11. September 2014, 13:05 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Stadtverordnete,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
nachdem im letzten Jahr der Haushalt erstmalig auf dem Parkett des neuen Ratssaals eingebracht wurde, habe ich heute das Vergnügen einem neu gewählten Rat den ersten Haushalt seiner Legislaturperiode vorzulegen. Es wird jedoch kein Ratsmitglied überraschen - egal ob schon jahrzehntelang im Rat aktiv oder gerade frisch zur bzw. zum Stadtverordneten gewählt -, dass auch der Haushalt 2015 dem eingeschlagenen Weg der Haushaltskonsolidierung folgt - ja weiter folgen muss.
Wie gewohnt verrate ich Ihnen auch dieses Mal das Ergebnis nicht erst zum Schluss:
Der vorliegende Haushaltsentwurf 2015 schließt mit einem Defizit von rd. 43 Mio. € ab. Damit ist das Defizit von 2013 fast halbiert, aber bis 2018 bleibt nur wenig Zeit, um es komplett abzubauen. Wir sind sozusagen bereits in der 2. Halbzeit.
Meine Damen und Herren, mit Defiziten ist es so ähnlich wie mit Gegentoren im Fußball. Schön, wenn man sich keines einfängt, aber wenn doch, zählt das Endergebnis. Im Endergebnis können wir mit dem vorgelegten Haushalt die gesteckten Ziele erreichen: Haushaltsausgleich ab 2018 und damit Wahrung einer - wenn auch eingeschränkten - Handlungsfähigkeit. Dieses Ziel kennt keine Alternative außer der Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung. Ich hoffe daher, dass Sie den eingeschlagenen Weg konsequent und verantwortungsbewusst weitergehen. Aber warum sind wir in dieser Situation?
Bevor ich mich im Jahr 2012 für eine Teilnahme an der 2. Stufe des Stärkungspaktes ausgesprochen habe, stellte ich mir eine einfache Frage: „Lieber Konsolidierungshilfen bekommen oder Konsolidierungshilfen bezahlen?“. Und obwohl ich den Ansatz „arm finanziert ärmer“ bis heute nicht nachvollziehen kann, stehe ich weiterhin zur Teilnahme am Stärkungspakt. Denn mit unserer Teilnahme erhalten wir von 2012 bis 2020 rd. 190 Mio. € Stärkungspaktmittel.
Dafür sind wir die Verpflichtung eingegangen, den Haushaltsausgleich bis 2018 (mit Konsolidierungshilfe) bzw. bis 2021 (ohne Konsolidierungshilfe) darzustellen und einen Haushaltssanierungsplan aufzustellen.
Aber machen wir uns nichts vor, die Gemeindeordnung schreibt ohnehin vor, dass der Haushalt in jedem Jahr auszugleichen ist.
Dieser Sanierungskurs verlangt uns natürlich auch erhebliche eigene Anstrengungen ab. Wenn wir den Zeitraum 2015-2021 betrachten, ist das Volumen des Haushaltssanierungsplans von 22 Mio. € im HSP 2012 auf aktuell über 180 Mio. € gestiegen. Dieser gewaltigen Steigerung liegt eine Vielzahl von Maßnahmen zugrunde, die alle Bereiche der Verwaltung, die Beteiligungen und auch die Bürgerschaft betrifft. Ich kann Ihnen aber schon jetzt versprechen, dass wir in Gelsenkirchen echte Konsolidierung betreiben - keine Symbolpolitik.
Leider werden die Kassenkredite bis zum Haushaltsausgleich in 2018 eine Höhe von 800 Mio. € erreicht haben, die es dann Stück für Stück abzubauen gilt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
in den letzten Tagen und Wochen war in den Medien immer wieder die Rede von den Milliardenüberschüssen der öffentlichen Haushalte. Da war in bunten Großbuchstaben die Rede von Überschüssen von mehr als 16 Mrd. Euro. „Der Bundeshaushalt liegt im ersten Halbjahr mit 4 Mrd. € im Plus“. Bilder des grinsenden Bundesfinanzministers.
