11. April 2016, 12:29 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Dr. Emanuel Grün, Technischer Vorstand der Emschergenossenschaft, und Stadtbaurat Martin Harter unterzeichnen den Kooperationsvertrag. Foto: Stadt Gelsenkirchen.
Die Stadt Gelsenkirchen hat im Mai 2014 im Rahmen der Unterzeichnung der gemeinsamen Absichtserklärung der Emscherkommunen, der Emschergenossenschaft und des Landes NRW (Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz) ihre Mitwirkung an der Zukunftsinitiative „Wasser in der Stadt von morgen“ erklärt. Aus der reinen Absichtserklärung ist mittlerweile eine feste Kooperationserklärung geworden – am Montag wurde sie nun im Hans-Sachs-Haus von Dr. Emanuel Grün, Technischer Vorstand der Emschergenossenschaft, und Stadtbaurat Martin Harter unterzeichnet. Im Zentrum der Zukunftsinitiative stehen die Handlungs- und Gestaltungsperspektiven, die mit dem innovativen Leitbild der „Integralen Wasserwirtschaft“ und einer wassersensiblen Stadt- und Quartiersentwicklung verbunden sind.
Alle Partner erwarten über ihre aktive Mitwirkung an der Zukunftsinitiative eine kontinuierliche Beförderung der Umsetzung ihrer jeweiligen Zielsetzungen im Bereich der Klimaanpassung, des Überflutungs- und Hochwas-erschutzes, der wasserinfrastrukturellen Systeme, der Gewässerökologie sowie der urbanen Lebensqualität.
Um die Absichtserklärung zur Zukunftsinitiative mit Leben zu füllen, konkretisieren die Partner die gemeinsame Zusammenarbeit durch die Kooperationserklärung. „Es ergeben sich zahlreiche Vorteile, wenn man im Sinne einer integralen Wasserwirtschaft den gesamten Wasserkreislauf im Blick behält: So führt die Zukunftsinitiative „Wasser in der Stadt von morgen“ unter anderem Themen wie Wasserwirtschaft, Stadtentwicklung, Freiraumplanung, Klimaanpassung und Straßenbau enger zusammen“, sagt Dr. Emanuel Grün, Technischer Vorstand der Emschergenossenschaft. Die Wasserwirtschaft könne daher einen bedeutenden Beitrag für das Leben in den Städten und Metropolregionen von morgen leisten.
„Wasser bedeutet Leben und ist untrennbar mit Lebensqualität und Wohlbefinden der Menschen in der Stadt verbunden. Daher ist es konsequent, Stadtplanung und Stadtentwicklung so zu gestalten, dass Wasser erlebbar ist und als wichtige Ressource gleichzeitig seine Wirkung entfalten kann", sagt Gelsenkirchens Stadtbaurat Martin Harter.
Die Emscherregion verändert sich nicht nur durch den Strukturwandel. Auch der demographische Wandel und der Klimawandel verändern Zielrichtungen in der Siedlungsentwicklung und stellen die Region vor neue Herausforderungen. Diese Anforderungen müssen die Planungen aller Beteiligten in der Region in abgestimmten Prozessen ausgewogen berücksichtigen.
Um die Städte in der Emscher-Region auch unter sich ändernden Rahmenbedingungen zukunftsfähig zu halten, müssen Veränderungen mit einer Stadtgestaltung verbunden sein, die ein intaktes Lebensumfeld ermöglicht und einen Qualitätsgewinn für das städtische Leben erzeugt.
Die Anpassung an den Klimawandel ist eine elementare Aufgabe aller Planungen. Der Umgang mit dem Regenwasser als Bestandteil der integralen Wasserwirtschaft in Siedlungsgebieten ist ein Leitthema für nahezu alle Ziele. Wasserwirtschaft hat damit eine tragende Rolle in der Stadtgestaltung und Stadtentwicklung.
Die Vernetzung von Grünzügen und Wasserachsen, temperaturregulierende Wasserflächen, dezentrale Puffer- und Speicherräume zum Rückhalt von Starkregen, die Gestaltung von urbaner Landschaft mit der Bewirtschaftung von Regenwasser sind elementare Bestandteile in der ökologischen Stadtentwicklung und der Anpassung und Minderung der Klimawandelfolgen.
Ein Ausgangspunkt für die intensivere Zusammenarbeit ist unter anderem das Kooperationsmodul „ZuGaBe“. Das Akronym steht für „Zukunftschancen ganzheitlich betrachten“. Dabei geht es um ein konkretes und praxisorientiertes GIS-gestütztes Planungsmodul. Das Programm zeigt die Potenziale des Zusammenwirkens von integraler Wasserwirtschaft und Stadt- und Freiraumplanung mit anderen Fachdisziplinen auf. Es hilft, Synergien zwischen verschiedenen Handlungsfeldern zu erkennen und Chancen für eine Stadtentwicklung mit Blick auf Wasserthemen zu ermitteln.
Die neue Zukunftsinitiative „Wasser in der Stadt von morgen“ baut darüber hinaus auf der „Zukunftsvereinbarung Regenwas-ser“ auf, die die Emschergenossenschaft 2005 mit den Emscherkommunen und dem Land NRW auf den Weg gebracht hatte. In Gelsenkirchen sind seitdem zahlreiche Projekte umge-etzt worden, hier nur zwei Beispiele:
Die Behindertenwerkstätten an der Braukämperstraße arbeiten schwerpunktmäßig im Gartenbau. Das legte es nahe, die Versickerungsmulden auf den eigenen Grünflächen größtenteils mit den bereits vor Ort befindlichen Arbeitskräften umzusetzen; für Klempnerarbeiten wurde fachliche Hilfe von außen hinzugezogen. Das Regenwasser der Dach- und Hofflächen versickert heute in landschaftsgerecht modellierten Mulden oder speist einen Feuerlöschteich. Überlegungen zur Erweiterung der Anlagen für einen Anschluss weiterer Flächen laufen.
Die unmittelbar an den Park grenzenden Gewässer Zollvereingraben und Schwarzbach werden zu sauberen Gewässern umgestaltet – da liegt es nahe, ihnen das Regenwasser des Revierparks zukommen zu lassen. Das Ziel des Entflechtungsprojektes war es, den Niedrigwasserabfluss der Gewässer zu erhöhen und die Ableitung des Regenwassers über die Kanalisation zu reduzieren. Für den Revierpark eine interessante Idee, mit der sich zugleich die Betriebskosten dauerhaft reduzieren ließen.
Da die gesamte Fläche des Revierparks beim Bau des Parks in den 70er-Jahren mit Materialien unbekannter Herkunft aufgefüllt wurde und heute als Altlastenverdachtsfläche geführt wird, wird das Regenwasser nicht versickert, sondern zu den Gewässern abgeleitet. Wo möglich, wird es hierbei im Park offen geführt. Beim Unwetter im Juli 2009 konnte das neue System seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen: trotz Sintflut und Hagel waren die Wiesen am nächsten Tag für das jährliche Parkfest nutzbar – und die Gebäude wei-testgehend von Schäden verschont geblieben.