22. März 2018, 08:00 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
Der Internationale Frauentag am 8. März rückt einmal im Jahr in den Blickpunkt, was eigentlich selbstverständlich ist: Frauen gestalten die Gesellschaft, Frauen haben Geschichte geschrieben und schreiben Geschichte. Eigentlich eine Banalität. Die Stadtzeitung GELSENKIRCHEN hat in der Stadtbibliothek nachgefragt, was es dort zum Thema Frauengeschichte zu entleihen gibt.
„Ein gut gefülltes Regalbrett zur Frauengeschichte gibt es bei uns“, sagt Claudia Nobis. Sie macht die Öffentlichkeitsarbeit der Stadtbibliothek und zeigt das Regal mit Klassikern der Literatur über die Geschichte der Frauenbewegung. Darunter sind zum Beispiel „Kurze Geschichte der Frauenemanzipation“ von Barbara Sichtermann, „Sie waren die Ersten – Frauen in der Arbeiterbewegung“, herausgegeben von Dieter Schneider und Bücher von Alice Schwarzer wie „Damenwahl – Der Kampf um das Frauenwahlrecht“.
Darüber hinaus gibt es das Buch von Dr. Marianne Kaiser über den Kampf der Heinze-Frauen der Fotogruppe Heinze in Gelsenkirchen, die für gleichen Lohn für gleiche Arbeit stritten. Dr. Marianne Kaiser leitete viele Jahre den Fachbereich Gesellschaft und Politik der Volkshochschule Gelsenkirchen. Spuren der Gelsenkirchener Frauengeschichte finden sich auch in Sammelbänden zum Beispiel des Historikers Lutz Niethammer.
Spärlich hingegen ist die Zahl der Publikationen, die ausschließlich die Frauengeschichte in Gelsenkirchen zum Thema haben. „Da haben wir nur zwei Publikationen. Das Buch ‚Von Hexen, Engeln und anderen Kämpferinnen‘ sowie ‚Keine Geschichte ohne Frauen‘. Das ist eine Auswahl von Materialien zur Geschichte von Frauen in Gelsenkirchen“, erläutert Claudia Nobis.
Zusammengestellt wurden die Materialien von einer Frauengeschichtswerkstatt an der Volkshochschule bereits in den Jahren 1989/90. Ein Kreis von 25 Frauen sichtete alte Dokumente, stellte Zeitungsberichte zusammen, prüfte Fotosammlungen und führte Interviews mit Zeitzeuginnen. Auf über 200 Seiten zeigen die zusammengetragenen Dokumente das Leben und Wirken von Frauen in ganz unterschiedlichen Bereichen. Das Spektrum reicht vom Thema Frauen und Bildung über Frauen und Künste bis zur Rolle der Frauen in Politik und Gewerkschaften. Unter dem Stichwort Familiengeschichten geht es zudem um den Alltag von Frauen. Dabei wurden weibliche Arbeitserfahrungen in der Bergarbeiterkolonie ebenso beleuchtet wie Tanzveranstaltungen in Gelsenkirchen vor dem 2. Weltkrieg. Viele Namen tauchen in den Materialien auf, bekannte und weniger bekannte. Zu den weniger bekannten Namen zählt zum Beispiel Helene Badziong, die sich in der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie engagierte und Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Der Name Gerti Jung hingegen ist vielen sicherlich noch bekannt. Sie war als Gewerkschafterin und Betriebsratsvorsitzende des Textilunternehmens Nienhaus und Lueg aktiv. Heute erinnert eine Straße in Gelsenkirchen-Beckhausen an die engagierte Frau.
Wäre die Straße nicht erst 2015 nach Gerti Jung benannt worden, würde sie sicherlich auch in dem Buch „Von Hexen, Engeln und anderen Kämpferinnen – Stadterkundungen aus Frauensicht in Gelsenkirchen“ genannt werden. Doch das Buch ist bereits 2001 erschienen, so dass die Straße nicht berücksichtigt werden konnte.
Nach der Sozialdemokratin Margarethe Zingler oder der CDU-Politikerin Elisabeth Nettebeck benannte Plätze sind sicherlich bekannt. Doch wer waren Margarete Haferkamp oder Elisabeth Käsemann?
Das Buch stellte diese und weitere Frauen vor und lädt zur Stadterkundung ein, um vor Ort zu sehen, wo diese Frauen ihre Spuren hinterlassen haben. Nach Margarete Haferkamp ist eine Straße in Gelsenkirchen-Horst benannt. Sie erinnert an das Engagement von Margarete Haferkamp für hungernde Kinder in Horst nach dem 2. Weltkrieg und an eine Frau, die als Mitstreiterin der Arbeiterwohlfahrt und Stadtverordnete der SPD parteiübergreifend für ihr sozialpolitisches Engagement hohes Ansehen genoss.
An Elisabeth Käsemann erinnert heute eine nach ihr benannte Familienbildungsstätte der evangelischen Kirche in Gelsenkirchen. Im Jahr 1977 richtete die argentinische Militärjunta die Frau hin, die sich unter anderem für die Alphabetisierung von Kindern und Jugendlichen in Argentinien einsetzte.
Erinnert wird in dem Buch aber nicht nur an politisch aktive Frauen, sondern zum Beispiel auch an Oma Kinski. Die Figur auf dem Brunnen des Horster Marktplatzes zeigt eine Marktfrau, die viele Jahre in Horst Fische verkaufte. Ihre Name: Auguste Kinski.
Im aGEnda 21-Büro in der Von-Oven-Straße 19 gibt es noch ein paar Exemplare des fast vergriffenen Buches zum Preis von fünf Euro. In Auszügen gibt es das Buch auch online.