Allein der Überschuss der Gemeinden belief sich auf insgesamt 5,3 Mrd. €. Man zeichnet unwillkürlich Bilder von sprudelnden Steuereinnahmen und einer robusten Beschäftigungssituation. Es fallen Stichworte wie „Schuldenabbau“ und „ausgeglichener Haushalt“. Sie sehen mich heute trotzdem nicht in heiterer Ausgelassenheit einen Haushalt präsentieren, der sich quasi von selbst saniert hat. Jede Stadt muss für sich selbst den Haushalt ausgleichen – es reicht nicht, wenn im Durchschnitt Überschüsse erwirtschaftet werden. Dass statistische Werte durchaus in die Irre führen können ist ja nichts Neues. Ich erinnere da nur an den Jäger, der bei einem Hasen das erste Mal knapp links, und beim zweiten Mal knapp rechts daneben schoss.
Meine Damen und Herren, im statistischen Durchschnitt gäbe es jetzt einen toten Hasen und wir hätten einen ausgeglichenen Gelsenkirchener Haushalt. Als Jäger aber weiß ich, dass sich der Hase bester Gesundheit erfreut. Als Kämmerer kann ich Ihnen versichern, dass der Haushalt 2015 kein Ausgeglichener ist.
Denn anders als es der allgemeine Freudentaumel vermuten lässt, ist zumindest die Situation der Kommunalhaushalte äußerst heterogen. Während in einigen Kommunen die Steuereinnahmen wie Starkregen vom Himmel fallen, kämpfen wir mit einer anhaltenden Dürreperiode.
Prägnante Gegenbeispiele zu unserer Situation finden Sie in unserer Landeshauptstadt Düsseldorf, aber auch in München oder Frankfurt.
Während wir seit Jahrzehnten mit defizitären Haushalten kämpfen erwirtschaftet zum Beispiel Düsseldorf seit Jahren Überschüsse.
Natürlich möchte ich keine Neid-Debatte beginnen, ich möchte nur verdeutlichen: Die positive Haushaltslage ist nicht Ergebnis eines eisernen Spardiktats sondern weil man dort aus den Vollen schöpfen kann.
Allein die Gewerbesteuer bringt dort im Schnitt mehr als 800 Mio. € pro Jahr. Also fast das 10-fache im Vergleich zu Gelsenkirchen bei nur gut doppelt so vielen Einwohnern. Das erleichtert den Haushaltsausgleich erheblich. Eine Begründung für die Finanzprobleme in Gelsenkirchen zu nennen fällt nicht schwer. Wir können keine einfache Konsolidierung über die Aufwandsseite betreiben. Die großen Aufwandsposten der Sozial- und Jugendhilfe - wir reden hier in 2015 von über 200 Mio. € - sind Folge gesetzlicher Pflichtaufgaben. Auch die Behindertenhilfe und der Kita-Ausbau sind obligatorisch. Wir haben keinen Speck mehr auf den Haushaltsrippen, haben keine leicht zu opfernden Prestigeprojekte. Wenn wir in Gelsenkirchen im großen Stil aufwandsseitig sparen wollten, dann ginge das nur auf Kosten der Substanz: Indem wir notwendige Sanierungen noch weiter hinausschieben und unsere Verkehrs- und Bildungsinfrastruktur verfallen lassen oder stadtprägende Kultur- und Freizeitangebote ausdünnen.
Das hat aber nichts mit sinnvoller Konsolidierung zu tun und ist mit mir auch nicht zu machen. Ganz im Gegenteil, wir setzen weiterhin auf Prävention insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe und investieren in unsere Verkehrsinfrastruktur.
Das Gesamtvolumen der Investitionen beläuft sich in 2015 auf rd. 50 Mio. €.
Es muss also zwangsläufig die Ertragsseite nachhaltig verbessert werden.
