Ein deutsches Ehepaar überquert 1960 auf einem Schiff den Atlantik. Walter ist Diplomat und seine Frau Lisa freut sich darauf, Deutschland hinter sich zu lassen. Eine Passagierin an Bord beunruhigt Lisa, die Frau kommt ihr bekannt vor. Sie fühlt sich von deren Anwesenheit bedroht und offenbart Walter bisher verborgene Dinge ihrer Vergangenheit. Die Passagierin heißt Marta und war Inhaftierte des Konzentrationslagers Auschwitz. Lisa ist dort Aufseherin gewesen. Der Anblick der Passagierin wirft Lisa zurück in ihre Vergangenheit und zwingt sie dazu, nicht nur ihrem Mann, sondern auch sich selbst die Wahrheit zu bekennen.
Die Auschwitz-Überlebende Zofia Posmysz beschreibt in ihrer Novelle „Die Passagierin“ (1962) eine fiktive Täter-Opfer Begegnung. Stück für Stück berichtet Lisa von den Ereignissen in Auschwitz und von ihrer Beziehung zu Marta. Lisa ist überzeugt, Marta nur geholfen zu haben, ihr sogar ein Treffen mit ihrem Geliebten Tadeusz ermöglicht zu haben. Je tiefer die Vergegenwärtigung des Schreckens geht, desto mehr verstrickt sich Lisa in ihren eigenen Widersprüchen, bis sie sich schließlich mit einer direkten Konfrontation zu befreien sucht. Doch dem Blick Martas kann sie nicht standhalten.
Bereits 1968 komponierte der 1939 von Polen in die Sowjetunion geflohene Komponist Mieczysław Weinberg (1919–1996) eine Oper auf Grundlage der Novelle von Zofia Posmysz. Der persönlich und stilistisch eng mit Dmitri Schostakowitsch verbundene Weinberg lässt in Rückblenden das Ungeheuerliche der Geschichte von Marta und Lisa gegenwärtig werden. Gleichzeitig kommen viele weitere Stimmen von Opfern zu Wort, Frauen unterschiedlicher Herkunft und Sprachen, die gemeinsam nur an das Leben und Überleben denken. So wird die Oper zu einer Hymne an das Leben und die Menschen, denn: „Wenn das Echo ihrer Stimmen verhallt, gehen wir zugrunde“. Weinbergs singuläre Holocaust-Oper wurde zu seinen Lebzeiten nie aufgeführt. Erst 2006 kam es in Moskau zur konzertanten, und 2010 bei den Bregenzer Festspielen zur szenischen Uraufführung. Heute, da in den letzten Auschwitz-Prozessen Täter und Opfer einander gegenüberstehen, gehört die Oper mehr denn je auf die Bühne.
Ein Rahmenprogramm mit Begleitveranstaltungen zum Themenkreis ergänzt die Premiere.
Am 02.03. findet die Passagierin als Höroper statt.