptes hat der Rat die Beantragung der Teilnahme am Schulversuch beschlossen. Das wurde durch das Land NRW genehmigt. Der Schulversuch ist nicht erweiterbar, also können andere Gymnasien nicht mehr teilnehmen. Eine flächendeckende Rückkehr zu G 9 ist in NRW kurzfristig nicht zu erwarten, weil die Landesregierung allen Betroffenen ersparen möchte, innerhalb kurzer Zeit wieder landesweit ein neues Konzept in den Schulen umsetzen zu müssen. Deshalb ist zurzeit aus Düsseldorf zu hören, dass der Kurs der CDU-FDP-Regierung, G 8 an Gymnasien und G 9 an Gesamtschulen anzubieten, beibehalten werden soll.
Das am Schalker Gymnasium genehmigte und umgesetzte Konzept der Teilnahme an einem zeitlich begrenzten Schulversuch beinhaltet also Dreizügigkeit und Inklusion!
Im letzten Anmeldejahr trat nun die Situation ein, dass unvorhersehbar deutlich mehr Anmeldungen vorhanden waren, als in drei Parallelklassen unterzubringen waren. Weil den anmeldenden Eltern am Schalker Gymnasium (anders als bei den meisten Gesamtschulen) nicht klar war, dass die Anmeldung keine Aufnahme garantiert und eben G 9 etwas Anderes ist als G 8, hat die Bezirksregierung im Einvernehmen mit der Schule und der Stadt Gelsenkirchen ausnahmsweise und einmalig genehmigt, durch ‚Zusammenrücken‘ einen vierten Zug einzurichten. Gleichzeitig wurde aber klar gestellt, dass dies nur einmalig möglich ist und deshalb den Eltern – wie an einer Reihe weiterer Schulen in Gelsenkirchen – vermittelt werden muss, dass bei Anmeldeüberhängen Abweisungen erfolgen müssen. Nach Abschluss des Anmeldeverfahrens kam seitens der Schule der Vorschlag, zwei Jahre mit Inklusion auszusetzen (also vom Konzept Abstand zu nehmen) und statt der vorbereiteten Umbauten noch stärker ‚zusammenzurücken‘.
Ab dem Schuljahr 2014/15 wird Eltern von Kindern mit Handicaps ein gesetzliches Wahlrecht zwischen Regel- und Förderschulen eingeräumt. Das bedeutet, dass jedes Kind, das für Regelschulen angemeldet wird, dort auch angemessen beschult werden muss. Deshalb kann auf die sechs Plätze für behinderte Kinder am Schalker Gymnasium nicht verzichtet werden. Da neben der Raumplanung auch die Lehrerversorgung entsprechend organisiert werden muss, gibt es aus Sicht der Bezirksregierung und der städtischen Schulverwaltung keine Alternativen“, so Dr. Manfred Beck.
Im WAZ-Kommentar wird die Meinung vertreten, G 8 habe sich nicht bewährt. Dies ist keinesfalls wissenschaftliche und politische Mehrheitsposition. Die anderen Gelsenkirchener Gymnasien sind in diesem Punkt anderer Meinung. Der Schulversuch G 9 am Gymnasium ist, wie alle Schulversuche, vom Gesetzgeber mengenmäßig und bezüglich der Laufzeit begrenzt – insofern hätten Stadt und Bezirksregierung entgegen der im Kommentar geäußerten Meinung für höhere Anmeldezahlen keine Vorsorge treffen können. Das Schalker Gymnasium wird benötigt, um den gesetzlichen Auftrag der Inklusion erfüllen zu können. Auch diesbezüglich gibt es keinen Spielraum für Bezirksregierung und Stadt. Die Stadt Gelsenkirchen hatte ein vorgezogenes Anmeldeverfahren für das Schalker Gymnasium beantragt, was nach der geltenden Rechtsprechung jedoch nicht genehmigt werden konnte. Dass Auswahlentscheidungen bei Anmeldeüberhängen nach Losverfahren getroffen werden, hat somit nichts mit Spielsucht der Behörden zu tun, sondern ist ebenfalls Ergebnis jahrelanger gerichtlicher Auseinandersetzungen. Eine Auswahl nach Notenschnitt oder ähnlichen Kriterien ist jedenfalls nicht zulässig.
Fazit: Jede Abweisung einer Schülerin oder eines Schülers von der gewählten Schule ist ärgerlich. Dort, wo Kapazitäten nicht reichen, muss nachgesteuert werden. Durch die Gründung einer neuen Gesamtschule in Erle wurde für die Gesamtschulen ein solcher Schritt getan. Auch wenn damit die G 9-Abiturmöglichkeiten in Gelsenkirchen erweitert wurden, reicht dieser Schritt bei Weitem nicht aus, um dem Elternwillen gerecht zu werden. Beim Schulversuch G 9 am Gymnasium ist eine solche Ausweitung rechtlich nicht möglich! Die zuständigen Behörden können deshalb lediglich beim Anmeldeverfahren sicherstellen, dass den Eltern erklärt wird, dass eine Anmeldung keine Aufnahmegarantie an dieser Schule bedeutet, damit sie sich um Alternativen bemühen können. Dies haben Bezirksregierung und Stadt dem Schalker Gymnasium bereits im letzten Jahr vermittelt.
Für die Abgewiesenen bleibt leider nur die Alternative G 8-Gymnasium oder die Gesamtschule Ückendorf. Die Abiturientenzahlen bei beiden Alternativen zeigen, dass auch dies erfolgversprechende Bildungsalternativen sind, wenn auch nicht „erste Wahl“ der Eltern.