Konnte Gelsenkirchen in den Jahren 2006-2008 im Mittel noch rd. 165. Mio. € Gewerbesteuern verzeichnen, hat sich der Mittelwert der Jahre 2011-2013 mit rd. 68 Mio. € damit mehr als halbiert.
Das Gewerbesteueraufkommen Gelsenkirchens wurde im Wesentlichen von wenigen Großbetrieben getragen, insbesondere aus der Energiebranche. Natürlich ist das alleine bereits ein strukturelles Problem: Schwierigkeiten eines einzelnen Betriebes führen bereits zu massiven Gewerbesteuereinbrüchen. Neben dieser „strukturellen Abhängigkeit“ hat die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 unserer Ertragslage schwer zugesetzt.
Hinzu kommen dann noch weitere nicht zu Ende gedachte bundespolitische Entscheidungen, hier insbesondere die
Energiewende. Zur Klarstellung: Die Energiewende an sich stelle ich gar nicht in Frage. Aber ich stelle in Frage, dass sich auch nur ein Mitglied des Bundestages Gedanken darüber gemacht hat, welche Auswirkungen diese Entscheidung auf die Kommunen hat, die von den Steuern der Energiebranche abhängig sind. Ganz abgesehen von der damit einhergehenden Vermögensvernichtung.
Ich darf auch die Folgen für Gelsenkirchen noch einmal in Erinnerung rufen:
Im Jahr 2012 wurden aus veranschlagten 108 Millionen € Gewerbesteuern am Jahresende noch 23 Millionen €.
Meine Damen und Herren, ich musste Ihnen in der Vergangenheit mehrfach schlechte Nachrichten zur Gewerbesteuer überbringen und häufiger als mir lieb ist die Gewerbesteuererwartung nach unten korrigieren.
Für 2015 kalkulieren wir mit 85 Mio. € Gewerbesteuer.
Ob wir diesen Betrag halten können, vermag ich nicht zu sagen, musste ich doch schon im HFBP eine weitere Hiobsbotschaft verkünden. Doch solange Reformen ausbleiben - und keine der strukturstarken Regionen wird angesichts sprudelnder Steuern einen Reformbedarf erkennen - wird auch in Zukunft hier in Gelsenkirchen die Gewerbesteuer keine verlässliche Kommunalsteuer sein.
Ein weiteres, nicht nur fiskalisch bedeutsames Kennzeichen der Situation Gelsenkirchens, ist die auf hohem Niveau stagnierende Arbeitslosigkeit. Wir kämpfen mit einer der bundesweit höchsten SGB-II-Quoten. 22,1%. Ein knappes Viertel. Jede vierte Familie in Gelsenkirchen bezieht Leistungen nach dem SGB II. Die Quote der Langzeitbezieher liegt bei über 70%.
40% aller Kinder, die in Gelsenkirchen geboren werden, wachsen im SGB-II-Bezug auf. Allein die Kosten der Unterkunft steigen in der Planung für 2015 zum ersten Mal über die 100-Mio.-€-Marke.
Diesem Problem stellen wir uns seit Jahren. Tagtäglich. Doch bei mir wächst die Vermutung zur Gewissheit, dass die üblichen Ansätze aufgrund der besonderen strukturellen Gegebenheiten nicht zum Erfolg führen werden. Die Menschen, die erfolgreich in Arbeit vermittelt werden, haben eine durchschnittliche Beschäftigungsdauer von 5 Monaten, bis sie zum Jobcenter zurückkehren.
Man könnte sagen, das prägende Element - der Ausgangspunkt für diese Situation, wenn Sie so wollen - liegt unter unseren Füßen. Genauer gesagt hunderte Meter unter der Erde. Gelsenkirchen hat lange Zeit von der Montanindustrie profitiert.
