Die Freude am Musizieren wecken
Interview über 40 Jahre Musikschule Gelsenkirchen
20. Dezember 2017, 08:00 Uhr | Stadt Gelsenkirchen
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Alfred Schulze-Aulenkamp leitet die Städtische Musikschule Gelsenkirchen.
Bildrechte: Caroline Seidel
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Chorprobe in der Städtischen Musikschule.
Bildrechte: Caroline Seidel
Alfred Schulze-Aulenkamp arbeitet seit 1990 an der Musikschule, die er seit 2005 leitet. Im Interview gibt er einen Einblick in 40 bewegte Jahre.
Was war 1978 der Impuls, in Gelsenkirchen eine Musikschule ins Leben zu rufen?
Es lag damals einfach „in der Luft“, in zahlreichen Städten wurden damals Musikschulen gegründet. Erster Musikschulleiter wurde Karl-Heinz Obernier, der zuvor Domkapellmeister in Köln war. Der Unterricht begann Anfang 1978, und schon nach nur zwei Wochen waren bereits etwa 500 Kinder in 38 Kursen der Musikschule im Unterricht.
Zwölf Jahre später sind Sie zur Musikschule gekommen. Wie war zu dem Zeitpunkt die Situation?
Als ich als Fachbereichsleiter Gesang anfing, war die Struktur der Musikschule bereits ähnlich wie heute. Was unsere Tätigkeit verändert hat, sind die Kooperationen. Von derzeit über 870 Jahreswochenstunden, die von Lehrkräften der Musikschule erteilt werden, befinden sich etwa 130 in Kooperationsangeboten!
Was hat diese Entwicklung ausgelöst?
Einen Schub hat neben vielen anderen Faktoren das 2007 in NRW gestartete Programm „Jedem Kind ein Instrument“ (JeKi) gegeben. So konnten wir bereits in den Grundschulen Kinder erreichen, die zum Beispiel aufgrund ihres familiären Hintergrunds wohl sonst nicht zu uns gekommen wären. Andere Kooperationen wurden ausgebaut und neue sind hinzugekommen, wie das erfolgreiche Projekt einer Bandklasse an der Gertrud Bäumer Realschule. Die gewachsene Förderung in der Breite - die Förderung und Ausbildung in der Spitze dürfen wir nicht vernachlässigen - hat vieles verändert.
Was trägt eine musische Ausbildung zur Bildung insgesamt bei?
Es ist typisch für eine kommunale Musikschule, dass sie das gemeinsame Musizieren fördert. Natürlich wollen wir die Kinder möglichst gut an ihrem Instrument ausbilden. Im Fokus steht aber auch, dass wir sie in die Lage versetzen möchten, mit anderen gemeinsam zu musizieren. Dabei werden auch Schlüsselkompetenzen wie das Lernen in einer Gruppe und das Sozialverhalten gefördert.
Wie können Eltern und Kinder für das Musizieren begeistert werden?
Am einfachsten ist es, wenn die Eltern sehen, mit wie viel Freude ihr Kind dabei ist. Die Kinder haben vielfach Gelegenheit, ihr Können vor Ort zu zeigen. Das Kind auf der Bühne zu sehen, das begeistert natürlich die Eltern und motiviert die Kinder. Die Kinder sind allerdings u.a. durch die Schule häufig sehr belastet, und auch die Bereitschaft länger an einem Ziel zu arbeiten ist gesunken.
Wenn Sie auf Ihre Tätigkeit in der Musikschule zurück blicken, gibt es da etwas, an das Sie sich besonders gern erinnern?
Es wäre falsch, etwas herauszuheben. Wir alle freuen uns über die breite Unterstützung, die wir über die Jahre erfahren haben. Es ist toll, dass wir ausschließlich mit angestellten Kräften arbeiten und nicht mit Honorarkräften jonglieren müssen. Dankbar bin ich für das große Vertrauen des Kollegiums, und ich schätze die gute Zusammenarbeit mit anderen Kulturträgern in der Stadt, z.B. mit Schloss Horst, dem Musiktheater, dem Consoltheater usw. Es ist diese Vielfalt, die uns ausmacht.
Zum Schluss ein Blick in die Zukunft: Wo soll zum fünfzigsten Jubiläum die Musikschule stehen?
Es wäre schön, wenn die Musikschule dann mit dem gleichen Elan und der gleichen Unterstützung ihrer Aufgabe nachgehen könnte. Hilfreich wäre, wenn die Kultur- und Bildungspolitik des Landes durchdachter und realitätsbezogener wäre. Den Kommunen und auch den Initiativen des Landesverbandes der Musikschulen müssten mehr Freiheiten eingeräumt werden, denn die Realität vor Ort ist in jeder Kommune anders. Zudem geht es heute teilweise weniger darum, ein Instrument innerhalb einer bestimmten Zeit zu lernen, als vielmehr darum die Freude am Musizieren zu wecken. Ein Aspekt, den ich noch ansprechen möchte, ist die interkulturelle Arbeit – erwähnt sei unser interkulturelles Ensemble „DialoGE“ -, die künftig weiter wachsen wird.