Kaufkraft, Steuern, Kultur, Wachstum …eine Großstadt in Blüte. Das sehen wir auch heute noch an etlichen stolzen Gebäuden und Industriedenkmälern. Doch blicken wir heute auch auf über 50.000 weggefallene Arbeitsplätze zurück, in dem Wissen, dass nirgendwo sonst in der Republik das Verhältnis von Arbeitsplätzen zu Arbeitslosen so ungünstig ist wie bei uns. Meine Damen und Herren, es kann doch - es darf doch nicht sein -, dass strukturschwachen Regionen ihre strukturellen Probleme allein lösen müssen. Deswegen brauchen wir dringend flankierende strukturelle Unterstützung. Wir wollen doch nicht bis zum Sanktnimmerleinstag am finanziellen Tropf von Bund oder Land oder sonst wem hängen. Strukturellen Schwächen muss man auch strukturell, das heißt mit Arbeitsplätzen, begegnen, meine Damen und Herren. Finanzielle Hilfe allein löst die Probleme nicht. Dass man uns dann nicht nur mit der hohen Arbeitslosigkeit allein lässt, sondern auch noch bei hier vor Ort entwickelten Ideen - ich erinnere nur an den Gelsenkirchener Appell - lieber Steine in den Weg legt, anstatt die Eigeninitiative der Stadt zu fördern, das kann ich nicht nachvollziehen.
Aber zu strukturellen Unzulänglichkeiten wie der regelmäßig einbrechenden Gewerbesteuer und der hohen Arbeitslosigkeit gesellen sich leider noch weitere Problemfelder. In Gelsenkirchen stehen rd. 12.000 Wohnungen leer. Dieser hohe Wohnungsleerstand ist ein Grund dafür, dass Gelsenkirchen neben Dortmund und Duisburg eine der am stärksten von der Zuwanderung EU-Ost betroffenen Städte ist. Wir zählen deutlich über 4.000 Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien, die es nun gilt in unsere Stadtgesellschaft zu integrieren – mit allen sprachlichen und kulturellen Barrieren. Wir begegnen den Zuwanderern mit umfangreichen Maßnahmen und nehmen damit auf kommunaler Ebene die Basisarbeit auf, um in Brüssel getroffene Entscheidungen am langen Ende nicht zur Zerreißprobe städtischen Zusammenlebens werden zu lassen. Denn das Problem beschränkt sich nicht nur auf fehlende Dolmetscher oder Gesundheitshilfen.
Natürlich werden einige der ergriffenen Maßnahmen refinanziert – das ist jawohl auch das Mindeste. Doch zum einen ist die dauerhafte Finanzierung der integrationsfördernden Maßnahmen nicht gesichert, zum anderen bedarf es daneben auch nachhaltiger Investitionen in die Regelsysteme.
Lassen wir die Regelsysteme bei Betrachtung der Zuwanderung außer Acht, konterkarieren wir alle unsere Anstrengungen der vergangenen
Jahre! Natürlich können wir es uns nicht aus eigener Kraft leisten die Regelsysteme an die gestiegenen Anforderungen anpassen. Die Stichworte Konnexität und allgemeine Finanzgarantie gelten für die Inklusion genauso wie für die Einrichtung internationaler Förderklassen.
Gelsenkirchen setzt sich daher gemeinsam mit Dortmund und Duisburg dafür ein, dass das Land NRW diese besonderen Belastungen auch in Euro und Cent würdigt – und zwar in Form eines Sonderbelastungsausgleichs nach dem Gemeindefinanzierungsgesetz.
Im Haushalt 2015 sind SGB-II-Leistungen für Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien mit pauschal gut 2 Mio. € eingeplant. Diese gut 2 Mio. € stellen wir durch eine veranschlagte Erstattung durch den Bund in gleicher Höhe haushaltsneutral dar. Damit möchten wir keine Haushaltskosmetik betreiben. Das ist unsere Erwartungshaltung.
Lassen Sie mich nun zur bedeutendsten Ertragsposition kommen, den Schlüsselzuweisungen des Landes.
Schlüsselzuweisungen sind eigentlich ein Instrument um Schwankungen bei den Steuereinnahmen und nicht durch Steuern gedeckte Finanzbedarfe der Kommunen auszugleichen. Für Gelsenkirchen rechnen wir in 2015 nach der ersten Modellrechnung zum GFG mit rd. 300 Mio. € Schlüsselzuweisungen. Zum Vergleich: Bedingt durch für unsere Verhältnisse starke Gewerbesteuereinnahmen
in 2009 haben wir mit 126 Mio. € weniger als die Hälfte erhalten. Ein weiterer Beleg für unser Ertragsproblem und die Gefahr, dass wir im Bereich der Deckungsmittel immer abhängiger von Landeszuweisungen werden. Apropos Ertragsprobleme. Der Ausdruck kommt naturgemäß im Wortschatz von Umlageverbänden in der Regel nicht vor. So möchte der Landschaftsverband Westfalen-Lippe den Umlagehebesatz von 16,3% in 2014 auf 16,9% in 2015 anheben. Im Benehmensherstellungsverfahren haben wir uns entschieden dagegen positioniert.
Zum einen sind wir im vorliegenden Haushaltsentwurf schon von einem um 4 Mio. € höheren Zahlbetrag als noch in 2014 ausgegangen - sollte die Hebesatzerhöhung beschlossen werden, würde das für Gelsenkirchen eine weitere Mehrbelastung von rd. 2,7 Mio. € bedeuten. Zum anderen ist der von Gelsenkirchen an den LWL abzuführende Betrag im Durchschnitt der letzten 6 Jahre um jährlich 5% gestiegen. Die vorgeschlagene Erhöhung würde eine Steigerung von 9% bedeuten - und damit fast doppelt so viel wie im Schnitt der vergangenen Jahre.
Der LWL argumentiert u.a. mit der Entlastung der Kommunen durch die Bundesbeteiligung an der Eingliederungshilfe. Dazu komme ich gleich noch, aber jetzt schon einmal so viel: Die Entlastung für Gelsenkirchen liegt für die Jahre 2015-2017 mit 5 Mio. €
jährlich noch deutlich unter der geplanten 6,6 Mio. € Mehrbelastung durch den LWL!
Die Erwartungshaltung gegenüber dem LWL ist daher, dass er aufzeigt, wie die finanziellen Belastungen aus der Entwicklung der Behindertenhilfe im Haushalt des LWL reduziert werden können, bevor die Lasten an die Mitgliedskörperschaften weitergereicht werden. Ich bitte daher die Gelsenkirchener Mitglieder der Landschaftsversammlung sich dafür einzusetzen, den Hebesatz der LWL-Umlage möglichst konstant zu halten. Vom LWL erwarte ich darüber hinaus, dass er die komplette Wirkung der 5-Mrd.-Entlastung durch den Bund bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen in seine mittelfristige Finanzplanung aufnimmt. Die mittelfristige Planung des Bundes bietet die Grundlage dafür.
Wie angerissen, ist immerhin bei der Eingliederungshilfe strukturelle Entlastung in Sicht – zumindest solange der LWL seinen Hebesatz nicht über Gebühr steigen lässt. Der Bund hat in seiner mittelfristigen Finanzplanung eine Entlastung der Kommunen in Höhe von 5 Mrd. € durch das Bundesteilhabegesetz ab 2018 eingestellt. Bis dahin wird in den Jahren 2015-2017 eine „Übergangsmilliarde“ hälftig nach dem Anteil am Aufkommen der Kosten der Unterkunft und dem Verteilungsschlüssel des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer verteilt. Für Gelsenkirchen beträgt diese Soforthilfe rd. 5 Mio. € jährlich.
Bei einer Verteilung allein nach den Kosten der Unterkunft wären für Gelsenkirchen 7 Mio. € Soforthilfe angefallen – strukturstarke Städte wie Düsseldorf oder Münster hätten dahingegen mit weniger vorlieb nehmen müssen. Eine weitere verpasste Gelegenheit, Strukturschwäche konsequent zu begegnen. Und wenn man bedenkt, dass der erste Vorschlag des Bundesfinanzministers vorsah, dass die Mittel ausschließlich nach dem Umsatzsteueraufkommen verteilt werden sollten, erkennt man, wie weit Berlin von den Problemlagen hier vor Ort entfernt ist: Gelsenkirchen hätte dann nur gut 3 Mio. € erhalten!
Der Haushaltsentwurf berücksichtigt vollständig die auf uns entfallende Entlastungswirkungen des Bundesteilhabegesetzes ab 2018, strukturell rd. 20 Mio. € jährlich. Bevor Sie sich jedoch wundern: Die Kommunalaufsicht hat auf Absicherung der Bundeserstattung gedrängt - mangels gesetzlicher Grundlage.
Der Haushaltssanierungsplan stellt daher eine Anhebung der Grundsteuer in 2017 um 150 Prozentpunkte (rd. 10,5 Mio. €) dar, die unter ausdrücklichem Vorbehalt steht.
5 Mio. € kommen über die Übergangsmilliarde und 5 Mio. € sind ab 2018 bei der LWL-Umlage gekürzt.
In diesem Zusammenhang fordere ich die Landesregierung auf, die in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes aufgeführte 5 Mrd. €-Entlastung auch entsprechend in die mittelfristige Finanzplanung des Landes zu übernehmen. Dieses „kommunale Geld“ darf nicht dazu benutzt werden, die Kriterien der Schuldenbremse des Landes einzuhalten!
Finanziell eher gering, aber trotzdem erwähnenswert ist die Position der Umlage an den Regionalverband Ruhr in Höhe 2,84 Mio. €. Der Wert entspricht dem Ansatz 2014. Ich erwarte, dass die angekündigten „Demokratiekosten“ beim RVR aufgefangen werden.
Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun langsam zum Ende kommen. Zunächst ein herzliches Dankeschön an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit viel Einsatz am Haushalt mitgearbeitet haben.
Mein Dank geht aber auch an alle diejenigen, die in diesem Jahr erstmalig das Bürgerhaushaltsverfahren begleitet haben. Die große Beteiligung der Bürgerschaft ist auch Beleg Ihres Einsatzes.
Insgesamt mangelt es dem Haushalt 2015 erkennbar nicht an Herausforderungen.
Wir müssen weiterhin Sparpotenziale finden und realisieren. Das heißt aber auch, dass man keinen Bereich von vornherein außen vor lässt. Wir prüfen beispielsweise auch Einsparpotenziale im Bereich des ÖPNV oder die Einführung einer Wettbürosteuer. Auch die Beteiligungen werden weiterhin ihren Beitrag leisten müssen. Dabei sind wir uns unserer Verantwortung bewusst: Gelsenkirchen muss eine lebenswerte Stadt bleiben und darf trotz des eingeschlagenen Sanierungskurses nicht kaputtgespart werden! Dabei sind Investitionen in die Infrastruktur und Wirtschaftsförderung unabdingbar. Wir werden auch weiterhin in Kinder und in die Jugend investieren. Dazu gehört natürlich auch, dass wir als Stadt unserer sozialen Verantwortung nachkommen und weiterhin junge Menschen ausbilden und ihnen Perspektiven bieten. Auf der anderen Seite dürfen wir auch Bund und Land nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Finanzmittel müssen bedarfsgerechter verteilt werden, strukturelle Stärken gefördert, strukturelle Lasten beseitigt werden.
Wir müssen den eingeschlagen Weg der Haushaltssanierung weitergehen. Ein Weg, der nicht einfach zu gehen ist, dessen bin ich mir bewusst.
Es ist ein Balanceakt zwischen sinnvoller, kreativer Konsolidierung und dem Erhalten bewährter Strukturen zum Wohle dieser Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger.
Bei diesen und kommenden Herausforderungen bitte ich Sie um Ihre Unterstützung und wünsche Ihnen erfolgreiche Haushaltsberatungen. Glückauf.